Herne. Seit Jahren ist das Shoah-Mahnmal verhüllt, weil der Schutz-Mechanismus nicht funktioniert. Jetzt hat die Stadt Herne ein System gefunden.
An diesem Freitag, 27. Januar, ist Holocaust-Gedenktag. Eigens für diesen Tag werden die Schutztore des Shoah-Mahnmals in Herne wieder aufwendig zur Seite geschoben, damit die Betonwand mit den Namen der jüdischen Nazi-Opfer aus Herne zu sehen ist. An anderen Tagen bleibt die Wand verhüllt, weil das System, das die Tore trägt, nicht funktioniert. Nach jahrelangen Pleiten, Pech und Pannen habe die Verwaltung jetzt ein Konzept, das die Tore trägt, sagt Karla Fürtges vom Gebäude-Management der Stadt. Sie hofft, dass die Arbeiten im kommenden Jahr abgeschlossen werden können – vielleicht bereits zum Holocaust-Gedenktag am 27. Januar 2024.
Die Schutztore wurden nötig, weil das 2010 eröffnete Shoah-Mahnmal mehrfach von Unbekannten beschädigt wurde. Farbbeutel und Kleber wurden gegen die gelb-eingefärbte Betonwand geworfen, auf denen 401 Okulare aus Glas angebracht sind. Sie tragen Namen, Geburts- und Todesdaten der Nazi-Opfer. Nach den Schändungen wurde das Mahnmal 2014 zunächst provisorisch mit Holz verkleidet. Die Idee für die Zukunft: Vier Tore aus Bronze-Platten – zwei vorne und zwei hinten – sollten das Monument künftig in der Nacht schützen. Die Platten sollten per Knopfdruck bewegt werden. Die Werkstatt, die die Schiebe-Konstruktion baute, war dem Auftrag aber nicht gewachsen. Ihr System funktionierte nicht, immer wieder gingen Aufhängungen, Lager und Räder kaputt. Die Stadt zog schließlich die Reißleine und ließ die Tore vor der Betonplatte stehen. Da sind sie nun seit drei Jahren, geöffnet werden sie nur zu besonderen Anlässen per Hand.
Herne: Neue Konstruktionsvariante wird der Politik vorgestellt
Die Stadt, betont Karla Fürtges, sei aber nicht untätig gewesen. Im Gegenteil: Neue Konzepte seien mit den Beteiligten – darunter Firmen und Mahnmal-Schöpfer – diskutiert worden, zuletzt hatte man sich dann auf einen Träger in der Breite der Schutztore verständigt, der oben am Mahnmal angebracht werden sollte und an dem die tonnenschweren Tore aufgehängt und bewegt werden. Bislang gibt es Schienen nur unten. Ein Gutachter aber habe auch dieses System für nicht tauglich befunden.
Nun also der nächste Anlauf, und die Stadt zeigt sich zuversichtlich, dass dies wirklich der letzte ist. Entwickelt worden sei eine „neue Konstruktionsvariante“, um die Tore zu bewegen, sagt Karla Fürtges, die Leiterin des städtischen Fachbereichs Gebäudemanagement, zur WAZ. Bevor noch im Frühjahr die Politik informiert und ihr die Pläne zur Abstimmung vorgelegt werden, will sie noch keine Einzelheiten verraten. Nur so viel: Schienen, Träger und Rollen stehen auch diesmal im Mittelpunkt.
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Das neue System habe bereits grünes Licht von einem Gutachter bekommen, trotzdem werde es auch noch von einem Ingenieurbüro geprüft. Hat auch dieses keine Bedenken, dann könnten die Arbeiten beginnen. Auch die Wuppertaler Industriedesigner Winfried Venne und Gabriele Graffunder, die das Shoah-Mahnmal entworfen und seinerzeit den bundesweiten Ideenwettbewerb gewonnen hatten, seien einverstanden mit der „künstlerischen Erweiterung“ ihres Mahnmals.
Aufwendig seien die Arbeiten für das geplante Schutzsystem nicht. Dennoch: „Es wäre vermessen, jetzt einen Zeitpunkt für die Fertigstellung zu nennen“, sagt Karla Fürtges mit Blick auf die sehr lange Vorgeschichte. Auch erinnert sie daran, dass alles, was an Technik verbaut werde, eine Einzelanfertigung sei, die es so noch nicht gebe. Dennoch lehnt sie sich leicht aus dem Fenster: Wenn Gutachter und Politik zustimmen, könnte das „neue“ Shoah-Mahnmal 2024 fertig sein. Genau zehn Jahre wäre die Betonplatte dann verhüllt.
>>> WEITERE INFORMATIONEN: Holocaust-Gedenktag
Am 27. Januar 1945 wurde das Konzentrationslager Auschwitz befreit. Seit 1996 ist der 27. Januar der bundesweite Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus. Bei der Herner Gedenkveranstaltung am Freitag, 27. Januar, 12 Uhr, erinnert die Stadt Herne an die Opfer des Nationalsozialismus. Beginn ist im Kulturzentrum auf dem Willi-Pohlmann-Platz, beendet wird sie am benachbarten Shoah-Mahnmal. Bürgerinnen und Bürger sind dazu eingeladen.
Schülerinnen und Schüler des Otto-Hahn-Gymnasiums sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Integrationsagentur ZIVA (Zusammen für Integration und Vielfalt, gegen Antisemitismus) der jüdischen Gemeinde Bochum-Herne-Hattingen präsentieren Beiträge, teilt die Stadt mit. Zum Abschluss werden am Shoah-Mahnmal Gebete gesprochen. Es tragen vor: Aaron Naor (Jüdische Gemeinde Bochum-Herne-Hattingen), Superintendentin Claudia Reifenberger (Evangelischer Kirchenkreis Herne) und Dechant Ludger Plümpe (Katholisches Dekanat Emschertal).