Wanne-Eickel. Albrecht Corduan (66) transportiert Sack um Sack Holz-Hackschnitzel vom Cranger Kirmesplatz ab. Die „Nachlese“ hat Tradition in Corduans Familie.
Noch ist genug da. Albrecht Corduan holt weit aus mit der Mistgabel und sticht tief hinein in den Haufen mit dem Holzhack. Der Wanne-Eickeler macht sich die Säcke voll mit kleinen Schnitzeln vom Kirmesplatz. „Ich mache zwei Fuhren am Tag“, sagt der 66-Jährige. Der Bodenbelag vom Cranger Weihnachtszauber findet jetzt Wiederverwendung in Corduans Garten. Die Veranstalter des Cranger Weihnachtszaubers hatten erlaubt, dass sich jeder mitnehmen darf, was er will.
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„Kirmesnachlese“ hat Tradition in der Familie von Albrecht Corduan
Für den früheren Bäcker ist es eine Ehre, den letzten Rest vom Fest zusammenzukehren. „Unser Vater hat früher immer gesagt, wir machen Kirmesnachlese.“ Nach der Cranger Kirmes im Sommer sei schon immer viel zu finden gewesen. Die Schausteller seien weitergereist, Vorräte seien auf dem Kirmesplatz zurückgeblieben. „Wir haben früher schon Brötchen für die Mini-Schweine geholt. Oder palettenweise Champignons.“
Der Holzhack vom Weihnachtszauber sei in diesem Jahr nasser als in den Vorjahren. Von der ursprünglichen Farbe ist kaum noch etwas zu erkennen. Die Holzstückchen sind schlammgetränkt. Die Veranstalter hatten mehrfach nachkippen müssen, damit die Besucher keine allzu nassen Füße bekommen. Und zwischen den Schnitzeln liegen auch noch Kunststoffteilchen, zerborstene Christbaumkugeln, Eintrittskarten und was die Menschen sonst noch auf dem Weihnachtszauber verloren haben. „Man muss das natürlich noch sortieren“, sagt Albrecht Corduan. Dafür sei es aber ja kostenlos zu haben.
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Schnitzel kommen in den Garten – damit das Gras nicht durchwächst
Die Säcke landen nach und nach in dem kleinen VW-Up – unschwer zu erkennen am riesigen Wanne-Eickel-Schriftzug auf der Seite. „Der hat keine Rückbank“, erklärt der Hobby-Gärtner. Zu Hause werden die Schnitzel im Garten ausgekippt, sagt Corduan. Er müsse dann für viele Monate keinen Rasen mähen und Unkraut zupfen. „Ich lasse alles wachsen. Bei mir werden die Apfelbäume nicht beschnitten. Die dürfen noch ein richtiger Baum sein.“ Und einmal gereinigt, seien die Hackschnitzel auch für die Vögel ein wahres Vergnügen zum Picken.
Albrecht Corduan nutzt die Zeit als Rentner. Er arbeite noch ehrenamtlich im Tierheim. Und es sei eben auch Zeit, sich Holzschnitzel zusammenzuklauben. Die WAZ berichtete schon mal über den Sammler, der vor seinem Haus an der Eisenstraße in Röhlinghausen seinem Onkel und Bergmann Hans Jambor ein lebensgroßes Denkmal setzte – im Garten jede Menge Relikte, die an die Bergbauvergangenheit der Familie erinnern.
Von Südoldenburg nach Crange: Die Mistgabel stammt vom Großvater
Die Mistgabel alleine hat Geschichte. Sie sei ein Erbstück vom Großvater aus Südoldenburg. In Fladderlohausen, da habe sie schon im Feld gesteckt, und jetzt schaufelt der Enkel damit auf Crange. Man kommt rum als Mistgabel.
Albrecht Corduan schaut gerne auf dem Cranger Friedhof vorbei – da liegen viele Verwandte begraben. In Blick- und Hörweite zur Cranger Kirmes ist das quasi Ehrensache für die Familie, die Cranger Kirmestradition pflegt. Wenn die Kirmes im Sommer starte, sei er jeden Tag einmal da, sagt der Rentner. „Als Kinder hatten mein Bruder und ich beide Masern. Seitdem war es für mich ein Alptraum, dass Kirmes ist und ich nicht hindarf.“
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Vom Weihnachtszauber möge er am liebsten die Holzschnitzel. Wegen Corona sei er immer noch vorsichtig gewesen, habe sich den Trubel nicht näher angeschaut. Aber er finde es gut, dass der Platz auch außerhalb der Kirmes genutzt werde. Dafür sei er doch auch gedacht. „Es ist doch das ganze restliche Jahr hier so ruhig.“