Herne. Rund zehn Jahre litt eine Hernerin an unspezifischen Schmerzen im Bauch. Ein Venenspezialist im Marien Hospital kam der Ursache auf die Spur.

■ Kirsten Hoffmann litt unter undefinierbaren Schmerzen

■ Besuche bei zahlreichen Ärzten brachten keine Linderung

■ Diagnose war schwierig, weil die Krankheit so selten ist

An so einem Fall hätte Dr. House seine helle Freude gehabt: Eine Frau klagt jahrelang über unspezifische Schmerzen im Unterbauch und im Bein. Doch egal, was Ärzte unternehmen oder verschreiben: Nichts hilft! Der Sherlock Holmes im Arztkittel - Dr. House war nichts anderes als eine Variation des berühmten Detektiven - hätte sein Team gewohnt missmutig getriezt, bis die richtige Diagnose feststeht. Diese Diagnose lautete: pelvines Stauungssyndrom. Aufgespürt hat sie der gar nicht missmutige Dr. Dominic Mühlberger, Chefarzt der Gefäßchirurgie im Marien Hospital Herne, und erlöste damit seine Patientin Kirsten Hoffmann.

Um Hoffmanns Leiden einordnen zu können, muss man nicht weniger als elf Jahre zurückblenden. Damals wurde die heute 50-Jährige wegen einer Beckenvenenthrombose behandelt. Danach hätten sich diese unspezifischen Schmerzen im Bauch, im Schambereich, im Po und im linken Bein entwickelt, erzählt die zweifache Mutter im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion. „Es gab Höhen und Tiefen, aber ich hatte immer latente Schmerzen. Selbst wenn ich auf dem Sofa lag“, so Hoffmann. Sie sei eine begeisterte Joggerin und habe sich vor Beginn der Schmerzen auf einen Halbmarathon vorbereitet, doch an Laufen sei in der Zeit nicht mehr zu denken gewesen. Sie habe manchmal so viel Druck im Unterbauch verspürt, dass sie das Gefühl gehabt habe zu platzen.

Patientin fühlte sich nach Doktor-Hopping wie ein Hypochonder

Zu Beginn habe sie sich gefragt, ob sie wieder eine Thrombose habe - Fehlanzeige. Bei ihrer verzweifelten Suche nach einer Ursache habe sie so etwas wie Doktor-Hopping gemacht: Hausarzt, Kardiologe, Orthopäde, Gynäkologe, Schmerztherapie. Niemand habe ihr helfen können. In einem Fall sei ihr ein Morphiumpflaster verschrieben worden. Auch das habe nicht geholfen. Und wenn man mehrmals Ärzte mit den gleichen Symptomen konsultiere und man merke, dass die die Augen verdrehen, fühle man sich wie ein Hypochonder, so Hoffmann.

Dass sie keine eingebildete Kranke war, offenbarte sich im Mai dieses Jahres. Hoffmann kam zu einer Nachsorge der behandelten Beckenvenenthrombose ins Marien Hospital und traf dort auf Dr. Dominic Mühlberger, der die Klinik für Gefäßchirurgie seit Februar 2022 leitet. Als sie dem Venenspezialisten ihre Symptome schilderte, hatte er schnell den Verdacht, dass es sich um das pelvine Stauungssyndrom handelt. Bei diesem Krankheitsbild sind Venen im Bereich des kleinen Beckens oder der Eierstöcke von einem Klappendefekt betroffen. Dadurch kommt es zu einer Aussackung oder Erweiterung der Eierstockvenen. Eine Folge, so Mühlberger: „Das Blut staut sich und fließt in die falsche Richtung.“ Auf den CT-Bildern sei deutlich zu sehen gewesen, dass sich bei Kirsten Hoffmann das Blut in der linken Eierstockvene staute.

Die Erkrankung ist sehr selten und deshalb bei vielen Ärzten unbekannt

Doch warum kam erst nach so vielen Jahren der Venenspezialist der richtigen Ursache für die Schmerzen auf die Spur? Weil die Erkrankung selten sei und vielen Ärzten gar nicht bekannt, so Mühlberger. Hinzu kämen die Symptome, die auch auf andere Ursachen schließen lassen. Kirsten Hoffmann selbst sagt, dass sie mit diesen Schmerzen auch nie auf die Idee gekommen wäre, zum Gefäßchirurgen zu gehen. Aber man müsse auch an das Seltene denken, beschreibt Mühlberger seinen Ansatz. „Wenn man Hufe hört, denkt man an Pferde, aber nicht an Zebras.“ Gynäkologen in Herne denken in Zukunft vielleicht an das Seltene. Mühlberger hat sie bei einer Weiterbildung mit dem pelvinen Stauungssyndrom vertraut gemacht.

Für Kirsten Hoffmann ist die Zeit der Schmerzen vorbei. Mühlberger und sein Team haben in einer minimalinvasiven Operation das Problem behoben, im Marien Hospital Herne war es die erste OP bei diesem Krankheitsbild. Schon kurz nach dem Eingriff seien die Schmerzen verschwunden gewesen. Hoffmann hofft, dass sie bald wieder die Joggingschuhe schnüren kann.