Herne. . Die Debatte um Armutszuwanderung hat nach Beginn der vollen Freizügigkeit inzwischen auch Herne erreicht. Zurzeit leben rund 1100 Rumänen und Bulgaren in Häusern mit “mit schwieriger Bausubstanz“. Davon beziehen allerdings nur 100 Personen Leistungen aus dem deutschen Sozialsystem.

Immer mehr Rumänen und Bulgaren kommen nach Herne. Das sagt Hans-Günther Wertenbruch, Leiter des städtischen Fachbereichs Bürgerdienste. Das Besondere: „Der Zuzug wird von Schleuserbanden gesteuert.“ Das, fügt er an, „könnte ein Problem für Herne werden“.

Seit Jahresbeginn gilt für Bürger aus Rumänien und Bulgarien die volle Freizügigkeit – sprich: sie haben das Recht, in jedem EU-Land zu leben und zu arbeiten. Das hat zu einer Debatte über eine so genannte Armutszuwanderung geführt. In Herne, so die Stadtverwaltung, hat sich die Zahl der Rumänen allein in den letzten fünf Jahren verzehnfacht, die der Bulgaren versechsfacht. Zurzeit leben rund 1100 Bulgaren und Rumänen in Herne (siehe Kasten).

EU-Bürger, sagt Monika Stefanski, stellvertretende Geschäftsführerin des Job-Centers, hätten meist nur dann einen Anspruch auf Hartz-IV-Leistungen, wenn sie vorher in Deutschland in die Sozialsysteme eingezahlt hätten, also beschäftigt gewesen seien. In Herne bezögen derzeit 73 Bulgaren sowie 17 Rumänen Hartz IV. Dieser Anteil habe sich gegenüber dem Vorjahr „nur marginal erhöht“. Durchschnittlich erhalte jede Bedarfsgemeinschaft inklusive der Kosten für Unterkunft und Heizung 892 Euro im Monat.

EU-Gerichtshof entscheidet

Diese Leistungen des Job-Centers, sagt Stadtsprecher Horst Martens, seien derzeit die einzigen Kosten, die bei der Stadt durch den Zuzug von Rumänen und Bulgaren entstünden. Der EU-Gerichtshof soll aber demnächst darüber entscheiden, ob EU-Bürger grundsätzlich Hartz IV erhalten müssen.

In Herne lebten die Rumänen und Bulgaren „zum großen Teil in prekären häuslichen Verhältnissen“, sagt Wertenbruch. Dabei sei es allerdings wichtig zu differenzieren, ergänzt Stadtsprecher Martens: „Unter den Neuankömmlingen finden sich durchaus auch sehr bildungsbewusste Eltern mit Kindern.“ Dieser Eindruck ergebe sich aus zahlreichen Kontakten.

Die Bulgaren und Rumänen wohnten meist „in Häusern mit schwieriger Bausubstanz“, verteilt aufs Stadtgebiet. Besagte Schleuserbanden übernähmen oft nicht nur den Transport nach Deutschland, sondern kümmerten sich hier auch um Dinge wie Unterbringung oder Behördengänge.

741 Rumänen und 375 Bulgaren

Ende 2013 waren laut Stadt in Herne 741 Rumänen gemeldet, darunter 84 unter 16 Jahren. 2008 waren es nur 71, darunter vier unter 16 Jahre. 62 Bulgaren lebten 2008 in Herne, davon zehn unter 16, Ende 2013 waren es 375, darunter 65 unter 16.

Zum Vergleich: Die Zahl von Zuwanderern aus den beiden Ländern hat sich etwa in Duisburg allein seit Juli 2011 um rund 6900 Menschen erhöht. Einen solchen Ansturm, stellt Hans-Günther Wertenbruch, Leiter des städtischen Fachbereichs Bürgerdienste, klar, „wird es in Herne nicht geben“.

Trotz des kräftigen Anstiegs der Zahlen schlägt Wertenbruch keinen Alarm. „Wir sind nicht Duisburg oder Dortmund.“ Dennoch müsse man „aufpassen“, die Zuwanderung von Bulgaren und Rumänen im Blick haben.

Das Kommunale Integrationszentrum, sagt Stadtsprecher Martens, biete „intensive Beratungsgespräche“ an, bei denen auch der Bildungsstand abgefragt wird. Nach der Einstufung würden die Kinder verschiedenen Auffangklassen zugewiesen.