Herne. Er entfernte Asbest, dann schulte er um. Jovan Jovanovic baut auf der Cranger Kirmes die Bayern-Festhalle auf. Ein Blick hinter die Kulissen.
Kräftig anpacken! Jovan Jovanovic und seine Kollegen stemmen ein Geländerstück auf die Bühne. Alles wird eingehakt. Die Muttern werden auf die Schrauben gedreht. Hier muss alles fest sein, wenn in vier Wochen Schlagerstars über die Bühne im Bayernzelt wirbeln und die Menschen auf den Tischen tanzen. Der 50-jährige Herner und sein Team reisen mit der mobilen Halle durch Deutschland. Eigentlich ist er Schadstoffsanierer.
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Bayern-Festhalle: Vier Tage für die Hülle – Material in 70 Hängern
Das Bayernzelt wirkt in dieser Woche schon ziemlich fertig. Die Wände stehen. Das Dach ist drauf. Auch die Empore in der ersten Etage ist schon eingezogen. Das wird später einmal der VIP-Bereich. Vier Tage brauche das Team, bis der Rahmen der Halle so weit ist, erklärt Jovan Jovanovic. Die Einzelteile lagern alle in Transportwagen. Bis zu 70 Hänger sind nötig, um das Material der 40 mal 70 Meter großen Halle zu transportieren. Ein Kran hievt die Teile nach oben. Mit zwölf Metern Firsthöhe ist die Halle so hoch wie ein vierstöckiges Wohnhaus. Bis zu 5000 Menschen hätten bei Vollauslastung Platz.
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Auf einen richtigen Beruf will sich Jovan Jovanovic nicht festlegen. Er baue eben mit seiner zehn bis elf Mann starken Truppe die „Bayern-Festhalle“ (so ist der richtige Name des Bremer Schaustellerbetriebes Wolters) auf. Eigentlich habe er über Jahre in seinem richtigen Beruf in der Asbestsanierung gearbeitet. Im Vergleich dazu sei der Kirmesjob auch deutlich besser bezahlt. „Die Asbestsanierung haben wir aufgegeben.“ Die Löhne auf der Kirmes sind gestiegen (WAZ berichtete).
Vom Asbest-Sanierer zum Hallen-Aufbauer
Er habe auch nicht mehr die gesundheitliche Belastung mit den Schadstoffen in Kauf nehmen wollen. „Man muss immer mit Schleusen arbeiten und unter Vollschutz. Das ist etwas anderes als Corona-Masken.“ Da nehme er gerne das Reisen mit der Halle in Kauf. Demnächst sei die Halle in Bonn, danach in Bremen. Jetzt in Herne, wenn man zu Hause bei der Familie übernachten kann, sei das natürlich schöner. Die Kollegen nicken.
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Die Männer lehnen sich in der Pause kurz zurück. Sie liegen auf den etliche hundert Kilo schweren Planen. Auch die Arbeit im Zelt ist kein einfacher Job. Das raumfüllende Hintergrund-Plakat hinter der Bühne muss Zentimeter für Zentimeter befestigt werden. „Oans, zwoa, g’suffa“ steht drauf. So weit ist es noch lange nicht. Ein Kollege steht weit oben auf der Leiter und zieht an der Plane. Da bleibt man besser nüchtern.
Infrastruktur für Tausende Gäste entsteht in den kommenden Wochen
Auf dem Holz-Boden klebt noch ein Aufkleber vom WAZ-Schlagerherz. Es muss eine der ersten Auflagen vor zehn Jahren gewesen sein. Die Bodenflächen werden immer wieder neu zusammengesetzt, tragen 300 Tonnen Gewicht. Der Aufkleber ist mittlerweile in all den Jahren mehrfach durch die Republik gereist. Die Wolters bieten vier verschiedene Festhallen in unterschiedlichen Zusammensetzungen an.
Stress kommt noch nicht auf, aber fertig ist die Halle auch noch lange nicht. Es fehlt noch der Innenausbau mit Infrastruktur für Tausende Menschen, die essen und trinken wollen - und zur Toilette müssen. Alles wird noch eingebaut und aufgestellt: ein zentraler Biertank mit Kühlschläuchen, die zu den 35 Zapfstellen an den Theken führen, eine eigene Haxen- und Hendlbraterei, die große Küche, Spülanlagen für die Gläser, die Kassensysteme, „Boxen“ für kleinere Gruppen und dann natürlich die Toiletten „in bayerischer Optik“. Dazu kommt die Bühnentechnik. Hier kann man autark von der restlichen Kirmes feiern.
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Ruhigere Zeit während der Kirmes für die Zelt-Bauer
Wenn die Kirmes dann einmal begonnen hat, wird es für Jovan Jovanovic ruhiger. „Manchmal macht man noch etwas an den Bänken. Dann muss man hier und dort einmal was anschrauben“, sagt der Herner. Und das Publikum verursache auch gerne mal den einen oder anderen Schaden, der dann repariert werden müsse. Die Zeltbauer haben schon mal unschöne Hinterlassenschaften von Betrunkenen entfernen müssen. Auf der Kirmes bleibe aber auch Zeit, um selbst zu feiern. „Das machen wir aber meist erst, wenn das Publikum schon weg ist.“
Vertrauen muss sein, aber Kontrolle ist besser. Deshalb brachte seine Arbeit Jovan Jovanovic auch jüngst einen Besuch der Frau Mama ein. „Sie konnte sich das gar nicht vorstellen, wie wir das hier aufbauen“, sagt der 50-Jährige. Dann habe sie sich natürlich auch davon überzeugt, dass der Sohn gut aufpasst beim Arbeiten. „Mutter ist Mutter.“