Herne. Über vier Jahrzehnte hat die Herren-Boutique Toni Gerhard in Herne hochwertige Mode für Herren angeboten. Jetzt ist Schluss. Das sind die Gründe.

Bis Ende Juni wird die Tür noch geöffnet sein, dann verabschiedet sich eine Institution im Herner Einzelhandel. Nach 44 Jahren. Das sind die Gründe.

Jetzt, im Räumungsverkauf, haben Gerhard Zimoch und sein Partner Joe Manz gut zu tun. Immer wieder kommen Kunden - in aller Regel sind es Männer - in ihre Boutique „Toni Gerhard“ an der Ecke Schulstraße/Mont-Cenis-Straße etwas abseits der Bahnhofstraße. Sie greifen gerne zu bei den Sonderangeboten. Doch das sei im vergangenen Jahr und zu Anfang dieses Jahres völlig anders gewesen, als es keine Schnäppchen gab. „Teilweise ist den ganzen Tag kein einziger Kunden im Laden gewesen. Was in diesem Jahr losgewesen ist, haben wir noch nicht erlebt“, erzählt Inhaber Gerhard Zimoch im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion. Und wenn er so erzählt, schwingt eine gute Portion Resignation mit.

Inhaber: Ich habe keine Lust mehr zu kämpfen

Die Gründe liegen für ihn auf der Hand: Erst Corona, dann die Inflation und der Ukraine-Krieg. „Putin hat quasi entschieden, dass wir aufhören“, so Zimoch. Er habe keine Lust und Kraft mehr, mit seinen 74 Jahren zu kämpfen. Sein Partner Joe sei auch schon 73.

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Allerdings können die beiden auch auf ein erfülltes und erfolgreiches Geschäftsleben zurückblicken. Schon bei der Eröffnung 1979 - damals noch auf der Bahnhofstraße gegenüber dem City-Center - hätten sie bewusst sehr hochwertige Herrenmode angeboten, an manchen Teilen hätte auf dem Preisschild auch eine vierstellige Zahl gestanden. Die Marken, die sie im Sortiment geführt hätten, habe man auch auf der Düsseldorfer Königsallee bekommen können. Ihr Ansatz habe auch in Herne funktioniert. Weil die Kundschaft aus dem ganzen Ruhrgebiet zu ihnen gekommen sei. Die aktuellen Probleme hätten nichts damit zu tun, dass es in Herne mit seiner vergleichsweise geringen Kaufkraft keinen Platz für ein Geschäft wie Toni Gerhard gibt. Zimoch nennt - wie viele andere - das Internet als Hauptproblem für den stationären Textil-Einzelhandel.

Kundschaft hat sich von der Verunsicherung anstecken lassen

Eigentlich habe er gedacht, dass Inflation und Krieg seine zahlungskräftige Kundschaft nicht treffen würde. Doch die habe sich von der allgemeinen Verunsicherung anstecken lassen. „Das hat sich fast wie ein Kauf-Boykott angefühlt“, so Zimoch. Was ihn und seinen Partner ein wenig tröstet: Nachdem sich die bevorstehende Schließung herumgesprochen habe, hätten sie sehr viel Zuneigung erfahren. „Das ist sehr rührend“, so Zimoch. Am Schließungs-Entschluss ändert das allerdings nichts mehr. Die Suche nach einem Nachfolger sei erfolglos gewesen. Und so werden Gerhard Zimoch und Joe Manz Ende Juni oder Anfang Juli ihrem Geschäft adieu sagen.