Herne. Der neue Schulsozialindex stellt den Schulen in Herne ein schlechtes Zeugnis aus. Alle Zahlen für alle Schulen in Herne.
Beim neuen Schulsozialindex schneiden die Schulen in Herne deutlich schlechter ab als beim alten. Wer jetzt aber denkt, dass die verantwortlichen Akteure darüber bestürzt sind, der irrt. „Das ist super, ich find‘ das richtig gut“, kommentiert beispielsweise Schuldezernent Andreas Merkendorf. Und das hat auch einen Grund: „Das ist eine ehrliche Betrachtung. Unsere Aufgabe als Kommune ist es nun, das vom Land einzufordern, was es braucht.“
Denn der alte Schulsozialindex, der 2021 vom NRW-Schulministerium auf Basis von Daten aus dem Jahr 2018/19 veröffentlicht wurde, hatte in Herne für allgemeines Kopfschütteln gesorgt. „Die Landesregierung rechnet die Bedarfe schön“, hatte der schulpolitische Sprecher der Grünen, Fabian May, damals geäußert und von einer „absoluten Katastrophe“ gesprochen, weil Schulen nun weniger Ressourcen bekämen – obwohl sie eigentlich mehr bräuchten.
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Entsprechend groß war die Erleichterung bei der Präsentation der neuen Indexzahlen der Landesregierung, die eine Skala von eins (besonders gut) bis neun (besonders schlecht) abdecken, obwohl Herne insgesamt sehr schlecht abschneidet. Gleich zwei Schulen aus Herne landen in der schlechtesten Stufe und erhalten eine 9. Die Josefschule und die Gesamtschule Wanne-Eickel. Während die Josefschule beim Index 2021 eine 6 erhielt, war die Gesamtschule an der Stöckstraße damals, für die meisten völlig unverständlich, mit einer 4 bewertet worden.
Mit der Eingruppierung in 9 sei die Gesamtschule Wanne-Eickel „eine von drei Gesamtschulen in ganz NRW, die überhaupt in Stufe 9 eingruppiert sind“, betont Jasmin Schwanenberg, Leiterin des Kommunalen Bildungsbüros bei der Präsentation der Zahlen vor dem Schulausschuss. Insgesamt gebe es vor allem bei den weiterführenden Schulen beim neuen Schulsozialindex deutliche Abweichungen zum alten. Grund dafür sei unter anderem eine neue Berechnungsgrundlage, bei der auch an Gymnasien und Gesamtschulen nur noch die Daten der Sekundarstufe I herangezogen wurden.
Das führt an einigen Schulen zu schlechteren Zahlen: Die Gesamtschule Erich-Fried ist von 2 auf 6, Mont-Cenis von 3 auf 7 gerutscht. Zwei Gymnasien (Eickel und Otto-Hahn) erhalten die 3, die anderen drei die 5. Die Realschule Crange rutscht im neuen Index von 4 auf 7, die Realschulen an der Burg und Strünkede von 3 auf 6. Die Realschule Sodingen erhält eine 4, die Hans-Tilkowski-Schule eine 5.
In Herne hätten 77 Prozent der weiterführenden Schulen die Indexstufen 5 bis 9 erhalten, so Schwanenberg. In anderen NRW-Städten sei das im Schnitt nur bei 19 Prozent der Fall. Bei den Grundschulen zeigt sich ein ähnliches Bild: Gut zwei Drittel landen in Herne bei den Stufen 5 bis 9. Im NRW-Schnitt sind es nur 22 Prozent.
Dabei erhalten neben der Josefschule mit der Stufe 9 vier weitere Grundschulen eine 8: Freiherr-vom-Stein, Galileo, Kunterbunt und Ohmstraße. Am besten schneiden erneut die Grundschule Vellwigstraße (2) sowie die katholische Grundschule Bergstraße ab, die erneut als einzige Schule in ganz Herne eine 1 erhält.
Indikatoren für den Index sind sowohl schulspezifische wie der Anteil der Schülerinnen und Schüler mit nicht deutscher Familiensprache, Zuzug aus dem Ausland und mit Lernentwicklungsstörungen. Aber auch das Umfeld der Schule durch die Kinder- und Jugendarmut im Einzugsgebiet der Schule.
Katharina Rodermund, Leiterin der Gesamtschule Wanne-Eickel, freut sich über die schlechte Note für ihre Schule: „Ich finde das gut, denn es spiegelt unsere Wirklichkeit und unsere Bedürftigkeit wider.“ Sie hoffe nun auf entsprechend mehr Unterstützung, betont sie auch vor dem Schulausschuss. Sie habe die Hoffnung, dass die besondere Bedürftigkeit ihrer Schule sowie der Schülerinnen und der Schüler nun gesehen werde. „Wir benötigen mehr Zeit, Räume und Personal.“
Sicher ist die Unterstützung aber nicht, wie Schuldezernent Andreas Merkendorf im Schulausschuss betont. „Es gibt bisher keinen Automatismus – was wir auch sehr irritierend finden.“ Kurzfristig werde sich nichts ändern, aber die neuen Zahlen würden genutzt, um „politisch kräftig zu trommeln“. Ungleiches müsse ungleich behandelt werden, und Fördermittel dürften nicht mit der Gießkanne verteilt werden. Herne sei nicht Haltern.
„Es ist wichtig zu erkennen: Herne hat ein großes Problem“, sagt Markus Mähler, schulpolitischer Sprecher der CDU. Es bleibe bei einer Mangelverwaltung. Festzustellen sei aber angesichts der deutlich schlechteren Zahlen als noch vor knapp drei Jahren auch: „Die Schulen wurden nicht schlechter. Wir haben jetzt einfach ein präziseres Bild, was an den Schulen eigentlich los ist.“