Herne/Castrop-Rauxel. .

Ostern ist für viele Menschen unweigerlich damit verknüpft, öffentlichkeitswirksam für den Frieden auf die Straße zu gehen. So auch für Martin Domke (55). WAZ-Mitarbeiterin Jennifer Kalischewski sprach mit dem Pfarrer des Kirchenkreises Herne – Castrop-Rauxel über die Bedeutung von Ostern und Ostermärschen.

Frage: Herr Domke, was bedeutet für Sie als Pfarrer Ostern?

Martin Domke: Oh, das ist ja fast schon eine Fangfrage. Ostern ist für mich Motivation für das Leben. Es gibt tausend Tode, die Menschen ständig sterben. Der Kernpunkt von Ostern ist natürlich die Auferstehung. Zugleich ist Ostern die Feier des Lebens, die Freiheit, die wir nutzen, um überall dort, wo der Tod sich breit macht, ihm auch entgegenzutreten. Wir haben gegen die Mächte des Todes einzustehen. Wir sollten uns klar machen, dass Tod nicht erst da beginnt, wo Menschen sterben. Tod ist mitten im Leben – dort, wo Beziehungen zerbrechen, wo Gewalt unsere Sprache beherrscht. Dem gilt es zu widerstehen und zu widersprechen.

Und für die Menschen? Ist Ostern ein Tag, an dem man mal wieder einen Gottesdienst besucht?

Ich freue mich immer über jeden, der den Weg in die Kirche findet. Ich würde nie sagen: „Ach, jetzt rennen wieder alle in die Kirche.“ Das finde ich auch merkwürdig, wenn man sich klarmacht, dass wir uns als einladende Kirche verstehen.

Kommen denn mehr Menschen zu Ostern?

Wir beobachten zwar zu Ostern leicht erhöhte Gottesdienstbesuche. Aber ein bisschen ist das auch wetterabhängig. Viele sind ja gerade jetzt im Urlaub. Was aber wichtig ist: Gerade Osternachtsfeiern werden gut angenommen. Da wird für die Sinne erfahrbar, was ich gerade theologisch versucht habe, zusammenzufassen, also den Aufbruch zum Leben. Die Sonne geht auf, während der Osternachtsgottesdienst gefeiert wird. Darin werden Gott und das Leben symbolisch erfahrbar.

Wir wissen, dass Sie regelmäßig an Ostermärschen teilnehmen und dort auch am Rednerpult gestanden haben. Gehört das für Sie auch zum Fest?

Allerdings! Diese Dinge zusammenzudenken, hat ja auch gerade in Herne eine lange Tradition. In diesem Jahr soll es aber keine Reden geben. Ich weiß nicht, was es stattdessen geben soll.

Sind Sie trotzdem dabei?

Natürlich. Eigentlich war ich immer da. Nur, wenn ich mal im Urlaub war, ging’s natürlich nicht.

Seit wann nehmen Sie an Ostermärschen teil?

Seit den 80er-Jahren bin ich dabei. In Süddeutschland hat das angefangen. Damals waren die Kernthemen die Nachrüstungsdebatte und die Anti-AKW-Bewegung. Damals sind Zig-, ach, Hunderttausende auf die Straße gegangen. Man muss sich klarmachen, dass die Evangelische Kirche schon damals eine derjenigen Gruppen war, die bei der Wiederaufrüstung der Bundesrepublik massiven Protest leistete. Auch die atomare Bewaffnung haben wir von Anfang an verurteilt.

Atomwaffen und Atomenergie sind nach Fukushima nun neben dem Afghanistan-Krieg wieder auf der Agenda der Ostermärsche. Wie bewerten Sie das?

Da stimme ich unserem Präses voll und ganz zu, wenn er sagt, das sowohl Atomwaffen als auch die friedliche Nutzung von Atomkraft ein Bereich menschlicher Verantwortungslosigkeit ist. Es gibt keine andere Alternative als Schluss mit lustig zu machen. Da fällt mir übrigens auch das Stichwort Libyen ein und die ganze Kriegsrhetorik, die dahinter steckt. Mit was für einer Selbstverständlichkeit da von Krieg gesprochen wird. Da werden Rebellen unterstützt, von denen man einfach noch nicht weiß, wer sie sind. Da wird in Kriegsrhetorik investiert, aber nicht in Frieden.

Heute sind’s keine Hunderttausende mehr, die am Ostermarsch teilnehmen. Trägt die Katastrophe von Fukushima dazu bei, dass wieder mehr Leute auf die Straße gehen?

Solche Bewegungen nutzen sich einfach mit der Zeit ab. Allerdings hat sich die Zahl der Teilnehmer nach dem 11. September 2001 und dem Irakkrieg auch wieder erhöht. Ich hoffe, dass nun wieder mehr Leute deutlich machen, welcher Unfug in der Energiepolitik betrieben wird. Der Ostermarsch ist eine Chance, Flagge zu zeigen.