Herne. In der Nachbarschaft der geplanten Polizeihochschule formiert sich Widerstand: Warum Herner die Pläne ablehnen und was sie dagegen tun wollen.
Die Entscheidung des Landes, die neue Polizeihochschule in Herne zu bauen, stieß beim Konkurrenten Gelsenkirchen auf Unverständnis und Widerstand – das Oberlandesgericht Düsseldorf prüft zur Zeit eine entsprechende Klage. Nun gibt es auch in Herne Gegenwind: Anwohnerinnen und Anwohner des potenziellen Standorts am Bahnhof haben am Dienstagabend die Bürgerinitiative Funkenbergquartier (BI) gegründet. Ihre Botschaft: Sie wollen nicht den Bau einer Hochschule verhindern, sondern setzen sich gegen die konkreten Pläne zur Wehr.
Anwohner befürchten Lärm-, Verkehrs- und Umweltbelastungen
„Wir sind nicht gegen die Polizeihochschule in unserer Nachbarschaft“, sagte BI-Sprecher Christian Lux. Das große Aber: Die am Montag von der Stadt auf ihrer Homepage veröffentlichte Planung für diese Fläche sowie die weiteren Pläne für eine anschließende Bebauung des angrenzenden Funkenberg-Areals würden zu massiven Verschlechterungen und Beeinträchtigungen für Anwohnerinnen und Anwohner mit sich führen, so der Vorwurf.
Vor allem Lärm-, Verkehrs- und Umweltaspekte führten einige der rund 20 Anwohnerinnen und Anwohner an, die sich am Dienstag zur Open-air-Versammlung an der Zufahrt zum Funkenberg-Quartier einfanden. Bei den bisherigen vier Treffen seien bis zu 50 Betroffene gekommen, berichtete Klaudia Scholz. Die Linken-Stadtverordnete hatte die Gründung der BI mit angestoßen, so wie sie es zuvor unter anderem schon bei den Initiativen Dicke Luft (gegen Suez) und Uns stinkt’s (gegen die Deponie-Erweiterung) getan hatte.
Nach der Lektüre der von der Stadt vorgelegten Pläne für den Bau der Hochschule in Herne inklusive der 168-seitigen Begründung steht für Scholz und BI-Mitglieder fest: Das ist in Kombination mit den weiteren Plänen fürs Funkenberg-Areal völlig inakzeptabel.
Ein achtgeschossiges Parkhaus als Lärmschutz
Wie berichtet, soll auf dieser rund 6,2 Hektar großen Fläche ein Hochschulcampus für rund 4500 Studierende und 340 Mitarbeitende gebaut werden. Anwesend wären täglich bis zu 2900 Studierende, heißt es. Am Rande der Fläche soll ein bis zu achtgeschossiges Parkhaus mit mindestens 1100 Stellplätzen entstehen, das das Hochschulgebäude auch vor dem Lärm der Bahntrasse schützen soll. Die Erschließung des Areals soll vor allem durch eine Verlängerung der Funkenbergstraße erfolgen. Darüber hinaus ist Wohnbebauung und Gewerbe auf diesem Teil des Funkenberg-Quartiers vorgesehen.
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Ihre Visionen fürs gesamte, rund 13 Hektar Funkenbergquartier inklusive des östlichen Teils hatten die Stadt und OB Frank Dudda der Öffentlichkeit bereits Ende April vorgestellt. Von weiteren Hochschulnutzungen und Wohnungen war da ebenso die Rede wie von einem „Innovationsboulevard“ mit Alleecharakter, nachhaltiger Logistik, Gesundheits- und Fitness-Angeboten, Gastronomie und Kultureinrichtungen.
Neue Initiative will Einwände vorbringen und Unterschriften sammeln
Aus Sicht der Anwohnerinnen und Anwohner wäre mit diesem Gesamtpaket die Grenze der Zumutbarkeit weit überschritten. „Warum baut man nicht die Polizeihochschule auf dem gesamten Funkenberggelände, ergänzt um Grünflächen?“, fragte ein Bürger am Dienstagabend. Ebenfalls in der Kritik: die Zunahme der versiegelten Fläche von 81 auf 89 Prozent. Vor dem Hintergrund des Klimawandels müsste doch eigentlich Entsiegelung das Gebot der Stunde sein, so der Tenor.
Auch Gefahren durch Altlasten und die Zunahme der Feinstaubbelastung waren Thema. Herne habe schon jetzt die höchste Krebsrate in Deutschland, erklärte Klaudia Scholz. Ein weiterer Punkt: Die Stadt nehme eine Zunahme der schon jetzt hohen Lärmbelastung billigend in Kauf. Und nicht zuletzt wurde befürchtet, dass die Umsetzung der Pläne zu einem stark erhöhten Verkehrsaufkommen führen wird.
Diese und zahlreiche weitere Einwände wollen die BI-Mitglieder bis zum 8. August formulieren und schriftlich bei der Stadt einreichen, um sie offiziell ins laufende Bebauungsplanverfahren 238 (offizieller Name: „Baumstraße/Schüchtermannstraße“) einzubringen. Außerdem sollen Unterschriften gesammelt werden. Im Rahmen des Verfahrens muss die Stadt anschließend zu allen Einwendungen Stellung nehmen. Am Ende entscheidet der Rat.
>>> Das sagt die Stadt Herne
Die Stadt sei offen für einen Austausch und einen konstruktiven Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern, erklärt Achim Wixforth, Leiter des Fachbereichs Umwelt und Stadtplanung, auf Anfrage.
„Je eher uns die Anregungen im Beteiligungsprozess erreichen, desto besser können wir sie aufgreifen und prüfen, ob sie sich umsetzen lassen“, so Wixforth. Aufgabe der Stadt sei es auch, etwaige Befürchtungen der Bürgerinnen und Bürger durch Sachinformationen zu entkräften.
Die WAZ kommt auf die konkreten Einwände der BI zurück.