Herne. Der chinesische Generalkonsul war in Herne zu Gast. Oberbürgermeister Frank Dudda führte ein Vier-Augen-Gespräch. Was dort besprochen wurde.

Der chinesische Generalkonsul Chunguo Du hat dem Herner Oberbürgermeister Frank Dudda einen Antrittsbesuch abgestattet. Von der vor wenigen Jahren noch vorhandenen Jubelstimmung ist nicht mehr viel zu spüren. Auf Nachfrage ist von klaren Ansagen die Rede. Er habe dem Generalkonsul in dem nicht-öffentlichen Vier-Augen-Gespräch klare Haltungen vermittelt, sagt Dudda im Gespräch mit der WAZ.

Große Besorgnis beim Blick auf die Russland-China-Achse

In einer Mitteilung sprach die Stadtverwaltung von einem „äußerst offenen Austausch“. Dudda dazu konkret: „Ich habe ihm gesagt, dass wir mit großer Besorgnis auf die Russland-China-Achse schauen.“ Auch um Taiwan mache er sich angesichts der aktuellen Entwicklung Sorgen. Davon hänge letztlich auch die künftige Partnerschaft mit der Stadt Luzhou ab. „Ich habe ihm berichtet, dass wir die Partnerschaft mit Belgorod auf Eis gelegt haben. Ich habe ihm auch berichtet, dass uns das mit China nicht passieren sollte“, erklärt der Oberbürgermeister.

Der Stadtrat hatte im vergangenen Jahr entschieden, die Partnerschaft mit der russischen Stadt wegen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine ruhen zu lassen. Dudda zu Chunguo Du: „Ich habe ihm deutlich gesagt, dass ich das sehr bedauern würde, wenn wir mit Taiwan eine ähnliche Situation hätten.“

Er habe gegenüber dem Generalkonsul deutsche Positionen vermittelt, aber auch das Gefühl gehabt, gehört worden zu sein, sagt der Oberbürgermeister: „Ich habe aus meiner Sicht gute Auskünfte bekommen.“ Welche genau, darüber sei Stillschweigen vereinbart worden. Den chinesischen Akteuren sei aber bewusst, dass sie sich mehr öffnen müssten.

Besiegelung der Städte-Ehe mit Luzhou vor vier Jahren in Berlin.
Besiegelung der Städte-Ehe mit Luzhou vor vier Jahren in Berlin. © WAZ | Tobias Bolsmann

Themenschwenk von Wirtschaft auf Kultur- und Freizeitbereich

Herne führt die zu Anfang teils euphorisch gefeierte Städtepartnerschaft mit Luzhou seit 2019. Ging man zunächst noch davon aus, dass es zu handfesten wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Herne und der Region kommen würde, sind die Ansprüche mittlerweile etwas zurückgefahren und die Ziele verändert. „Wir suchen Themen im Kultur- und Freizeitbereich“, sagt Dudda. Das passe auch zur Haltung der Bundesregierung, die klare Linien zum China-Kontakt vorgeben wolle.

Über den Kulturaustausch wolle man neues Vertrauen aufbauen. „Der Bundeskanzler hat Recht, dass man den Dialog auf dieser Ebene auf gar keinen Fall einstellen sollte“ sagt Dudda, der selbst bereits nach China reiste. Man wolle den Kontakt trotz der schwierigen politischen Lage nicht einseitig beenden: „Reden ist durch nichts zu ersetzen.“ Alle chinesischen Probleme wie die Uiguren-Verfolgung habe er übrigens nicht angesprochen. „Ich bin nicht der Außenminister oder die Außenministerin.“

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Was bringt Herne die Städtepartnerschaft mit Luzhou?

Welchen messbaren Wert hat die Städtepartnerschaft überhaupt? Der wirtschaftliche Austausch sei da, betont Dudda. Schwing sei ein Unternehmen in Besitz einer chinesischen Stadt. Eicker & Callen pflege Kontakte, und auch zu Pieper suche China wirtschaftliche Nähe. Man habe aus der Partnerstadt in der ersten Phase der Pandemie Masken geliefert bekommen und selbst später geholfen.

Er habe sich mit dem Generalkonsul zum Beispiel über Elektrobusse unterhalten. In der Batterietechnik seien die Chinesen „um Lichtjahre weiter als untere Unternehmen“. Dudda: „Er hat mir angekündigt, dass sie vor dem nächsten Quantensprung stehen.“ Er sehe China als wichtigen Partner im Kampf gegen den Klimawandel. Auch beim geplanten Wasserstoff-Erzeuger sei der Generalkonsul „sattelfest“ gewesen. Dudda wirbt auch gegenüber China für die „grünste Industrieregion der Welt“.

Delegation aus Partnerprovinz kommt Ende April nach Herne

Ende April will sich eine Delegation aus der NRW-Partnerprovinz Sichuan Herne ansehen. Durch die intensiven Beziehungen sei man in Herne als Städtepartner nicht isoliert. Auch der Generalkonsul habe nach und nach mehrere Großstädte besucht.

Dass man mit China Kontakte pflegen müsse, stehe für ihn außer Frage, sagt Dudda. „Wer den Handel mit China in Frage stellt, muss schon an extremen politischen Rändern unterwegs sein.“ Es gebe tausende chinesische Studenten in Deutschland. Man könne nicht nur im eigenen Süppchen kochen: „Ich habe die These, dass eine Stadt wie Herne überhaupt nur Wahrnehmung findet, wenn sie sich international aufstellt.“

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Fähnchen sind Minimalprogramm der diplomatischen Höflichkeit

Der Generalkonsul wurde übrigens mit deutsch-chinesischen Fähnchen im Rathaus begrüßt. Das sei „normale Höflichkeit bei jedem Besucher, der auf der quasi-diplomatisch-kommunalen Ebene“ komme, sagt Dudda. „Wir haben auch andere Möglichkeiten. Darauf habe ich aber verzichtet.“