Herne. In Herne will die katholische Kirche Kirchen und Gemeindehäuser schließen. Die Gläubigen sollen mitdiskutieren, welche Immobilien es trifft.
Die katholische Großpfarrei St. Dionysius in Herne will Kirchen, Pfarr- und Gemeindehäuser schließen. Grund ist die sinkende Zahl an Gläubigen. „Wir sind in einer Diaspora-Situation“, sagt Pfarrer Georg Birwer. Die zehn Kirchen der Pfarrei würden immer leerer. Ziel müsse es nun sein, die Großpfarrei neu aufzustellen: „Ich möchte, dass es eine lebendige Kirche in Herne gibt“, so der 64-Jährige zur WAZ.
Die Katholische Kirche in Wanne-Eickel, die Groß-Pfarrei St. Christophorus,ist schon einen Schritt weiter. Sie hat in diesem Frühjahr der Gemeinde ihre Schließungspläne, die eine Projektgruppe erarbeitet hat, bereits vorgestellt. Die Pläne umfassen das Aus von Kirchen, Pfarr- und Gemeindehäusern. Im Juni soll das Paket dann beschlossen und anschließend umgesetzt werden. In Herne, in St. Dionysius, soll der Prozess nun starten – mit einer ersten Informationsveranstaltung am Mittwoch, 19. April.
Herne: Immer mehr Menschen kehren der Kirche den Rücken
Immer mehr Menschen kehren der Kirche, gerade auch der katholischen, den Rücken. Nirgendwo wird das deutlicher als beim Besuch der Gottesdienste. Nur noch rund 500 Menschen kämen wöchentlich in die zehn Kirchen der Großpfarrei, sagt Georg Birwer. Als er angefangen habe, seien es ebenfalls 500 gewesen – aber in einer Kirche. Weil der Andrang früher so groß geworden sei, seien Kirchen auch entsprechend groß gebaut worden. So wie die von St. Peter und Paul in Börnig/Sodingen. Sie allein bietet 500 Plätze und würde somit bereits alleine für die Großpfarrei ausreichen. Sie wurde 2017 gegründet und hatte zu diesem Zeitpunkt noch rund 27.000 Mitglieder. Jetzt seien es nur noch knapp 20.000.
So weit, dass am Ende nur noch eine von zehn Kirchen übrig bleibt, werden die Katholiken bestimmt nicht gehen. Was ist dann der Weg? „Ich habe natürlich Ideen“, sagt Georg Birwer, die aber wolle er vor dem ersten Treffen mit dem sperrigen Thema „Zukunftsprojekt Immobilien“ nicht öffentlich äußern. Auch deshalb nicht, weil die Gläubigen ja mitentscheiden sollen über die Schließungen: „Wir wollen nicht immer von Beteiligung reden, sondern sie auch durchführen.“ Er stellt klar: „Es gibt keinen Plan, den wir durchboxen wollen.“
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Klar aber sei, dass sich was ändern müsse. Zehn kleine Gemeinden, die sich abkapselten und immer weniger Zulauf hätten, machten keinen Sinn. Auch ökonomisch nicht, denn die leeren Häuser seien bald nicht mehr zu finanzieren: „Über kurz oder lang droht uns ein strukturelles Defizit. Das können wir nicht überleben.“
Sein Ziel sei eine lebendige Großpfarrei – durchaus mit weniger Standorten, aber mit mehr Zusammenhalt. Dafür stehe die Projektgruppe, die nun ihre Arbeit aufnehme. Sie setze sich zusammen aus Vertreterinnen und Vertretern von Kirchenvorstand und Pfarrgemeinderat sowie vom Erzbistum Paderborn. Pfarrer Birwer plant ein Gesamtpaket, das in drei Schritten geschnürt werden soll. Nach dem Auftakttreffen an diesem Mittwoch soll bei einem zweiten Treffen ein Plan vorgelegt werden, der bei einem dritten Treffen abgesegnet werden soll. Lebendige, auch kontroverse Diskussionen seien erwünscht. Umgesetzt werden soll das Ganze dann 2024.
Georg Birwer ist optimistisch, dass der Prozess wie geplant abgeschlossen werden kann. Neben Kritik habe er auch schon viel Zuspruch erhalten. Viele Gläubige merkten: So wie jetzt könne man nicht weiter machen. Der Vorteil von Herne sei, dass viele Menschen auf kleinem Raum zusammenlebten: „Das macht es einfacher.“ Selbst wenn mehrere Kirchen und Gemeindehäuser dichtgemacht würden, so seien die Entfernungen zu anderen keine großen. Einen Rundumschlag plane sowieso niemand: „Wir werden dezent einsteigen, um die Menschen zu gewinnen, mit uns mitzugehen.“
Die „Auftaktveranstaltung: Zukunftsprojekt Immobilien“ der St.-Dionysius-Gemeinde findet statt am Mittwoch, 19. April, um 18.30 Uhr in der St.-Pius-Kirche (Werftstraße 25). Eingeladen sind die Mitglieder der Orts- und Gemeindeausschüsse, die Leitungen der Verbände, Gruppen und Gemeinschaften von St. Dionysius und alle Interessierten.