Herne. Ein festes Zuhause hat der Circus Monti nicht, sucht sich sein Winterquartier recht unkonventionell aus. In mehreren Städten gab es deshalb Ärger. Jetzt stehen die Tiere auf dem Gelände eines ehemaligen Autohauses in Herne – ohne Zustimmung des Besitzers.

Wie viele Pferdestärken hat eigentlich ein Kamel? Doch, die Frage drängt sich durchaus auf, in einem Herner Autohaus hausen davon gleich fünf. Wachen wiederkäuend über die Abteilung „Teile und Zubehör“, in der „Vermietung“ nebenan stehen Esel, die Pferde im Ausstellungsraum. Dies ist das Winterquartier des „Circus Monti“, jedenfalls das, was die Zirkusfamilie dafür hält. Es gibt Andere, die halten davon wenig.

Zumindest ist der neue Standort, man kann sagen: originell. Zuletzt hatte die Wagenburg in einem Gladbecker Wendehammer geparkt, auf Druck der Stadt mussten die Männer allerdings wieder ausschwärmen „und einen neuen optimalen Platz suchen“. Man mache das immer so, gesteht ein junges Familienmitglied freimütig. Aber: optimal? Die Autos sind hier lange weg, man sieht es ihrem Haus an. Seit der Händler es verließ, sind die meisten Scheiben geborsten, Brennnesseln und Sommerflieder haben das Gelände erobert. Strom gibt es nicht mehr, Wasser kommt aus einem Hydranten.

„Was sollen wir machen? Wir müssen irgendwo hin, wir können uns ja schlecht in Luft auflösen“, klagt Zirkusdirektor Gerhard Kaselowsky. „Wir“, das sind seine zwölf Kinder, die Enkel und die Großmutter. Und die Tiere, 50, vielleicht auch nur 30, da gehen die Angaben auseinander. Hängt vielleicht davon ab, wie viele Hunde man mitzählt. Alle zusammen brauchen sie 35 Wagen, schweres Gerät zumeist, mit Kennzeichen aus Kleve und Dortmund. „Wir sind alle von hier“, heißt es, nur ein festes Zuhause haben sie nicht.

Trampeltier hinter dem Zaun

Und deshalb steht da jetzt dieses Trampeltier hinter einem Zaun am Straßenrand und schaut auf den Verkehr. Ähnliches ist schon häufiger vorgekommen im Revier: Im Winter marschierten gleich drei Kamele durch Dortmund auf der Suche nach etwas mehr Abenteuer; auch Pferde waren schon auf der Flucht, und einst ist Lama „Hansi“ bei Monti ausgebüxt. Mehrfach erteilten Veterinärämter Auflagen, so auch nun in Herne. Dort stehen im alten Showroom jetzt eiserne Boxen; wo früher blitzblanke Neuwagen parkten, liegt Stroh – und alles, was Tiere darauf eben so abwerfen.

Erlaubt ist das nicht. „Widerrechtlich sind sie in das Gebäude eingedrungen“, sagt Klaus Röttger, Geschäftsführer der Gelsenkirchener Immobiliengesellschaft, der das Objekt im Stadtteil Wanne-Süd gehört. Wohl habe der Zirkus angefragt, ob er für ein paar Tage ein Fahrzeug dort abstellen dürfe. Von einem ganzen Fuhrpark sei keine Rede gewesen, vom Tierpark schon gar nicht: „Da habe ich ein wenig geflunkert“, gibt Gerhard Kaselowsky sogar zu.

Gladbeck drohte Circu Monti mit Zwangsräumung

Offenbar nicht das erste Mal, dass der Zirkus seine Umzüge eher unkonventionell organisiert. Aus Iserlohn wird berichtet, dass „Monti“ sein Zelt unbefugt auf einem städtischen Grundstück aufgeschlagen habe, aus Maintal auch und aus Bad Vilbel. Im Sommer ließ sich der Tross im Gladbecker Gewerbegebiet nieder. Zuvor hatte Bottrop das letzte Gastspiel in Kirchhellen beendet: wegen Mängeln am Baubuch. Geld und Sprit seien der Familie dadurch ausgegangen, erklärte damals Betreiberin Cornelia Kaselowsky, „uns fehlt selbst das Geld für Diesel, um hier wegzukommen“. Peinlich sei ihr das alles, behauptete sie. Gladbeck drohte mit Zwangsräumung, half der Familie aber auf den Weg. Die Karawane zog weiter.

Nun also Herne. Immerhin mit Dach über dem Kopf. Wie lange noch? Die Stadt hat keine Handhabe, weil ihr das Gelände nicht gehört. Der Eigentümer hat Anzeige erstattet wegen Hausfriedensbruchs und Sachbeschädigung; für eine schnelle Räumung bräuchte er wohl eine einstweilige Verfügung. „Wir bleiben über den Winter hier“, hat Gerhard Kaselowsky erklärt. „Im Frühjahr geht die neue Tournee los.“ Wo genau der „Circus Monti“ dann den Handstand-Turm bauen wird, wo die Kinder Angel und Angelina aufs Trapez und in den Hula-Hoop-Reifen steigen und „Stardresseur“ Kaselowsky die „Rassepferde“ und Kamele vorführt, ist indes noch nicht einmal geplant. Eben noch im Autohaus, nun hier in der Manege?