Herne. Holt Dortmund die Schale? Der Herner Gerd Pieper, viele Jahre in führenden Funktionen beim BVB, ist heiß auf den Titel und am Samstag im Stadion.
Ob Borussia Dortmund die Sensation perfekt macht und am Samstag die Meisterschaft holt, entscheidet sich am Samstag ab 15.30 Uhr. Wohl kein Herner fiebert dieser Entscheidung so entgegen wie Parfümerie-Unternehmer Gerd Pieper (79). Der langjährige Vizepräsident und Aufsichtsratschef des BVB spricht im Interview mit der WAZ über Vorfreude, Aki Watzke und Markus Söder, Schalke 04, die Rückkehr ins Stadion und über den DSC Wanne-Eickel.
Herr Pieper, wo sind Sie zurzeit und wo werden Sie am Samstag um 15.30 Uhr sein?
Ich bin im Moment in Spanien, werde aber am Samstag gegen Mainz im Stadion sein. Ich freue mich riesig auf dieses Endspiel. Ich würde auch einmal um die ganze Welt fahren, um dabei sein zu können.
Geht es nach dem Spiel wieder zurück nach Spanien?
(lacht) Das hängt vom Ergebnis ab. Wenn wir verlieren, würde ich mich nicht mehr in Spanien in die Sonne legen wollen. Dann bräuchte ich einige Tage, um das zu verdauen.
Dortmund hat zwei Punkte Vorsprung auf Bayern und spielt zuhause gegen Mainz 05. Kann denn da überhaupt noch was schiefgehen?
Ich glaube fest daran, dass es klappt. Die Mannschaft hat insbesondere in der zweiten Saisonhälfte überragend gespielt, tolle Tore geschossen und mit Abstand die beste Bilanz. Deshalb kann ich mir überhaupt nicht vorstellen, dass es nicht reichen wird. Wissen kann man es aber nie, weil im Fußball alles möglich ist. Ich denke zum Beispiel daran, wie Dortmund 2013 im Viertelfinale der Champions League gegen Malaga in den letzten zwei Minuten zwei Tore schoss und dadurch doch noch das Halbfinale erreichte.
Es sah in dieser Saison nicht immer gut aus: Der BVB ist im November mit einer 2:4-Niederlage in Gladbach als Tabellensechster mit neun Punkten Rückstand auf Bayern in die WM- und Winterpause gegangen. Hand aufs Herz: War die Saison aus Ihrer Sicht damals gelaufen?
Ich habe damals nicht mehr an die Meisterschaft geglaubt. Und ich kenne auch nur wenige Menschen, die das getan haben. Irgendwie kam dann aber in der Winterpause und vielleicht auch im Trainingslager in Spanien der „höhere Geist“ in die Spieler. Sie hatten plötzlich Selbstbewusstsein. Und das strahlt der Verein, das strahlen alle Verantwortlichen bis heute aus.
Der bayrische Ministerpräsident Markus Söder hat Mitte April gesagt, dass der BVB wohl „eigentlich fast zu doof“ für den Meistertitel sei. Ist es vielleicht nicht eher so, dass der FC Bayern in dieser Saison zu doof für den Titel ist?
Es findet noch ein Spiel statt, deshalb halte ich mich etwas zurück. Und grundsätzlich finde ich: Es gehört sich einfach nicht, dass man andere Vereine schlecht redet und für „zu doof“ hält. Bei Bayern hat in dieser Saison wohl die Überheblichkeit eine große Rolle gespielt.
Welchen Anteil hat Trainer Edin Terzic am Aufschwung des BVB?
Einen riesigen Anteil. Er ist ein Dortmunder Junge und kennt den Verein auch von innen. Das ist sehr wichtig.
Er hat ja als Spieler auch eine Herner Vergangenheit bei Westfalia.
Das habe ich auch gelesen, das war mir früher gar nicht bewusst.
Für Borussia Dortmund wäre es die neunte Meisterschaft. Welchen Stellenwert hätte dieser Titel für Sie? Wäre das vergleichbar mit den Meisterschaften von 2011 und 2012?
Ich habe beide Meisterschaften damals hautnah miterlebt. Vor allem 2011 war die Begeisterung sehr groß, weil wir nach zehn Jahren erstmals wieder die Meisterschaft gewonnen haben. Wenn wir den Titel am Samstag holen, wäre das für mich vergleichbar mit 2011.
