Bochum/Herne. Im Herner Kindermord-Prozess halten die Richter die „Geständnisse“ der Mutter für wertlos: Sie seien von Ermittlerinnen angestoßen worden.
Neue Verlängerung im Kindermord-Prozess gegen eine dreifache Mutter (33) aus Herne: Das Bochumer Schwurgericht hat vier weitere Verhandlungstage bis zum 6. März anberaumt. Hintergrund dafür sind Signale der Richter, dass sie aktuell nicht von einer Mord-Verurteilung ausgehen. Die Geständnisse der Hernerin gegenüber zwei verdeckten Ermittlerinnen hält das Gericht für „nicht verwertbar“.
Die Staatsanwaltschaft will mit Blick darauf weitere Zeugen – vor allem aus dem privaten Umfeld der Angeklagten – hören, um die Doppelmord-Anklage zu stützen. Die Richter gehen nach vorläufiger Würdigung der Beweisaufnahme davon aus, dass die Angeklagte mit Blick auf die 2011 und 2012 verstorbenen Kinder allenfalls mit einer Verurteilung wegen Totschlags zu rechnen hat.
Auch weitere Zeugenvernehmungen versprächen keine weitere Sachaufklärung in Bezug auf die Motive zur Tötung der zwei Kinder, hieß es. Zu der Rolle der verdeckten Ermittlerinnen („Katja“ und „Suse“) erklärte das Gericht am Donnerstag, 19. Januar, dass Erkenntnisse aus den – zwei LKA-Beamtinnen gegenüber abgelegten – Geständnissen der Angeklagten „nicht verwertbar“ sind. So soll es während der nur unter sehr engen Grenzen zulässigen, ermittlungstaktischem Maßnahme zu Formfehlern gekommen sein.
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Im März 2022 soll die Hernerin den zwei LKA-Beamtinnen die Tötungen ihrer zwei Kinder anvertraut haben. Die wichtigsten Zeuginnen der Doppelmord-Anklage waren zuletzt nicht-öffentlich vernommen worden. Den Ermittlerinnen „Katja“ und „Suse“ soll es gelungen sein, durch frei erfundene, eigene „Geheimnisse“ das Mitteilungsbedürfnis der Hernerin zu wecken. So soll „Katja“ beispielsweise von einem gewalttätigen Freund berichtet haben, den sie die Treppe heruntergeschubst habe – mit tödlichen Folgen. Herausgekommen das nie. „Suse“ hingegen soll der Herner Mutter anvertraut haben, dass sie ihr eigenes Baby vor Jahren zu Tode geschüttelt habe. Die Polizei habe ihr damals abgenommen, dass das Schütteln ein Reflex gewesen sei.
Die Angeklagte soll 2011 und 2012 zwei Kinder erstickt haben, 2018 einen Tötungsversuch bei ihrem dritten Kind verübt haben. Laut Staatsanwaltschaft standen die drei Jungen ihrer Lebensgestaltung im Wege. Die Todesfälle galten lange als ungeklärt. Ein Rechtsmedizin-Professor stützte am Donnerstag die Annahme von Tötungsdelikten. Drei ähnliche Vorfälle mit Kindern (zwei davon tödlich) innerhalb einer Familie mit biologisch-identischen Eltern rechtfertigten „höchstes Misstrauen“. Auch ohne objektive Befunde für Tötungshandlungen gebe es rechtsmedizinisch eine Option, die alles erkläre: Ein Er- beziehungsweise „Anersticken“ mit einer weichen Bedeckung „würde hier bei allen drei Kindern alles erklären.“