Herne. Seit zehn Jahren sammelt das Pixelprojekt_Ruhrgebiet auf seiner Internetseite Fotos aus der Region. Vater des Projekts ist Peter Liedtke (54). Der Fotograf aus Gelsenkirchen wohnt in Röhlinghausen. Mehr als mit der Kamera ist Liedtke heute als Foto- und Kulturmanager unterwegs.
Ihr Pixelprojekt ist gerade einer von deutschlandweit 100 „Ausgezeichneten Orten im Land der Ideen“ geworden. Beim Publikumsvoting stehen Sie sogar auf Platz 6. Welche Idee kommt da so gut an?
Peter Liedtke: Ich habe mich als Fotograf in Zeiten der IBA Emscherpark sehr intensiv um das Bild des Ruhrgebiets gekümmert und hatte die Arbeit von Kollegen wie Brigitte Kraemer vor Augen. Entstehen sollte eine Art Korrektiv gegenüber dem sonstigen Regionalmarketing, das das Ruhrgebiet schönzeichnet. Wir halten den Finger in die Wunden, zeigen aber parallel, was es an positiven Ansätzen gibt.
Wie war damals die Resonanz?
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Peter Liedtke: Das war extrem schwer zu vermitteln, dass wir im Internet eine Art von Katalog aufbauen wollten, der wachsen kann. Die Fotografen waren auch sehr skeptisch gegenüber dem Internet. Mir hat geholfen, dass ich einen guten Namen in der Szene hatte. Im ersten Jahr habe ich ungefähr 40 Fotografen in das Projekt reingetragen. Jetzt haben wir übers Jahr so 150 bis 200 Bewerbungen.
Und wie viele nehmen Sie auf?
Peter Liedtke: Wir gucken, wie viele qualitätvolle Bewerbungen es gibt, wie viele neue Positionen. Vor drei Jahren hatten wir plötzlich jede Menge Arbeiten zu Kirchenschließungen. Das war ein Thema, über das man gesprochen hat. Oder die Fußball-WM. Oder plötzlich ist ein Thema „Armut“ da. Das Projekt ist ein Spiegel dessen, was künstlerisch-fotografisch angegangen wird.
Sind die Industrieruinen passé?
Peter Liedtke: Rostromantik können wir alle nicht mehr sehen. Das war wichtig vor 20 Jahren, als die Industrieanlagen drohten, abgerissen zu werden. Für uns ist neben der künstlerischen Qualität auch immer die Relevanz für die Zukunft der Region wichtig.
Haben Sie Einblicke, wie Ihr Archiv genutzt wird?
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Peter Liedtke: Wenn wir Neuaufnahmen haben, gucken die Hamburger Magazine da rein. Und der eine oder andere Fotograf kann anschließend seine Arbeit direkt verkaufen. Etta Gerdes aus Dortmund ist für das Goethe-Institut drei Wochen durch Kanada gereist und hat Arbeiten einer deutschen Landschaftsarchitektin fotografiert.
Ein virtuelles Projekt dürfte eigentlich nicht viel kosten, oder?
Peter Liedtke: Die Hauptkosten sind Manpower, extrem viel Arbeit: sichten, korrigieren, kommunizieren, Jurysitzungen vorbereiten, die Ausstellung der Neuaufnahmen, dazu Einladungskarten und Plakate drucken, Text, Getränke organisieren und ähnliches mehr.
Gute Ideen aus dem Revier
Wie wichtig ist da die Anbindung an Gelsenkirchen?
Pixelprojekt Ruhrgebiet
Peter Liedtke: Gelsenkirchen bietet uns von Anfang an sehr gute Bedingungen. Der Wissenschaftspark ist ein Ort, wo wir ausstellen können, er beteiligt sich an den Kosten, und Stadt und Stadtsparkasse geben auch noch etwas Geld.
In Herne hat das Pixelprojekt noch nicht ausgestellt, obwohl Sie für die Grünen Mitglied im Kulturausschuss sind und mehrere Fotografen hier leben oder aus Herne stammen.
Peter Liedtke: Herne ist noch nicht auf mich zugekommen. Wenn wir eine Ausstellung machen, kostet das Geld. Und ich als politisch Aktiver in dieser Stadt bin der letzte, der irgendwo an die Tür klopft.
Gibt es in Herne eine Foto-Szene?
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Peter Liedtke: Im Ruhrgebiet gibt es eine Szene. Stärker in Essen und Dortmund, wo die Hochschulen sind. Wobei die Arbeitsbedingungen im Ruhrgebiet überraschend gut sind. Besser als z.B. in Berlin.
Bis Samstagabend kann man im „Land der Ideen“ noch für Sie eine Stimme abgeben. Warum sollten Besucher der Seite das tun?
Peter Liedtke: Weil das Pixelprojekt_Ruhrgebiet es verdient! Es ist als einziges Fotoprojekt aus ganz Deutschland ausgewählt worden und aktuell als einziges Kunstprojekt aus Nordrhein-Westfalen dabei. Das zeigt, dass aus dem Pott gute Ideen kommen.