Herne. Die Herner Tafel arbeitet auch ein Jahr nach ihrem ersten Aufnahmestopp am Limit. Neue Menschen können nicht versorgt werden. Woran das liegt.
Keine Entwarnung bei der Herner Tafel: Es bleibt beim Aufnahmestopp. Vor einem Jahr Ende Juli hatte die Anlaufstelle von der Bielefelder Straße im Ortsteil Holsterhausen Alarm geschlagen und die Reißleine gezogen. Zu viele Bedürftige und zu wenig Lebensmittel – da konnten keine weiteren Menschen mehr versorgt werden.
Zurzeit versorge die Herner Tafel Woche für Woche etwa 2200 Menschen, sagt Tafel-Sprecher Martin von Berswordt-Wallrabe zur WAZ. Diese Zahl habe sich „auf einem sehr hohen Niveau stabilisiert“. Zum Vergleich: Vor dem Ukraine-Krieg habe die Organisation Lebensmittel an rund 1500 Menschen ausgegeben, mit dem Angriff der Russen sei die Zahl schnell auf 2400 gestiegen. Mit den aktuell besagten 2200 Kundinnen und Kunden könne der Aufnahmestopp deshalb nicht aufgehoben werden. Und ein Ende sei (vorerst nicht) absehbar: „Wir überprüfen die Situation im Vorstand regelmäßig und schauen, was sich tun lässt, um neue Kunden aufzunehmen.“
Herne: Lebensmittel-Händler kalkulieren genauer
Die Kapazitätsgrenze aber sei erreicht: „Wir sind am Limit“, so der Sprecher. Der Anstieg der Bedürftigen sowie eine „relative Lebensmittelknappheit“, die sich bei der Tafel bemerkbar mache, seien auf die verschiedenen Krisen der vergangenen Monate zurückzuführen. So seien durch den russischen Angriff auf die Ukraine viele Menschen auch nach Herne geflüchtet – „die wir natürlich ebenso wie Herner Bürgerinnen und Bürger versorgen“.
Zugleich explodierten als Folge des Krieges die Lebensmittel-Preise. Das wiederum habe dazu geführt, dass viele Menschen beim Einkaufen noch mehr auf den Cent schauten und eher einmal zu Produkten griffen, die reduziert wurden, weil sie kurz vor dem Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums stünden. Nicht zuletzt kalkulierten viele Lebensmittel-Händler nun genauer. „Entsprechend weniger Waren können von den Supermärkten an die Tafel abgegeben werden“, so Berswordt.
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Den Kopf in den Sand stecken die Verantwortlichen der Tafel nicht: „Wir erleben derzeit aber auch, wie gut wir durch die Herner Stadtgesellschaft unterstützt werden.“ Immer wieder habe die Anlaufstelle in den vergangenen Wochen und Monaten große und kleine Lebensmittelspenden sowie viele finanzielle Zuwendungen von Bürgerinnen und Bürgern oder Vereinen erhalten. Auch viele Firmen und die Stadt Herne unterstützten die Tafel an jeder Stelle – „dafür sind wir sehr dankbar“.
Aktuell sei ein Ende des Aufnahmestopps dennoch nicht absehbar. Nachdem der Stopp vor einem Jahr ausgerufen wurde, konnte er Ende August 2022 wieder beendet werden – freilich nur kurz: Bereits im November wurde erneut ein Aufnahmestopp verfügt. Daran hat sich bislang nichts geändert. So bleibt vorerst alles, wie es ist: „Wir können nicht davon ausgehen, dass sich die Situation in der Ukraine kurzfristig verändert oder die Lebensmittelpreise erheblich sinken.“
Wer die Tafel unterstützen wolle, könne dies mit Lebensmittelspenden tun. Gebraucht werde „alles, was haltbar ist und sich gut kombinieren lässt, also eher die Grundnahrungsmittel“, sagt Berswordt. Gern genommen seien aber auch Geldspenden. Benötigt werde aber auch noch ehrenamtliches Engagement. Kontakt: http://www.herner-tafel.de.