Herne. Für welche Personengruppe die Herner SPD anziehend ist, warum es parteiintern Angriffe auf SPD-Chef Bollmann gibt: die Kolumne „Politgeflüster“.

Die magische Anziehungskraft der Herner Sozialdemokratie, Ärger um eine Wahlempfehlung des SPD-Chefs, Spekulationen über Müntefering & Vogt: die wöchentliche Kolumne „Politgeflüster“ steht diesmal ganz im Zeichen der SPD.

Üblich: Der Parteieintritt nach der Dezernentenwahl

Ist das die Herner Luft, die Attraktivität der Sozialdemokratie oder (wie Genossen-Gegner vielleicht behaupten würden) die Midlife-Crisis? Fakt ist: Die Herner SPD übt eine spezielle Anziehungskraft auf Menschen über 40 aus – so sie denn in der Stadtverwaltung einen Top-Job übernehmen. Wie zuvor schon Baudezernent Karlheinz Friedrichs im Jahr 2011 und Kämmerer Hans Werner Klee 2012 kurz vor bzw. nach ihrer Wahl durch den Rat auf SPD-Vorschlag hat nun auch die am 7. März gewählte Sozial- und Jugenddezernentin Stephanie Jordan ihr Herz für diese Partei entdeckt. Ja, sie werde in die SPD eintreten, erklärte die 43-Jährige in dieser Woche auf Anfrage der WAZ.

Das kann man kritisch sehen, sollte aber wissen, dass die SPD diesen Schritt wohl von den von ihr ins Amt gehobenen Beigeordneten erwartet. Eine nicht unübliche Praxis also, aber es geht auch anders, wie ein Blick nach Gelsenkirchen zeigt. Henriette Reker wurde 2000 unter OB Oliver Wittke (CDU) als Parteilose zur Sozialdezernentin gewählt und hatte auch fortan kein Parteibuch. Schlecht gefahren ist sie damit nicht: Seit 2015 ist Reker Oberbürgermeisterin der Millionenstadt Köln – und heute noch immer parteilos.

Karriere ohne Parteibuch: Henriette Reker war von 2000 bis 2010 Sozialdezernentin in Gelsenkirchen und wurde 2015 zur Oberbürgermeisterin von Köln gewählt. (Archivbild)
Karriere ohne Parteibuch: Henriette Reker war von 2000 bis 2010 Sozialdezernentin in Gelsenkirchen und wurde 2015 zur Oberbürgermeisterin von Köln gewählt. (Archivbild) © WAZ FotoPool | Martin Möller

Schwierig: Eine „Wahlempfehlung“ vom Chef

Kommunikation wird bei SPD-Chef Hendrik Bollmann groß geschrieben. Im Vorfeld der Neuwahl des Parteivorstands am 4. März ist aber etwas so richtig schief gelaufen. Der interne Austausch in Bollmanns Ortsverein Röhlinghausen führte nämlich dazu, dass der WAZ zwei Hinweise mit dem Vorwurf der „Wahlmanipulation“ gegen den Parteivorsitzenden ins Haus flatterten. Darüber hinaus hatte der Vorwurf in der Partei bereits Kreise gezogen haben. Auf den Punkt gebracht: Bollmann habe an Genossinnen und Genossen Empfehlungen abgegeben, welche Kandidatinnen und Kandidaten man besser nicht wählen solle, weil sie persönlich „schwierig“ seien.

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Bollmann wies dies zurück, räumte aber auf Anfrage Kommunikationsprobleme innerhalb seines Ortsvereins Röhlinghausen ein. Seine mündlich gegenüber Ortsvereins-Chef Holger Dressler geäußerte Wahleinschätzung sei von diesem als Wahlempfehlung interpretiert und so auch an einen Teil der Röhlinghauser Delegierten des SPD-Wahlparteitags übermittelt worden. Dressler bestätigte dies gegenüber der WAZ. Ob nun „schwieriger“ Kandidat oder „schwierige“ Kandidatur: Die Genossin und der Genosse, um die es ging, fielen bei der Vorstandswahl letztlich durch.

Spekulativ: Potenzielle Kutschaty-Nachfolger aus Herne

Die NRW-SPD rutscht nach dem Rücktritt Thomas Kutschatys vom Parteivorsitz immer tiefer in die Krise. Und wer soll gegensteuern? Die Herner Sozialdemokratie! Dieses Signal geht zumindest von einigen Medienberichten aus. So wird die Bundestagsabgeordnete Michelle Müntefering im „Kölner Stadtanzeiger“ als mögliche Nachfolgerin an der Spitze der Landespartei gehandelt. Und das Online-Portal „Ruhrbarone“ bringt sogar schon den Landtagsabgeordneten Alexander Vogt als neuen Fraktions-Chef ins Gespräch, obwohl Kutschaty dieses Amt (noch?) inne hat.