Herne. Lachgas gibt‘s am Kiosk, die Droge wirkt vermeintlich harmlos. Doch die Folgen sind gravierend. Immer wieder landen junge Herner im Krankenhaus.

Eine Droge, die an jeder Ecke erhältlich ist, vermeintlich harmlos wirkt, im schlimmsten Fall aber zum Tod führen kann: Lachgas. Es ist ein gefährlicher Trend unter jungen Menschen. Durch einen Luftballon wird die Droge konsumiert und sorgt für einen kurzen euphorisierenden Zustand. Auch Schmerzen können durch das Gas kurzzeitig gelindert werden.

Genau aus diesem Grund wird Lachgas eigentlich nicht als Droge, sondern in der Medizin eingesetzt. Dort wird es in der Anästhesie oder in der Zahnmedizin verwendet. „Inzwischen aber kaum noch“, sagt Christian Berger, Chefarzt für Anästhesiologie und Intensivmedizin im EvK in Herne.

Das habe zwei Gründe: Zum einen gebe es inzwischen deutlich bessere Methoden für die Narkose und zum anderen gebe es bei Lachgas immer ein Restrisiko. Denn: Das Lachgas verdränge den Sauerstoff im Körper. Wenn zu viel Lachgas gegeben werde, könne es passieren, dass zu wenig Sauerstoff im Körper ist, so Berger. In der Medizin passiere das aber aufgrund von neuer Technik schon lange nicht mehr. „Im EvK und in allen anderen Kliniken, die ich kenne, wird kein Lachgas mehr verwendet“.

Folgen vom Konsum: u.a. Schwindel, Bewusstseinsstörungen

Gerade wegen der Nebenwirkungen stelle die Droge eine Gefahr für Menschen dar, die sie als Spaß in der Freizeit zu sich nehmen. Wenn zu viel von dem Lachgas - beispielsweise über einen Ballon - zu sich genommen werde, so der Experte, könne es schnell passieren, dass zu wenig Sauerstoff im Körper bleibe. Die Folge: Schwindel, Bewusstseinsstörungen - oder auch der völlige Verlust des Bewusstseins. Und ja, das könne im schlimmsten Fall auch zum Tod führen, erklärt Berger. Das könne aber nur passieren, wenn das Lachgas über einen langen Zeitraum eingeatmet werde. Denn ansonsten verflüchtige sich das Gas nach kurzer Zeit durchs Ausatmen.

„Wahrscheinlich gibt es eine hohe Dunkelziffer“: Dr. Christian Berger, Chefarzt für Anästhesiologie und Intensivmedizin im EvK in Herne.
„Wahrscheinlich gibt es eine hohe Dunkelziffer“: Dr. Christian Berger, Chefarzt für Anästhesiologie und Intensivmedizin im EvK in Herne. © WAZ | Lea Wittor

Wer allerdings regelmäßig und immer wieder Lachgas konsumiere, riskiere langfristige Schäden, sagt Berger. So könne es zu Gefühlsstörungen oder auch Schäden am Rückenmark kommen. Auch Wahrnehmungsstörungen und Wesensveränderungen würden als Folge von zu viel Konsum vermutet. Neben neurologischen Folgen könnten sich zudem Thrombosen bilden.

Herner Arzt geht von hoher Dunkelziffer aus

In Herne arbeitet der Mediziner erst seit wenigen Monaten, zuvor war er in der Charité in Berlin beschäftigt. Es gebe in Herne Fälle von Menschen, die wegen Lachgas-Konsum in Krankenhaus landen, sagt er. Auffallend viele seien das aber nicht. Das könne aber daran liegen, dass die Symptome nicht ausschließlich auf das Lachgas zurückzuführen seien, vermutete er. Beschwerden wie Schwindel und Bewusstseinsstörungen könnten weitaus mehr Ursachen haben. Und sei das Lachgas erst einmal komplett ausgeatmet, dann könne es nicht mehr nachgewiesen werden. „Ich gehe davon aus, dass es eine hohe Dunkelziffer gibt.“ Bei den Patientinnen und Patienten, die ins Krankenhaus kommen, handele es sich meist um junge Menschen.

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Diese jungen Menschen müssen gar keine großen Bemühungen anstellen, um an die Droge zu gelangen. Lachgas wird unter anderem in Kiosken verkauft. Lachgas – chemisch N2O oder Distickstoffmonoxid – wird unter anderem als Treibmittel für Schlagsahne verkauft. Als Droge wird es aus einem gefüllten Ballon, einem Sahnespender oder auch direkt aus der Kartusche eingesogen. Auch im Internet wird das Gas verkauft. Bei Kleinanzeigen.de etwa gibt es Angebote aus Herne: 640 Gramm Lachgas für 30 Euro - der Name: „Exotic Whip“.

Polizei sind keine Fälle bekannt

Für die Polizei ist Lachgas in Herne bisher kein großes Thema. Das habe den einfachen Grund, dass der Konsum nicht strafbar sei, erklärt Polizeisprecher Marco Bischoff. Auch bei Unfällen sei es schwierig, nachzuweisen, dass jemand Lachgas konsumiert habe. Man könne einen Alkoholtest machen, einen Drogentest oder auch Blut abnehmen. Aber Lachgas könne man nicht nachweisen. Was aber gilt: Egal, welchen Grund es gibt, es sei strafbar, sich hinters Steuer zu setzen, wenn die Konzentrationsfähigkeit beeinträchtigt sei. Das gelte natürlich bei Drogen wie Lachgas, „aber auch, wenn man zu müde ist“, so der Polizeisprecher.