Herne. Viele Herner versäumen die Vorsorgeuntersuchung für Darmkrebs. Dabei ist sie so einfach, weiß ein WAZ-Redakteur aus eigener Erfahrung.
„Ich fühl‘ mich gut.“ „Da wird schon nix sein.“ Mit solchen oder ähnlichen Sprüchen schieben viele Menschen die Darmkrebsvorsorge aus ihren Gedanken. Gerade die Hernerinnen und Herner scheinen Vorsorgemuffel zu sein. Gerade einmal jeder fünfte Mann und jede dritte Frau nutze die Krebs-Früherkennungsuntersuchung, so die AOK. Dabei ist sie so einfach - weiß WAZ-Redakteur Tobias Bolsmann.
Druck des Hausarztes - Widerstand zwecklos
Ja, auch ich fühle mich gut - mal abgesehen vom Knacken im Nacken, aber das ist ein anderes Thema. Doch ist da auch nix in meinen Darmwindungen? Ich weiß nur zu gut aus der eigenen Verwandtschaft, was passieren kann, wenn doch etwas ist - nämlich Krebs. Sollte ich also auch mal eine Darmspiegelung machen lassen? Die Antwort habe ich mir gar nicht selbst gegeben, sondern mein Hausarzt. Der machte bei einem meiner Routinetermine nicht viel Federlesens, Widerstand zwecklos. „Du bist älter als 55, also machst Du jetzt eine Koloskopie.“ Wir kennen uns gut, treiben gemeinsam Sport, also war klar, dass ich mit einem „Ich fühl‘ mich gut“ bei ihm auf die Dauer nicht durchkommen würde. Und bei genauem Nachdenken wollte ich auch gar nichts auf die lange Bank schieben. Lediglich der Gedanke, dass ein medizinisches Gerät in eine Körperöffnung geführt wird, die eine gewisse Verschämtheit auslöst, verursachte bei mir eine Zurückhaltung - die im Nachhinein völlig unbegründet war.
Also saß ich eines morgens in der gastroenterologischen Schwerpunktpraxis in Wanne. Die Untersuchung selbst? War mutmaßlich okay - ich selbst habe ja nichts mitbekommen. Ich habe noch eine vage Erinnerung daran, wie der behandelnde Arzt „los geht‘s“ gesagt hat und mir das Betäubungsmittel in wenigen Sekunden das Bewusstsein genommen hat. Das nächste, was ich weiß: Ich saß auf einem Stuhl und war angezogen. Und offenbar hatte ich selbst zumindest dabei mitgeholfen. Doch erst jetzt begann ich klarer im Kopf zu werden.
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Und ja, da war tatsächlich nix. Kein Polyp, geschweige denn ein Tumor. Der Arzt verabschiedete sich mit den Worten: „Wir sehen uns in zehn Jahren wieder.“ Vorsorge kann so einfach sein.
Doch warum sind dann immer noch (zu) viele Hernerinnen und Herner Vorsorgemuffel? Dr. Johanna Preiss kennt einige der Gründe, sie gehört zum Praxisteam, das im Jahr rund 2000 Darmspiegelungen durchführt. Tatsächlich spielten die Hausärzte eine wichtige Rolle bei der Frage, ob sich jemand für eine Vorsorgeuntersuchung entscheidet oder nicht. Es gebe durchaus Unterschiede, wie engagiert sie aufklären, nach ihrer Wahrnehmung seien Gynäkologinnen in dieser Hinsicht sehr aktiv.
Angst vor Schmerzen und Komplikationen sorgt für Vorbehalte
Unterschiede gebe es auch zwischen Männern und Frauen. Männer müssten ein wenig mehr angeschoben werden, da spiele das alte männliche Bild immer noch eine Rolle, also: keine Schwäche zeigen nach dem Motto: Mir geht es gut, dann wird schon nichts sein. Bei manchen Patienten spiele auch die Angst vor Komplikationen und Schmerzen eine Rolle oder die Angst vor einem Kontrollverlust. „Viele Patienten sind vor der Spiegelung nervös, weil vielleicht doch etwas gefunden wird“, hat Preiss im Laufe der Jahre festgestellt. Scham spiele dagegen weniger eine Rolle.
Auffällig sei, dass in der jüngeren Vergangenheit deutlich mehr junge Menschen - zwischen 20 und 25 Jahren - kommen. Und: Immer wenn Krankenkassen Vorsorgeprogramme anböten oder andere Aktionen stattfänden, würde die Zahl der Vorsorgeuntersuchungen ansteigen.
Vortrag zur Darmkrebsvorsorge im Rahmen der Herner Gesundheitswoche
Im Rahmen der kommenden Herner Gesundheitswoche bietet die Gesellschaft für Gastroenterologie Herne am Dienstag, 12. März, um 19 Uhr im Restaurant Zille (Raum Crange) einen kostenlosen Vortrag zum Thema Darmkrebsvorsorge. Dr. Dietrich Hüppe spricht unter anderem zu Fragen wie: 20 Jahre Darmkrebsvorsorge - was hat das gebracht? Welche Möglichkeiten gibt es? Gibt es Risiken?
Krankenkasse zahlt die Früherkennungs-Untersuchung
Ab 50 Jahren: Männer haben Anspruch auf eine Darmspiegelung zur Krebsfrüherkennung. Ist das Ergebnis unauffällig, kann man nach mindestens zehn Jahren eine zweite Darmspiegelung machen lassen. Bei Auffälligkeiten wird früher wieder kontrolliert. Eine zweite Möglichkeit, Darmkrebs früh aufzuspüren: Tests auf verborgenes Blut im Stuhl. Frauen haben ab einem Alter von 50 Jahren Anspruch auf einen jährlichen Test. Männer ab 50 Jahren können wählen: zwischen einem jährlichen Test oder zwei Darmspiegelungen im Mindestabstand von zehn Jahren. Frauen ab 55 Jahren wird ebenfalls eine Darmspiegelung als Kassenleistung ermöglicht.