Herne. Der Block 4 des Herner Steag-Kraftwerks läuft wegen der Energiekrise im verlängerten Betrieb. Was passiert nach der Abschaltung mit der Fläche?

Welche Zukunft hat das Kohle-Kraftwerk in Herne-Baukau? Der riesige weithin sichtbare Block 4 sollte seit mehr als einem Jahr abgeschaltet sein und ist wegen der Energie-Krise nur im verlängerten Betrieb. Wenn er abgeschaltet wird, dann könnten am Kreuz Herne große Flächen freiwerden. Und dann? Eine große Industriebrache muss man wohl nicht befürchten. Der Standort gilt als Herzstück für die Energieversorgung.

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Alter Plan: Umrüstung vom Kohlekraftwerk zum Gaskraftwerk

Die Steag selbst hält sich bislang mit konkreten Aussagen zu den Anlagen zurück. Aktuell hat der Bund bestimmt, dass das Kohlekraftwerk nach den drohenden Gaslieferungsausfällen der Energiesicherheit Deutschlands dient – Ende offen. Offizieller Stand ist noch, dass das Kraftwerk zum Verbrennen von Gas umgerüstet werden soll. Der Plan stammt noch aus der Zeit vor der Energiekrise. Ein weiteres Gaskraftwerk würde aber in jedem Fall weniger Platz benötigen als der riesige Kohleblock.

Schon jetzt steht fest, dass es ungeachtet eines Abrisses auf der gesamten Steag-Fläche wohl noch auf Jahrzehnte um Gas, Strom und Fernwärme gehen wird. Hier verlaufen zentrale Versorgungsachsen fürs Revier. Erst im vergangenen Jahr wurde das neue Gaskraftwerk Herne 6 auf dem Gelände in Betrieb genommen. Damit unterscheide sich die Fläche in Herne zum Beispiel von der des früheren Steag-Standorts in Lünen, der vollständig aufgegeben wurde, betont die Stadtverwaltung auf WAZ-Nachfrage. Solch eine Komplett-Aufgabe sei für Herne nicht denkbar.

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Stadt Herne: Fokus auf Blumenthal-Areal und Funkenbergquartier

Die Herner Stadtverwaltung sehe deshalb aktuell keinen Anlass, sich mit einer Neuentwicklung der Fläche zu beschäftigen. Die Stadt gehe davon aus, dass „die Fläche des bestehenden Steinkohlekraftwerks (Block 4) durch den Eigentümer auch künftig für eine Wertschöpfung im Rahmen der Energiewende genutzt wird“, sagt Stadtsprecher Christoph Hüsken. Es sei die Steag-Aussage bekannt, dass der Steinkohleblock technisch umgerüstet werden solle, „um die Wärmelieferung in das Fernwärmenetz zu sicherzustellen“. Hüsken: „Es gibt hierzu keine gegenteiligen Signale.“

Die Stadtverwaltung wolle sich, so lange die Fläche nicht zur Verfügung steht, auch nicht mit einer Überplanung beschäftigen. „Vielmehr fokussieren wir uns auf Flächen, für die wir reale Entwicklungsperspektiven geschaffen haben, wie beispielsweise das Blumenthal-Areal, das Funkenbergquartier oder die Neue Mitte in Baukau“, sagt Christoph Hüsken. „Sollte sich zu einem jetzt noch nicht absehbaren Zeitpunkt eine Option für eine andere Nutzung der Flächen des Steinkohlekraftwerks ergeben, werden wir uns selbstverständlich damit befassen. Solange das aber nicht der Fall ist, gilt es, unsere Ressourcen Projekten mit schon jetzt bestehenden Nutzungsperspektiven zu widmen.“

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Neues Gaskraftwerk verbraucht viel weniger Flächen

Um auch bildlich zu verstehen, warum es geht, muss man sich den gesamten Kraftwerkskomplex vor Augen holen. Vom riesigen Gesamtensemble gehören die meisten und die größten Anlagen zum Kohlekraftwerk. Auch der große Kühlturm ist Teil der Anlagen von Block 4.

Das neue moderne Gaskraftwerk nebenan, das im vergangenen Jahr in Betrieb genommen wurde, ist viel unauffälliger und verbraucht viel weniger Platz. Das Gas- und Dampfkraftwerk GuD (so der korrekte Name) hat einen deutlich höheren energetischen Gesamtnutzungsgrad als der Steinkohleblock Herne 4. Deshalb benötigt es auch nur einen viel kleineren Kühlturm.

Das neue Gas- und Dampfkraftwerk GuD neben dem großen Kohlekraftwerk Block 4 rechts. Der Block sollte schon abgeschaltet sein. Fraglich ist, was auf dem Gelände entsteht.
Das neue Gas- und Dampfkraftwerk GuD neben dem großen Kohlekraftwerk Block 4 rechts. Der Block sollte schon abgeschaltet sein. Fraglich ist, was auf dem Gelände entsteht. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Services | Hans Blossey

Das Gelände gilt für andere Nutzungen als eher schwierig. Die Fläche soll im Hintergrund bereits – ungeachtet der Besitzverhältnisse – als ein perfekter Logistikstandort ins Spiel gebracht worden sein, weil kaum eine Fläche in Deutschland so nah an Haupt-Bahnstrecken, einem Kanal und Autobahnen liegt. In der Praxis lässt sich das Areal aber kaum erschließen, weil es keine belastungsfähigen Verkehrsanbindungen gibt. Neuanbindungen wären wegen der Enge im Umfeld und vorhandener Verkehrsachsen schwierig.