Herne. Ein 46-jähriger Mann aus Herne tötet seine Mutter. Er wollte auch seinen Vater umbringen. Jetzt sind für Ermittler die Hintergründe der Tat klar.

Nachdem ein 46-jähriger Herner seine 86-jährige Mutter mit bloßen Händen erwürgt hat, ist jetzt das Motiv klarer geworden. Der Sohn soll unter schweren Depressionen gelitten haben und geplant haben, erst beide Eltern und dann sich zu töten. Bei seinem 82-jährigen Vater ließ der Sohn dann aber von dem Tötungsplan ab. Die Eltern waren beide pflegebedürftig und lebten in einer Wohnung an der Schulstraße in Herne-Mitte, einer Parallelstraße zur Fußgängerzone.

Schwere psychische Erkrankung schon vor Pflege der Eltern

„Es war der ursprüngliche Plan des Sohnes, beide Eltern zu töten, damit keiner ohne ihn alleine bleibt“, sagt Staatsanwalt Danyal Maibaum. Der 46-Jährige habe selbst Suizid-Absichten gehabt und in der Vergangenheit bereits versucht, sich selbst zu töten.

Der Mann habe vor dem Vorfall „die Pflege und Versorgung der Eltern und des schwerpflegebedürftigen Vaters übernommen“, erklärt Maibaum. Die Staatsanwaltschaft geht aktuell davon aus, dass die psychische Erkrankung losgelöst von einer Überforderung mit der Pflegesituation in der Familie zu sehen ist. Der Herner habe schon vor der Pflegebedürftigkeit Suizidversuche unternommen.

Es hatte bereits auf den ersten Blick ähnliche Tötungsfälle gegeben, in denen Kinder aus Verzweiflung ihre pflegebedürftigen Eltern von schweren Krankheiten erlösen wollten. Mit solchen Fällen sei der aktuelle Fall aber wohl nicht zu vergleichen, sagt Maibaum.

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Eltern vermisst: Nachbarn alarmieren die Polizei

Staatsanwalt Danyal Maibaum leitet die Ermittlungen nach der Tötung (Archivfoto).
Staatsanwalt Danyal Maibaum leitet die Ermittlungen nach der Tötung (Archivfoto). © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Der Sohn hatte gegenüber der Polizei im Gewahrsam zugegeben, dass er seine Mutter getötet hat. Seine Schilderungen decken sich laut Staatsanwaltschaft weitestgehend mit den aktuellen Ermittlungen. Die Tat soll sich bereits am 5. Juni ereignet haben und blieb über eine Woche lang unentdeckt. Die Polizei wurde am Sonntag, 11. Juni, alarmiert, weil sich Nachbarn um das ältere Ehepaar gesorgt hatten.

In der Wohnung an der Schulstraße fanden die Beamten dann die tote Mutter, den bewusstlosen Sohn und den unverletzten, aber hilflosen Vater. Gegen ihn, das bestätigten auch die Ermittlungen, sei keine Gewalt ausgeübt worden. Der Sohn und der Vater müssen über Tage hinweg in der Situation mit der toten Mutter gelebt haben. Es ist sogar möglich, dass der Sohn zwischenzeitlich noch mehr Alkohol im Blut hatte als später gemessen. Er wollte sich offensichtlich dadurch selbst töten.

Der Sohn wurde mit dem später im Krankenhaus im Blut nachgewiesenen Alkoholwert von 5,6 Promille aufgefunden. Im Urin wurden zwischenzeitlich sogar 6 Promille gemessen. Trotz der akut lebensgefährlichen Situation überlebte der 46-Jährige den Vorfall. Die Staatsanwaltschaft geht aktuell davon aus, dass es sich dabei um einen Suizidversuch des Sohnes handelt, nachdem er die Mutter getötet hatte. Vom Vater habe der Sohn mutmaßlich abgelassen, weil er Gewissensbisse bekommen hatte.

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46-Jähriger bleibt in Untersuchungshaft

Der 46-Jährige sitzt aktuell in Untersuchungshaft. Staatsanwalt Danyal Maibaum rechnet damit, dass es in den kommenden Wochen zu einer Anklage gegen den Sohn kommen wird. Ein Gutachten habe allerdings bereits bestätigt, dass es sich um eine verminderte Schuldfähigkeit handele. Nach aktuellen Erkenntnissen sei der Tatverdächtige allerdings nicht komplett schuldunfähig gewesen.

Der Vater wird den Prozess gegen seinen Sohn nicht mehr erleben. Er sei nach dem Drama in ein Pflegeheim gekommen, sagt Staatsanwalt Maibaum. Dort sei er mittlerweile an einer natürlichen Todesursache verstorben.

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+++ Wir berichten in der Regel nicht über Suizide, um keinen Anreiz für Nachahmung zu geben – außer, Suizide erfahren durch die Umstände besondere Aufmerksamkeit. Falls Sie Suizid-Gedanken haben oder jemanden kennen, der Suizid-Gedanken hat, wenden Sie sich an die Telefonseelsorge unter 0800/1110111 (kostenlos). Die Nummer ist rund um die Uhr besetzt. +++