Herne. „Your Story Matters“ heißt eine neue digitale Plattform des archäologischen Museums in Herne. Welche Geschichten dort erzählt werden.

Welche Erfahrungen haben Menschen mit Migrationserfahrung in Deutschland gemacht? Welche Geschichten möchten sie erzählen? Die neue digitale Plattform „Your Story Matters“ des Archäologiemuseums in Herne soll es Menschen ermöglichen, ihre persönlichen Geschichten zu erzählen. Wie die Anwendung funktioniert und wie die Idee entstanden ist, erzählen Doreen Mölders, Leiterin des LWL-Museums in Herne, Projektkoordinator Julian Lennartz und Guy Dermossessian, der aus dem Libanon nach Deutschland gekommen ist, im Interview.

Was steckt hinter „Your Story Matters“?

Doreen Mölders: „Your Story Matters“ ist eine digitale Anwendung, in der Menschen ihre Erfahrungen und Geschichten aufschreiben und visualisieren können. Die Plattform ist für alle zugänglich und es kann jeder, der möchte, einen Beitrag verfassen. Die Beiträge drehen sich immer um einen Gegenstand, zu dem dann die persönlichen Geschichten erzählt werden.

Wie ist die Idee entstanden?

Julian Lennartz: Wir wussten von Anfang an, dass wir eine digitale Anwendung entwickeln wollen, die partizipativ ist. Das heißt, dass Besucherinnen und Besucher die Anwendung benutzen und mit Leben füllen sollen. Wir haben uns die Frage gestellt: Wie schaffen wir es, die Perspektiven der Menschen rüberzubringen, so dass es dem Thema angemessen ist? Wir haben einen Beirat gegründet aus Menschen, die hier in Herne und der Umgebung wohnen. Uns war es wichtig, dass wir während des Prozesses deren Perspektive miteinbeziehen.

Wie lief der Prozess bis zur Entstehung von „Your Story Matters“?

Julian Lennartz: Im August haben wir an zwei Tagen einen Workshop vor Ort gemacht. Da ging es dann darum, wie die Anwendung aussehen und aufgebaut sein soll und welche Funktionen unbedingt drin sein müssen, damit die Leute die Möglichkeit haben, ihr Perspektive zu teilen, sodass ihre Stimme und Aussagen im Vordergrund stehen. Aus den ersten Ideen wurde dann ein Prototyp entwickelt.

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Herr Dermossessian, Sie haben Ihre Migrations-Erfahrungen als einer der ersten in der Anwendung aufgeschrieben. Wie war das für Sie?

Guy Dermossessian: Ich bin nicht in Deutschland aufgewachsen, sondern in Beirut. Dort bin ich zu einer Zeit aufgewachsen, in der Krieg herrschte - da gab es nur ein Museum. Museumserfahrung habe ich erst in Deutschland gemacht. Am Anfang hat es mich wenig nachhaltig interessiert und ich habe mich gefragt, wo komme ich eigentlich darin vor?

Was war dann Ihr erster Eindruck von der Anwendung?

Dermossessian: Im Herbst gab es eine erste Testphase. Mein erster Eindruck war, dass ich die Seite sowohl grafisch als auch von der Erfahrung der Nutzerinnen und Nutzer wertschätzend finde. Irgendwann kam ich in die Verschriftlichung meines Beitrags. Für mich war die Idee sehr interessant, allein zu sein in einem Raum, in dem mir keiner Fragen stellt und in dem ich kein Machtgefälle spüre.

Was thematisieren Sie in Ihrem Beitrag?

Dermossessian: Ich bin DJ und verorte mich eher in der Musik und wollte aus einer musikalischen Perspektive eine Story erzählen und über das Erinnern sprechen. Ich stelle dort ein Musikalbum eines libanesischen Komponisten vor. Dabei ist mir eingefallen, dass mir mein Vater damals das Album in einer sehr friedlichen Situation ausgehändigt hat. Wenn es ein Objekt gibt, das für mich die Erinnerung an sowohl mein Leben davor aber auch eine Kontinuität verkörpert, dann ist es dieses Album.

Vor wie vielen Jahren sind Sie aus dem Libanon nach Deutschland gekommen?

Dermossessian: Vor 20 Jahren. Inzwischen wohne ich in Bochum und habe zwei Kinder.

Wie soll es mit der Anwendung weitergehen?

Doreen Mölders: Die Website ist jetzt online und zum Ende des Jahres ist geplant, dass sie auch ein Teil der Dauerausstellung im Museum werden soll. Das passt so wunderbar, weil wir in der Archäologie immer mit der Schwierigkeit umgehen müssen, zwar Objekte zu haben, nicht aber die Geschichten dazu. Es gibt so viele Objekte und so viele unterschiedliche Geschichten. In der Ausstellung wollen wir Migration als wesentlichen Teil der Menschheitsgeschichte darstellen. Die Anwendung Your Story Matters soll zeigen, wie Menschen Migration heute erleben und welche Erfahrungen sie machen.

>>>WEITERE INFORMATIONEN:

  • Guy Dermossessians Gedanken zu dem Musikalbum und noch weitere Geschichten gibt es auf der Website https://your-story-matters.de
  • Den digitalen Raum gestalten die Nutzerinnen und Nutzer individuell: Sie bestimmen ihren Raumtitel, laden ein Hintergrundbild hoch und scannen deinen einen QR-Code. Dieser Code verbindet den Computer mit dem Smartphone, mit dem dann die gewählten Objekte fotografiert werden. Durch eine spezielle Software werden die Fotos zugeschnitten und in den digitalen Raum überführt. Dort können die Objekt-Abbilder nach Belieben angeordnet und mit Texten, Videos und Audios versehen werden.