Herne. Über 140.000 Mal - rein rechnerisch alle 3,75 Sekunden - klingelten 2023 die Telefone in der Leitstelle der Herner Feuerwehr. Nun zog sie Bilanz.

Die Zahl der Einsätze für die Herner Berufsfeuerwehr ist im vergangenen Jahr gesunken. Rund 30.500 Einsätze listet die Statistik auf, davon rund 28.000 im Rettungsdienst, und etwa 2000 im Brandschutz und bei technischen Hilfeleistungen. Auf den ersten Blick ein ganz normales Jahr, doch bei genauer Betrachtung sei es recht ereignisreich gewesen, so Feuerwehrchef Marco Diesing. Und für 2024 stehe schon jetzt fest: Es wird spannend.

Mehr Unfälle als erwartet auf der A43 und A42

Der Blick auf die Zahlen offenbare, dass der Rettungsdienst das Tagesgeschäft bei der Feuerwehr sei - mit mehr als 10.000 Krankentransporten und rund 18.000 Notfalleinsätzen. Brandeinsätze (zirka 800) und technische Hilfeleistungen (etwa 1400) machten den deutlich geringeren Teil aus. Doch sie sind es, die dem Team in gewisser Weise Kopfzerbrechen bereiten. So habe es Wohnungsbrände und Unfälle gegeben, bei denen auch Menschen gestorben seien. „Die Autobahnbaustelle auf der A43 und A42 ist nach wie vor eine Herausforderung“, so Diesing im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion. Denn es ereigneten sich mehr Unfälle als angesichts der reduzierten Geschwindigkeit zu erwarten gewesen sei. Dass bei den Autofahrern eine gewisse Gewöhnung eingetreten sei, habe nicht zu reduzierten Unfallzahlen beigetragen.

Feuerwehrchef Marco Diesing: Personalgewinnung bleibt die große Herausforderung.
Feuerwehrchef Marco Diesing: Personalgewinnung bleibt die große Herausforderung. © FUNKE Foto Services | Alexa Kuszlik

Bei der Brandbekämpfung seien zwei Ereignisse in Erinnerung geblieben: der Brand eines Imbisswagens mit einer schwerverletzten Person und der Einsatz am Marien Hospital am Hölkeskampring. „Das Einsatzstichwort Gasaustritt ist dann doch immer etwas Besonderes“, so Diesing. Zum Glück sei der Einsatz glimpflich verlaufen. Können Einsätze auch Freude auslösen? Können sie. So waren 25 Kräfte kurz nach Weihnachten beim Deichschutz in Hamm beteiligt. Diesing freut sich, dass die Alarmierung der ausschließlich freiwilligen Feuerwehrleute überhaupt kein Problem gewesen sei. Sie hätten am zweiten Weihnachtsfeiertag Weihnachtsbaum mit Deich getauscht.

Ebenfalls erfreulich: Die Feuerwehr hat im vergangenen Jahr neues Material in Betrieb nehmen können, unter anderem zwei neue Drehleitern. „Das ist für uns ein technischer Meilenstein, wir sind froh, dass wir jetzt auf dem neuesten Stand der Technik sind“, so Diesing. Dies gilt auch für zwei Notarzteinsatzfahrzeuge.

Die neuen Drehleitern sind für die Herner Feuerwehr ein technischer Meilenstein.
Die neuen Drehleitern sind für die Herner Feuerwehr ein technischer Meilenstein. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Noch ein Grund zum Freuen: In den Protokollen findet sich kein einziger tätlicher Übergriff auf die Einsatzkräfte. „Doch der Ton und der Umgang gegenüber den Kräften ist rauer geworden und gefällt mir überhaupt nicht“, so Diesing. Um sensible Situationen zu lösen, absolvieren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Deeskalationstrainings.

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Was auf den ersten Blick unscheinbar ist: Zwölf Feuerwehrkräfte haben sich zum Notfallsanitäter qualifiziert. Doch dahinter verbirgt sich ein Problem, mit dem die Herner Feuerwehr seit Jahren kämpft - und weiter kämpfen wird: Die Suche nach Fachkräften. Man stehe nicht nur im Wettbewerb mit privaten Arbeitgebern, sondern auch mit anderen Städten. Nach wie vor sind einige Stellen nicht besetzt, unter anderem ist die Abteilung des „vorbeugenden Brandschutzes“ ein Flaschenhals. Sie ist für die Prüfung von Brandschutzkonzepten zuständig. „Die Personalgewinnung bleibt die große Herausforderung“, so Diesing.

Vorhersage: Einsatzzahlen wegen Akkus werden ansteigen

Bei der Brandbekämpfung entwickelt sich eine neue Herausforderung: Akkus. Als Beispiel dient ein Einsatz Anfang Juni, als im 9. Stock des Wohnturms ein E-Scooter in Flammen aufgegangen war. „Wir bitten hier die Bevölkerung um erhöhte Achtsamkeit“, so Philipp Hapig, Teamleiter Operativer Rettungsdienst. Konkret: Man sollte nicht Akkus aufladen, wenn man schläft, man sollte sie auf einer schwer entflammbaren Unterlage lagern, keine Nicht-Originalteile verwenden und nicht an den Akkus herumbasteln. Und man sollte sie nicht im normalen Hausmüll entsorgen. Hapig stellt aber auch klar: „Wir können Akkus löschen, wir wissen, wie das geht.“

Und was macht das angebrochene Jahr schon jetzt spannend? Diesing nennt zwei Dinge: So befinde sich der Neubau der Wache voll im Zeitplan, sodass im Sommer der offizielle Spatenstich stattfinden könne. Das sei ein gutes Signal, dass es richtig losgehe. Für ein anderes Ereignis laufen bereits seit einiger Zeit die Vorbereitungen. Die Herner Feuerwehr wird bei der Fußball-Europameisterschaft für die Spiele in Gelsenkirchen Kräfte abstellen. Hinzu komme „Bochum Total“ - und selbstverständlich die Cranger Kirmes.