Herne. Die Legalisierung von Cannabis steht kurz bevor. Eine Säule: der Eigenanbau für den Privatkonsum. Ein Herner Geschäft ist schon vorbereitet.

Die Legalisierung von Cannabis in Deutschland rückt näher. Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums soll sich das Bundeskabinett Mitte August mit dem Gesetzentwurf zum Eigenanbau von Cannabis befassen. Ein Bestandteil: Der private Eigenanbau durch Erwachsene zum Eigenkonsum soll erlaubt werden. In Herne gibt es ein Geschäft, das auf die Legalisierung durchaus vorbereitet ist. Der Betreiber hat umfangreiches Wissen zum Thema Cannabis und eine dezidierte Meinung zu den Plänen der Bundesregierung.

Bünyamin Bozkurt hat vor wenigen Monaten an der Altenhöfener Straße in Herne-Süd seinen Laden mit dem Namen „Bonno Green - Head and Grow“ eröffnet. Er sehe sein Geschäft in erster Linie als kleines Gartencenter, das es mit seinem Sortiment auch Menschen ohne Garten ermögliche, Pflanzen in der Wohnung anzubauen. Doch damit wappne er sich auch für die Legalisierung von Cannabis, sagt der gebürtige Herner im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion. Sollte sie kommen, hätte er schon die Nische des privaten Anbaus besetzt. Schon heute erhalten Kunden beim Einkauf ihrer Ware zur Medikation zehn Prozent Rabatt auf verschiedene Artikel.

Der Herner Bünyamin Bozkurt darf auf Grund eines chronischen Schmerzsyndroms Cannabis zur Medikation konsumieren.
Der Herner Bünyamin Bozkurt darf auf Grund eines chronischen Schmerzsyndroms Cannabis zur Medikation konsumieren. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Ladeninhaber nutzt wegen Schmerzsyndroms Cannabis als Medikation

Seine Affinität zu diesem Thema hat persönliche Gründe. Bei Bozkurt, der an der TU Dortmund Logistik studiert hat, wurde vor etwa einem Jahr ein chronisches Schmerzsyndrom diagnostiziert.

Eine Alternative: das Schmerzmittel Tilidin. Doch dann wäre er nicht mehr alltagstauglich gewesen. „Ich habe meinem Arzt aber gesagt, dass es mir wichtig ist, dass ich am Leben noch teilnehmen kann. Ich möchte einen Beruf ausüben und Auto fahren.“ Deshalb habe er sich für die andere Alternative entschieden: Cannabis - und das funktioniere gut. Er könne seine normalen Alltagsaufgaben erledigen, habe eine MPU absolviert und nachgewiesen, dass er trotz der Einnahme von Cannabis Auto fahren könne.

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Da er selbst Patient sei, habe er angefangen, sich intensiver mit dem Thema Cannabis zu beschäftigen. So habe er sich Coffee-Shops in den Niederlanden und Spanien angeschaut, habe sich über den Anbau informiert. Irgendwann habe er die Idee gehabt, selbst in diese Richtung zu gehen - und Bonno Green eröffnet.

Bünyamin Bozkurt vor seinem Ladenlokal an der Altenhöfener Straße 61 in Herne-Süd.
Bünyamin Bozkurt vor seinem Ladenlokal an der Altenhöfener Straße 61 in Herne-Süd. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Auf Grund seiner persönlichen Situation hat er einen differenzierten Blick auf die Diskussion um die Legalisierung. Er sei „definitiv“ für eine Legalisierung, aber in engen Grenzen. So hält Bozkurt eine gewisse Entkriminalisierung für richtig. Es gebe Statistiken, dass alle paar Minuten jemand wegen eines Cannabis-Delikts verhaftet werde. Das könne die Existenz ruinieren. Wer mit drei Gramm erwischt werde, könne den öffentlichen Dienst vergessen.

„Dealerei wird es immer geben“

Dass mit der Legalisierung das Geschäft der Dealer ausgetrocknet wird, hält Bozkurt für Quatsch. „Dealerei wird es weiter geben.“ In den sogenannten Social Clubs, in denen Cannabis verkauft werden soll, solle die Höchstmenge bei 50 Gramm pro Monat liegen. Aber es sei nicht gesagt, dass dies für manche Konsumenten reicht. Wer mehr wolle, müsse woanders kaufen. Außerdem könnten Dealer die Preise der Social Clubs unterbieten. Den Vorteil, den die Legalisierung böte: Konsumenten könnten sicher sein, dass der Joint, den sie sich anzünden, nicht verunreinigt ist. Bozkurt hält die Idee der Social Clubs nicht für praxistauglich. Für ihn sind Coffee-Shops eine Alternative, die aber vernünftig reguliert seien. In den USA etwa sei jede Pflanze registriert. So könne es funktionieren.

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Nach Bozkurts Vorstellung sähe eine ideale Legalisierung in etwa so aus: Es müsse auf jeden Fall flächendeckend einheitlich sein. Es könne nicht sein, dass einzelne Bundesländer ihre eigenen Regeln aufstellen. Und der Jugendschutz müsse auf jeden Fall gewährleistet werden.

Bozkurt sieht sich als Vorbild und Aufklärer

Sollte der private Anbau von Cannabis tatsächlich legalisiert werden, könne dies zwar sein Geschäft ankurbeln (im Moment würde er sich strafbar machen, wenn er Richtung Cannabis berät). Bünyamin Bozkurt sieht sich aber auch in der Rolle eines Aufklärers, zum Beispiel wären Workshops denkbar. Gärtnerwissen sei ja auch für die Cannabispflanze wichtig. Wichtig sei aber auch, auf Gefahren bei der Pflanze hinzuweisen. Diese Aufklärung sei bei der aktuellen Gesetzeslage gar nicht erlaubt. Bozkurt sähe sich bei einer Legalisierung in einer Vorbildfunktion. „Die Leute, die Ahnung haben, müssen den Laien unter die Arme greifen, um verantwortungsvoll mit der Pflanze umzugehen.“

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