Herne. Bundes-Jusos könnten wegen Kanzleraussagen zur Abschiebung „kotzen“, der Grünen-Nachwuchs ist ebenfalls empört. Auch in Herne ist der Ärger groß.

Der Bundesvize der Jusos „könnte kotzen“, der Bundesverband der Grünen Jugend klagt über einen Rechtsruck: Der Bundeskanzler und die Ampelregierung haben mit ihrem Kurswechsel in der Asylpolitik großen Unmut beim Parteinachwuchs von SPD und Grünen ausgelöst. In Herne klingt das vielleicht moderater als im Bund, aber in der Sache nicht weniger konfrontativ.

„Das beschreibt es ganz gut.“ Das sagt Alexander Stahl, Co-Vorsitzender der Herner Jusos, über das drastisch „Kotz“-Zitat seines Genossen Philipp Türmer. Der stellvertretende Bundesvorsitzende der Jusos hatte damit auf jüngste Aussagen von Olaf Scholz in einem „Spiegel“-Interview reagiert, der in dem auf dem Titel platzierten Satz gipfelte: „Wir müssen endlich im großen Stil abschieben.“

Doppelspitze: Amelie Menges und Alexander Stahl führen die Herner Jusos gemeinsam. In ihrer Ablehnung der Ampel-Asylpolitik sind sie sich einig.
Doppelspitze: Amelie Menges und Alexander Stahl führen die Herner Jusos gemeinsam. In ihrer Ablehnung der Ampel-Asylpolitik sind sie sich einig. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

Als „Schande“ und „menschenverachtend“ bezeichnet Amelie Menges die Botschaft des SPD-Kanzlers. Sozialdemokratische Politik gehe anders, so die Co-Vorsitzende der Herner Jusos. Solche Aussagen seien „Wasser auf die Mühlen der Demagogen und der Rechten“, fügt Stahl hinzu. Er frage sich, was Scholz damit erreichen wolle. Die Hessenwahl habe ja einmal mehr gezeigt, dass es nichts bringe, die AfD zu kopieren: „Die Leute wählen immer das Original.“

Die von der Ampel vereinbarte Verschärfung bei Abschiebungen werde nicht viel bringen, weil das nur für etwa 50.000 der mehr als 3 Millionen Geflüchteten greife. Die ganz Debatte sei auch deswegen bizarr, weil Deutschland laut Studien 400.000 Zuwanderinnen und Zuwanderer für den Arbeitsmarkt benötige. „Wieso lässt man Geflüchtete nicht vom ersten Tag an arbeiten?“, fragt Stahl. Integration funktioniere am besten durch Arbeit.

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Das sieht der Grüne Justus Lichau ähnlich: Der Co-Vorsitzende der Grünen Jugend in Herne kritisiert die Abschiebungspläne als „gigantische Nebelkerze“. Eine „Integrationsoffensive“ sowie eine bessere Ausstattung der Kommunen zur Finanzierung der Zuwanderungskosten sei dringend erforderlich. Und er wünsche sich, so der Stadtverordnete, dass seine Partei ein stärkeres Korrektiv innerhalb der Ampel sei und stärker zur Versachlichung der „besorgniserregenden Debatte“ beitrage.

Justus Lichau ist Grünen-Stadtverordneter und führt mit Anna Schwabe die Grüne Jugend in Herne.
Justus Lichau ist Grünen-Stadtverordneter und führt mit Anna Schwabe die Grüne Jugend in Herne. © Grüne

Der „rassistische Diskurs“ und „Überbietungswettbewerb“ der Parteien sei aber auch aus wirtschaftlicher Sicht kontraproduktiv: Potenzielle Zuwanderer bekämen ja mit, wie in Deutschland über Migration gesprochen werde: „Sie überlegen sich dann zweimal, ob sie künftig hier leben wollen“, so Lichau. loc