Herne. Der Uferweg am Rhein-Herne-Kanal ist und bleibt dicht – obwohl dort gar nicht gebaut wird. Die Anwohner sind wütend. Sie erleben Erstaunliches.

  • Der gesperrte Uferweg am Rhein-Herne-Kanal ist und bleibt dicht.
  • Gebaut wird dort allerdings nicht.
  • Anwohnerinnen und Anwohner sind wütend.

Der gesperrte Weg entlang des Rhein-Herne-Kanals in Herne nervt nicht nur die Menschen, die am Kanal Rad fahren, spazieren gehen oder joggen, sondern auch die Anwohnenden. „Das ist ein Drama“, sagt Inge Behring-Meinberger. So wie sie fordern die Nachbarinnen und Nachbarn, dass das zuständige Wasser- und Schifffahrtsamt (Duisburg) endlich handelt.

Wie berichtet, ist der von jährlich Zehntausenden Ausflüglern genutzte Uferweg am Kanal in Höhe der Künstlerzeche Unser Fritz seit Sommer 2021 auf einer Länge von 150 Metern dicht. Das Wasser- und Schifffahrtsamt will dort Arbeiten an den Spundwänden durchführen lassen. Passiert ist aber noch immer nichts. Der Kanaluferweg ist weiterhin frei, nur halt abgesperrt. Immer wieder wurde der Start der Arbeiten verschoben, nun teilte die Stadt Herne mit, dass der Weg wohl mindestens für zweieinhalb weitere Jahre dicht bleibt. Die offizielle Umleitung führt weiträumig durch den Stadtteil.

Herne: Familie ist „total genervt“

Auf einer Länge von rund 150 Metern dicht: der Weg am Kanalufer im Herner Stadtteil Unser Fritz.
Auf einer Länge von rund 150 Metern dicht: der Weg am Kanalufer im Herner Stadtteil Unser Fritz. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Inge Behring-Meinberger lebt mit ihrer Familie in einem Haus am Ende der Straße Zur Künstlerzeche. Ihr Grundstück grenzt direkt an dem Weg. „Die Lage ist ein Träumchen“, sagt sie. Seit die Baustelle eingerichtet wurde, sei die Familie aber „total genervt“. Zu Tausenden stünden Ausflüglerinnen und Ausflügler in jeder Saison plötzlich vor den Absperrungen. Sie zählt die Folgen auf: Radfahrerinnen und Radfahrer reagierten frustriert, manche auch wütend, ja aggressiv. Einige zofften sich sogar untereinander, mit zum Teil wüsten Beschimpfungen. Andere träten „mit Anlauf“ gegen die Absperrungen, bis sich Teile lösten und schmissen diese dann in den Kanal oder in ihren Garten. Und vor allem ignorierten viele die Zäune. Sie hebelten sie auf, kletterten drüber, schlängelten sich vorbei, wuchteten Räder drüber. Immer wieder passierten dabei Unfälle: „Wir helfen dann mit Pflastern und Verbänden, auch den Krankenwagen haben wir schon gerufen.“

„Das alles ist nervenaufreibend“, sagt die 45-Jährige. Nun reiche es. Sie will sich nicht ausmalen, dass der Weg noch zwei weitere Jahre gesperrt ist. So wie die Absperrung aktuell aussehe, lade sie geradezu dazu ein, dass Menschen sie ignorierten. Das müsse endlich ein Ende haben.

+++ Nachrichten aus Herne – Lesen Sie auch: +++

Sauer ist auch Bernd Ulrich Keller. Er wohnt in der Straße Grimberger Feld, die parallel zum Kanal verläuft. Die Umleitung für Radfahrerinnen und Radfahrer sei viel zu weiträumig und schlecht bis gar nicht ausgeschildert dazu, kritisiert er. Folge: Radfahrende von auswärts strandeten oft im Stadtteil, wüssten nicht mehr weiter. Und Radbesitzerinnen und -besitzer aus dem Viertel ließen ihr Rad nun notgedrungen öfter im Keller, müssten aufs Auto umsteigen; sie hätten keine Lust auf lange Umleitungen, erst recht nicht, wenn sie morgens zur Arbeit müssten. Nicht zuletzt berichtet der 58-Jährige, dass Menschen bei ihrer Gassirunde nun den Spielplatz an der Künstlerzeche nutzten – weil der Kanalweg Richtung Gelsenkirchen ja dicht ist.

Fordert eine bessere Ausschilderung der Umleitungsstrecke: Erika Porsch.
Fordert eine bessere Ausschilderung der Umleitungsstrecke: Erika Porsch. © FUNKE Foto Services | MATTHIAS GRABEN

Erika Porsch ist in zweifacher Hinsicht bedient. Sie ist stellvertretende Vorsitzende des Fördervereins Künstlerzeche und leidenschaftliche Walkerin. Seit der Weg gesperrt ist, kämen weniger Menschen zu Veranstaltungen in die Künstlerzeche, klagt sie. Viele Fahrradgruppen, die sonst gerne etwa zu Ausstellungen in die Zeche gekommen seien, blieben nun weg. Auch schauten normalerweise viele Menschen, die am Ufer unterwegs seien, spontan vorbei. Auch das sei abgeebbt. Der Besucherschwund für den Kulturort sei bitter.

Was das Walken angeht: Erika Porsch sei regelmäßig mit SmS, der Gruppe Sport mit Senioren, im Resser Wald unterwegs. Dort verläuft nun die Umleitungsstrecke. Viele Radfahrende, so die 72-Jährige, verirrten sich aber im Wald, weil die Umleitung so schlecht ausgeschildert sei. Sie fordert: Das Duisburger Amt soll den Kanalweg endlich frei machen, bis die Arbeiten beginnen. Und die Umleitung, die müsse vernünftig ausgeschildert werden.

Bernd Gembries kann vieles von dem, was die anderen sagen, unterstreichen. Er berichtet aber noch von einem ganz besonderen Erlebnis. Auch sein Grundstück grenzt direkt an den Kanalweg, und nachdem der Weg gesperrt wurde, habe das Wasser- und Schifffahrtsamt kurzerhand seine Gartenhecke entfernt – ohne jegliche Ankündigung und Erlaubnis. „Die haben alles weggekloppt“, schimpft er. Folge: „Ich hatte hier Tag der offenen Tür.“ Hunde hätten seine Wiese genutzt, Ausflügler seien auf sein Grundstück gekommen. Das Duisburger Amt habe ihm dann Bauzäune aufgestellt. Und nun? Habe sich herausgestellt, dass die Hecke gar nicht hätte entfernt werden müssen, so der 57-Jährige. Im Herbst, so habe ihm das Amt in Aussicht gestellt, wolle es eine neue Hecke für ihn pflanzen. Ob das was wird? Er zweifelt. Noch nicht mal die Bauarbeiten hätten begonnen.

>>> WEITERE INFORMATIONEN: Keine Antwort auf Fragen der WAZ

Warum ist der Weg am Kanal gesperrt? Warum gibt es einen Stillstand? Und: Warum wird der Weg nicht temporär geöffnet?

Diese Fragen (und weitere) hat die WAZ an das Wasser- und Schifffahrtsamt gestellt und um Beantwortung gebeten. Es gab keine Reaktion.