Herne. 2022 gab es beim Festumzug auf Crange Proteste gegen die Teilnahme von Pferden. 2023 werden die Tiere nicht dabei sein. Das sind die Gründe.

„Festumzug frei von Pferdequälerei“: Mit Plakaten und Protesten demonstrierten die Unabhängigen Bürger am 6. August 2022 am Rande des Umzugs der Cranger Kirmes gegen die Teilnahme von Pferden. In diesem Jahr können die Mitglieder der im Rat vertretenen Herner Partei unbeschwert mit allen anderen Besucherinnen und Besuchern feiern: Pferde werden in diesem Jahr nicht dabei sein.

Stadtmarketing Herne (SMH), das für die Stadt unter anderem die Pressearbeit in Sachen Kirmes macht, bestätigte dies auf Anfrage der WAZ. Es handele sich aber nicht um das 2022 geforderte „Pferdeverbot“. Der Grund sei vielmehr die Verschärfung von Auflagen und Leitlinien, die zu einem freiwilligen Verzicht geführt habe.

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„Es wird immer schwieriger für Reiter, auf Volksfesten aufzutreten“, erklärt SMH-Sprecher Alexander Christian. Zu den (nur zum Teil neuen) Auflagen zählten unter anderem die Beteiligung von Tierärzten, das Einrichten von Fluchtmöglichkeiten und der Nachweis von „Reiterführerscheinen“. Und selbst beim Körpergewicht für Reiter gebe es Vorgaben. „Insgesamt muss mittlerweile viel mehr dokumentiert und nachgewiesen werden“, so Christian.

Die nicht neue Diskussion über die Teilnahme von Pferden an Volksfesten hatte Anfang 2022 nach einem Unfall deutlich an Fahrt aufgenommen. Beim Umzug eines Schützenvereins auf der Düsseldorfer Königsallee brach ein Pferd zusammen. Das Tier schlug mit dem Kopf auf den Asphalt und starb.

„Koppel statt Kirmes“: Der Künstler Heiko Schulze erstellte 2022 dieses Protestplakat für die Unabhängigen Bürger.
„Koppel statt Kirmes“: Der Künstler Heiko Schulze erstellte 2022 dieses Protestplakat für die Unabhängigen Bürger. © UB

Die Unabhängigen Bürger (UB), die sich auch als Tierschutzpartei verstehen, starteten daraufhin ihre Protestaktion zum Kirmesumzug am 6. August 2022. Nicht der erste Vorstoß in dieser Angelegenheit: Bereits 2018 hatte UB-Stadtverordneter Bernd Blech nach einem schweren Unfall beim Kölner Rosenmontagsumzug - eine Kutsche mit fünf Pferden ging durch - im Herner Rat einen Antrag auf Verbot von Pferden und Pferdegespannen beim Kirmesumzug gestellt. Mit Ausnahme der Linken stimmten alle Ratsparteien gegen den Antrag.

Blech erinnerte damals daran, dass sich auch beim Herner Kirmesumzug 2012 ein Unfall ereignet hatte: Ein Pferd scheute, brach aus und verletzte auf dem Gehweg der Hauptstraße zwei Zuschauer. Eine 82-jährige Frau kam ins Krankenhaus, ein Junge (9) konnte vor Ort behandelt werden.

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Den diesjährigen Verzicht auf Pferde verbuchen die Unabhängigen Bürger als Erfolg. „Wir sind megastolz und freuen uns riesig, dass die Tiere sich dieser Strapaze nicht mehr aussetzen müssen“, sagt die UB-Tierschutzbeauftragte Sabine Mielke. „Unsere Aktion hat anscheinend Früchte getragen“, ergänzt (ihr Ehemann) Bernd Blech.

Bernd Blech ist im Herner Rat Einzelkämpfer für die Unabhängigen Bürger.
Bernd Blech ist im Herner Rat Einzelkämpfer für die Unabhängigen Bürger. © UB

Alles andere als glücklich über die Entwicklung ist dagegen der Reiter-Fanfarenzug Höven, der im vergangenen Jahr mit 13 Pferden am Festumzug teilgenommen hatte. 2023 stand für den Verein eigentlich ein Jubiläum an. „Wir hätten in diesem Jahr zum 50. Mal am Kirmesumzug teilgenommen“, berichtete Arne Weber, stellvertretender Vorsitzender.

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Schuldzuweisungen gegenüber der Stadt, mit der es vorab ein Gespräch über den Festumzug 2023 gegeben hat, werden von Seiten des Vereins nicht laut. Doch wer letztlich für das Aus der Teilnahme von Pferden verantwortlich ist, wird aus dieser Botschaft recht deutlich: Die Reiter des Fanfarenzugs hätten die speziell für sie geltenden Auflagen erfüllen können, sagt Weber.