Herne. Immer wieder Ärger bei Bauvorhaben: Die Stadt Herne will Konflikte entschärfen. Wie sie in Zukunft auf Bürger zugehen will.
Die Kritik war in der vergangenen Jahren immer lauter geworden: Anwohnerinnen und Anwohner fühlten sich in den Bebauungsplanverfahren der Stadt schlecht und zu spät über Bauvorhaben in ihrer Nachbarschaft informiert. Dem will die Stadt nun entgegenwirken und kündigt neue Dialogformen und -ebenen an - nicht nur zu Bauvorhaben. Die 2023 gegründete „Bürgerinitiative Herne - für mehr Lebensqualität“, die eine „neue Beteiligungskultur“ eingefordert hatte, lobt die Pläne, fordert aber weitere Schritte.
Unter dem Titel „Bürgerdialog“ will die Verwaltung nun das umsetzen, was OB Frank Dudda und andere Stadtvertreter bereits mehrfach in Reaktion auf BI-Forderungen angekündigt hatten. Man wolle „ein neues und niederschwelliges Format zur Beteiligung und Öffentlichkeitsarbeit in Bezug auf Bau-, Planungs- und Umweltthemen“ erproben und verstetigen, heißt es in einer aktuellen Vorlage der Stadt für die Politik.
Stadt Herne will alle drei Monate eine Themenübersicht geben
Der „Bürgerdialog“ sei als regelmäßiges und freiwilliges Angebot der Verwaltung „im Rahmen ihrer personellen und rechtlichen Grenzen zusätzlich zu den gesetzlich geregelten und darüber hinaus bestehenden Beteiligungsmöglichkeiten zu verstehen“. Unabhängig davon könnten sich Bürgerinnen und Bürger aber nach wie vor jederzeit für alle Arten von Fragen, Anregungen und Bedenken an die zuständige Stelle in der Verwaltung wenden.
Im „Bürgerdialog“ werde der Versuch unternommen, mehrere Stellschrauben anders zu justieren. Im Einzelnen:
- Die Verwaltung komme regelmäßig an einer zentralen Stelle im Stadtgebiet „zur Öffentlichkeit“, Bürgerinnen und Bürger bräuchten für ihre Fragen und Anliegen nicht in die Rathäuser zu kommen. Damit solle eine niedrigere Schwelle für das persönliche Gespräch erreicht werden.
- Mit einer Themenübersicht für jeweils ein Quartal soll eine gute Vorhersehbarkeit, Planbarkeit und Verlässlichkeit für Bürgerinnen und Bürger gewährleistet werden.
- Eine Anmeldung zum jeweiligen Termin sei nicht nötig.
- Die jeweiligen Themen, Fragen und Anliegen könnten so allgemein oder spezifisch wie gewünscht diskutiert werden.
- Der „Bürgerdialog“ werde vom Stadtmarketing Herne mit einem Werbekonzept unterstützt, um ein möglichst breites Publikum zu erreichen und zu interessieren.
Die Stadt will das neue Beteiligungsformat nach den Osterferien 2024 ab Mai starten. Das jeweilige Quartalsprogramm werde im Vorfeld durch ein Pressegespräch, die darauf folgende Berichterstattung sowie über den städtischen Onlineauftritt publiziert. Konkret solle der „Bürgerdialog“ etwa alle zwei Wochen in der Herner City im Stadtforum an der Bahnhofstraße 65 nachmittags von 14 bis 16 angeboten werden. Zu dieser Zeit stünden dann jeweils zwei Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter der Verwaltung zur Verfügung, die fachlich mit dem jeweils angebotenen Dialogthema vertraut seien.
Bürgerinitiative Herne lobt den Vorstoß
Grundsätzlich solle zwar ein Querschnitt aller einschlägigen Planungs- und Umweltthemen angeboten werden. „Bebauungsplanverfahren scheinen im öffentlichen Interesse jedoch einen großen Stellenwert einzunehmen, weshalb Dialogangebote dazu zunächst in höherer Frequenz eingeplant sind“, betont der städtische Fachbereich Umwelt und Stadtplanung. Ende 2024 werde Bilanz gezogen.
Die Bürgerinitiative Herne (BI) - ein Zusammenschluss von fünf Initiativen - lobt den Vorstoß. „Ich freue mich, dass die Stadt auf unsere Kritik reagiert hat und künftig mit Interessen von Bürgerinnen und Bürgern anders umgehen will“, sagt BI-Sprecher Klaus Müller-Pfannenstiel auf Anfrage der WAZ. Die Stadt sei der BI zuvorgekommen: „Wir wollten Ende März ein eigenes Papier vorlegen.“
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An das Konzept der Stadt könne man nun anknüpfen, so Müller-Pfannenstiel. Es werfe allerdings auch die Frage auf, welches Verständnis die Stadt von Beteiligung habe: „Das wird in der Vorlage nicht deutlich.“ Es dürfe nicht nur um Informationen gehen, sondern es müssten auch Konsultationen, also gemeinsame Beratungen mit Bürgerinnen und Bürgern geben. Nur dann sei ein Beteiligungsformat erfolgversprechend. Und eigentlich müssten auch Vertreterinnen und Vertreter der Politik mit an den Tisch, sagt der BI-Sprecher.
Der Planungsausschuss befasst sich am Dienstag, 5. März, mit den Plänen der Stadt für das neue Instrument „Bürgerdialog“. Die Sitzung beginnt um 16 Uhr im Rathaus Herne, Friedrich-Ebert-Platz 2 (Ratssaal, Raum 312).