Sie haben sich im September 2021 aus privaten Gründen von ihren Ämtern beim BVB zurückgezogen. Gehen Sie noch häufiger ins Stadion?
Vor eineinhalb Wochen war ich beim 5:2 gegen Gladbach seit langer Zeit wieder mal im Stadion. Es war für mich eine riesige Freude.
Haben Sie noch Kontakt zu Aki Watzke und anderen Verantwortlichen des BVB?
Die Kontakte sind immer noch da. Ich habe erst letzte Woche kurz mit Aki telefoniert. Als Vorsitzender des Aufsichtsrates habe ich mich früher einmal wöchentlich mit ihm getroffen. Ich schätze ihn sehr, weil er nicht nur ein Fachmann für Fußball ist, sondern auch für wirtschaftliche Dinge. Aki Watzke und andere Verantwortliche halten den Verein zusammen wie eine Familie. Das macht auch einen Teil des Erfolgs aus.
Schwarz-Gelb steht in dieser Saison nicht nur für Erfolg: Dem DSC Wanne-Eickel droht am Pfingstmontag der Abstieg aus der Westfalenliga. Zittern Sie als langjähriger Förderer und Unterstützer noch mit oder haben Sie inzwischen Abstand zum DSC?
Natürlich fiebert man noch mit, ich habe den DSC ja rund 20 Jahre lang unterstützt. Ich drücke nicht nur Schwarz-Gelb in Dortmund die Daumen, sondern auch in Wanne-Eickel. Die Mannschaft hat zuletzt einige gute Spiele gemacht, aber manchmal läuft es eben nicht so … . Ich glaube aber schon, dass der DSC die Klasse halten kann, weil die Qualität vorhanden ist.
Stichwort Abstieg: In der Bundesliga droht auch dem VfL Bochum und Schalke 04 dieses Schicksal. Was glauben Sie: Wen wird es erwischen?
Schwer zu sagen. Ich wünsche mir und dem Ruhrgebiet, dass beide es schaffen. Vor allem für Schalke wird es aber sehr schwer angesichts der Ausgangssituation. Ich habe Respekt vor den großartigen Fans. Die Stimmung im Schalker Stadion ist fast vergleichbar mit der in Dortmund. Aber auch Bochum hat ein tolles Publikum und es verdient, oben zu bleiben.
Zum Schluss hätte ich gerne noch einen Tipp fürs BVB-Spiel gegen Mainz.
Ich tippe 2:0.
Erneut mit zwei Toren von Sébastien Haller wie zuletzt in Augsburg?
Ach, das ist mir letztlich egal. Aber es ist gut, dass er nach seiner Krebserkrankung wieder dabei ist und inzwischen eine großartige Form hat. Neun Tore in dieser kurzen Zeit – das finde ich grandios. Wir haben aber auch andere tolle Spieler wie zum Beispiel Karim Adeyemi oder Julian Brandt, die ebenfalls Tore schießen können. Wenn das am Samstag wieder der Fall ist und wir am Ende oben stehen: Mehr kann man sich nicht wünschen!
>>> Zur Person: Parfümerie-Unternehmer, Vize-Präsident und Familienvater
Der 1943 in Eutin geborene Gerd Pieper trat 1969 in das 1931 gegründete elterliche Parfüm-Geschäft in Herne ein. Der Betriebswirt baute es aus zu Deutschlands größter inhabergeführten Parfümerie-Kette mit über 100 Filialen und mehr als 1000 Mitarbeitenden. 2018 übergab er die Geschäfte an Sohn Oliver.
Von 2004 bis 2021 war er Aufsichtsratsvorsitzender bei Borussia Dortmund; von 2008 bis 2021 war er auch Vize-Präsident.
In Herne war das CDU-Mitglied von 1981 bis 1994 ehrenamtlicher Bürgermeister. Darüber hinaus bekleidete er zahlreiche Ehrenämter in Wirtschaftsverbänden. So war er beispielsweise von 2004 bis 2008 Vizepräsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages.
Gerd Pieper ist verheiratet mit Gabriele Pieper und hat zwei Söhne.