Herne. Kindesmissbrauch, ein vorbestrafter Babysitter und vergiftete Pralinen: Im Herner Kindermord-Prozess geraten immer neue Details ans Licht.

Der Kindermord-Prozess gegen eine dreifache Mutter (33) aus Herne steuert auf die Endphase zu. Stand jetzt: sieht das Bochumer Schwurgericht keine Notwendigkeit mehr, weitere Zeugen zur Aufklärung der Motive bei den mutmaßlichen Tötungen zweier Kinder vor mehr als zehn Jahren zu vernehmen.

Mit Blick auf das dritte Kind wurden weitere beklemmende Details bekannt. Der heute sieben Jahre alte Junge war im Februar 2021 vom Herner Jugendamt in Obhut genommen worden. Eine Ärztin hatte vor zwei Monaten im Prozess von einem Kleinkind in einem eklatant schlechten Gesundheitszustand berichtet. Untersuchungen hatten einen dringenden Verdacht auf schweren sexuellen Missbrauch ergeben.

Kindermord-Prozess: Babysitter hütete für 40 Euro den Jungen die ganze Nacht

Als mutmaßlicher Täter steht ein Babysitter unter Verdacht. Eine Sozialarbeiterin, die die Hernerin und den Jungen regelmäßig aufgesucht hatte, erinnerte sich als Zeugin, dass sie extrem irritiert gewesen sei, als sie im Januar 2021 von dem Babysitter erfahren habe. Die Mutter habe ihr erzählt, dass sie den Mann über Ebay Kleinanzeigen engagiert habe, sie ihn nur beim Vornamen kenne und er für 40 Euro auch mal ganze Nächte den Jungen hüte. „Ich habe ihr gesagt, dass ich es besorgniserregend finde. Sie hat das aber nicht als Problem gesehen“, erinnerte sich die Sozialarbeiterin. „Sie sagte, dass er gerne mit Kindern zusammen ist.“

Kindermord-Prozess: So haben wir bisher berichtet:

Später ausgewerteten Chats zufolge soll es sogar Pläne gegeben haben, dass der Babysitter während eines zehntägigen Urlaubs der Herner Mutter mit ihrem Freund für 250 Euro auf den Jungen aufpassen sollte. Auch kam heraus, dass der Mann bereits wegen sexuellen Missbrauchs vorbestraft ist. Der von der Hernerin getrennt lebende Vater des Jungen soll über die Babysitter-Diskussion extrem wütend gewesen sein. Der Sozialarbeiterin hatte die Angeklagte mal von vergifteten Pralinen in ihrem Fahrradkorb, mal von einer toten Ratte im Briefkasten berichtet. „Sie hatte Angst, dass der Vater wegen des Sorgerechts einen Aufstand macht“, hieß es.

Die Mutter aus Herne soll 2011 und 2021 zwei Kinder erstickt haben, 2018 einen Tötungsversuch bei ihrem dritten Kind verübt haben. Laut Anklage standen die drei Jungen ihrer Feierlust im Wege. Eine Kinderärztin hatte 2018 Nach-Ermittlungen zu den bis dahin als ungeklärt geltenden Todesfällen angestoßen. Im März 2022 soll die Mutter zwei verdeckten Ermittlerinnen die Tötungen ihrer zwei Kinder anvertraut haben. Die wohl entscheidenden Zeuginnen der Doppelmord-Anklage waren zuletzt per Videoübertragung und nicht-öffentlich vernommen worden. Stand jetzt könnten am 6. Februar die Schlussvorträge gehalten und am 8. Februar ein Urteil verkündet werden.