Herne. Das Problemhaus an der Bahnhofstraße 77 in der Herner City hat vielfach Kritik hervorgerufen. Nun hat die WAZ mit dem Eigentümer gesprochen.
Abgeklebte Schaufenster, unschöne Graffiti und ein mit Brettern zugenagelter Eingangsbereich: Ein optischer Schandfleck - kaum anders lässt sich der Zustand des Gebäudes an der Bahnhofstraße 77 in der nördlichen Herner Innenstadt beschreiben. Die Stadtverwaltung hat es in ihrer Liste der „verwahrlosten Immobilien“ notiert. Vor wenigen Tagen war der Zustand des Gebäudes auch Gesprächsstoff in der Bezirksvertretung. Die Herner WAZ-Redaktion konnte nun mit Eigentümer sprechen.
Dem Besitzer ist der Zustand des Hauses bewusst
Beim Besitzer handelt es sich im Sandro Panciera, einen 70-Jährigen, der nicht in Herne wohnt und auch in anderen Städten Immobilienbesitz hat. Der Zustand des Gebäudes ist ihm bewusst: Es sei eigentlich sehr schön, müsse aber natürlich renoviert werden. Das will Panciera allerdings nicht selbst in Angriff nehmen. „Ich möchte das Haus verkaufen.“
Es gebe Interessenten, aber zurzeit sei es schwierig, ein Haus zu verkaufen. Panciera nennt dafür die gestiegenen Zinsen, aber auch die globalen Krisen. Deshalb gebe es eine gewisse Zurückhaltung. Dennoch zeigt er sich zuversichtlich, dass es irgendwann klappt, aber man brauche ein wenig Geduld. Kurzfristig wolle er das verbretterte Erdgeschoss verschönern, damit es nicht so einen verwahrlosten Eindruck mache.
Daten der WFG offenbaren, dass die Preisvorstellungen des Besitzers sehr hoch sind
Nach seinen Worten ist das Haus, das neben den Geschäftsflächen über sechs Wohnungen verfügt, hochinteressant. Er sieht es in einer 1A-Lage, weil es sich in unmittelbarer Nähe der Neuen Höfe befinde. Generell entwickle sich Herne aus seiner Perspektive gut, und Panciera glaubt, dass sich auch der nördliche Teil der Bahnhofstraße - der allgemein als schwierig betrachtet wird - noch entwickeln wird. Deshalb sei das Haus mittendrin. Und das Haus solle mithelfen, dass dieser Teil der Bahnhofstraße wieder interessant wird. Panciera: „Das Haus soll für alle ein Gewinn sein.“ Und deshalb habe es seinen Preis.
Wie hoch dieser Preis ist, verrät Panciera selbstverständlich nicht. Doch anscheinend liegen seine Vorstellungen deutlich über dem, was Interessenten auf den Tisch legen würden - und was der Markt in Herne hergibt. Auch die Herner Wirtschaftsförderung hat Gespräche mit Sandro Panciera geführt und ihn mit allen Mietpreisen in der Nachbarschaft des Hauses versorgt. Über die Miethöhe lässt sich im sogenannten Ertragswertverfahren der Wert einer Immobilie ermitteln. Die Daten offenbarten, dass Pancieras Vorstellungen so hoch seien, dass es schwer sein dürfte, einen Käufer oder eine Käuferin zu finden, so WFG-Chef Dirk Drenk im Gespräch mit der WAZ-Redaktion.
Mögliche Folge: Der Leerstand - wenn auch womöglich ein wenig optisch aufgehübscht - könnte noch weiter bestehen bleiben.
Langer Still- und Leerstand auch an der Bahnhofstraße 18
Auch an anderer Stelle in der Herner City zeigen sich keine sichtbaren Fortschritte: Auch das Haus Bahnhofstraße 18 ist dem Augenschein nach komplett leer. 2019 war es bereits einmal in den Fokus gerückt. Damals hatte ein Bewohner über den Zustand geklagt, weil Teile der Zimmerdecke heruntergefallen seien. Das gesamte Haus befand sich damals in keinem guten Zustand. In der Zwischenzeit ist die Fassade hergerichtet worden. Wie es im Innern aussieht, ist nicht bekannt. Allerdings: Der letzte gewerbliche Mieter ist mittlerweile ausgezogen, die Ladenlokale stehen leer. Ob und welche Pläne es gibt, ist nicht bekannt: Die WAZ hat dem Eigentümer, ein Essener Unternehmen, einen Fragenkatalog geschickt, unter anderem mit folgenden Fragen: Haben Sie Pläne für eine Sanierung? - Oder haben Sie Verkaufspläne? Haben Sie Pläne, das Ladenlokal wieder zu vermieten? Allerdings hat das Unternehmen eine Beantwortung abgelehnt.