Herne. Martin Krause, lange DRK-Chef in Herne, ist zur Stadt gewechselt. Im Interview zieht er Bilanz – und spricht auch über einen Dauerkrisenmodus.

In den vergangenen Jahren war Martin Krause Geschäftsführer des DRK-Kreisverbands Herne/Wanne-Eickel. Zum 1. November ist er zur Stadt Herne gewechselt und verantwortet dort nun den Fachbereich Personal und Zentraler Service. Im Interview mit WAZ-Redakteur Tobias Bolsmann erläutert der 48-Jährige, wie er auf die Zeit beim DRK blickt und was die Schwerpunkte seiner neuen Aufgabe sind.

Herr Krause, Sie sind seit 2013 Geschäftsführer des DRK-Kreisverbands, da kam die Nachricht, dass Sie zur Stadt wechseln, überraschend. Was waren für Sie die Beweggründe für den Wechsel?

Krause: Ich hatte mich schon seit längerer Zeit mit dem Gedanken befasst, mich beruflich zu verändern. Bedingt durch Corona hatte ich in den vergangenen drei Jahren Kontakte zu verschiedenen Fachbereichen der Stadt. Als ich dann zu Jahresbeginn die Stellenausschreibung mit den Aufgaben gesehen habe, hat mich das sofort gereizt.

Wenn man so einen Schritt geht, zieht man immer auch ein Fazit. Wie blicken Sie auf Ihre Zeit beim DRK?

Ich bin ja schon seit 1993 im DRK tätig, damals noch ehrenamtlich. Ab 2011 war ich im Vorstand und ab 2013 Geschäftsführer. Diese Zeit war für mich wertvoll und prägend, aber gerade die Coronazeit war eine Zeit vieler Herausforderungen. Der Wechsel war keine Entscheidung gegen das DRK, sondern eine bewusste Entscheidung, um mich weiterzuentwickeln. Ich glaube, ich habe den DRK-Kreisverband mitgeprägt in den vergangenen Jahren. Ich bin natürlich noch Mitglied und habe nach wie vor Kontakt zu verschiedenen Personen beim DRK. Ich schaue mit einem Auge noch darauf, wie sich der Verband weiterentwickelt. Nach 30 Jahren schließe ich nicht einfach eine Tür hinter mir und sage: Das war es jetzt.

Inwiefern haben Sie das DRK geprägt?

Der Verband war durch meine Vorgängerin Magdalene Sonnenschein schon weit entwickelt mit Schwerpunkt in der Pflege. Es ging aber auch darum, die Einrichtungen wirtschaftlich zu stabilisieren und zukunftsfähig auszurichten. Der Fachkräftemangel, über den heute gesprochen wird, hat uns schon vor zehn Jahren beschäftigt.

Musste wegen Corona schnell in den Krisenmodus wechseln: Martin Krause, hier mit Jennifer Metzlaff (Koordinierende Covid-Impfeinheit) und Oberbürgermeister Frank Dudda bei der Vorstellung des stationäre Covid-Impfangebots im City-Center.
Musste wegen Corona schnell in den Krisenmodus wechseln: Martin Krause, hier mit Jennifer Metzlaff (Koordinierende Covid-Impfeinheit) und Oberbürgermeister Frank Dudda bei der Vorstellung des stationäre Covid-Impfangebots im City-Center. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Wenn Sie noch einmal auf Corona blicken: Wie groß war die Belastung, im Dauerkrisenmodus zu arbeiten?

Ich erinnere mich noch gut an den Januar 2020, als von einem Virus aus Asien die Rede war. Und wir haben alle gedacht: Das hatten wir schon, in acht Wochen ist der Spuk vorbei. Dann mussten wir aber sehr schnell in den Krisenmodus wechseln: Es gab die Lockdowns, als es noch keine Schnelltests und Impfungen gab. Wir haben viele unschöne Momente erlebt: Ausbrüche in den Einrichtungen, Angehörige, die nicht zu den Bewohnern unserer Heime durften, mehrere Corona-Wellen und leider auch Todesfälle. Der Beginn der Impfkampagne war ein erstes Zeichen der Hoffnung. Wenn ich die Zeit als Geschäftsführer beim DRK betrachte, gab es eine Zeit vor Corona und die Zeit der Pandemie, die viele Dinge auf den Kopf gestellt hat.

Spielte für Sie beim Wechsel auch der Gedanke eine Rolle, mal aus dem Krisenmodus herauszukommen?

Nein, ich bin es gewohnt, viel und intensiv zu arbeiten. Aber ich gehe davon aus, dass ich das auch bei der Stadt machen werde. Und wenn ich auf die Welt schaue, will ich nicht ausschließen, dass ich auch bei der Stadt mit Krisenmanagement zu tun habe. Das habe ich bei den Sitzungen des Corona-Krisenstabs der Stadt Herne als Vertreter des DRK ja auch schon erlebt.

Nachrichten aus Herne – Lesen Sie auch

Das DRK hat während der Coronazeit viele organisatorische Dinge geleistet, etwa die Koordination des Impfzentrums, auch bei der Flüchtlingskrise 2015 war das DRK involviert. Waren diese Krisen in gewisser Weise eine Vorbereitung auf die Position bei der Stadt?

Es gab in dieser Zeit zwar eine Reihe von Schnittstellen zur Herner Stadtverwaltung, dennoch sind die Unterschiede schon vorhanden. Ich sehe eher eine Intensivierung von Themenfeldern, sei es die Digitalisierung der Arbeitswelt oder die Suche und das Halten von Fachkräften.

Würden Sie sich als Organisationstalent bezeichnen?

Ich würde mich eher als jemanden sehen, der Dinge anstößt. Die Umsetzung kann aber nur im Team gelingen, niemals allein. So sehe ich auch meine Rolle bei der Stadt. Man muss gemeinsam in eine Richtung schauen und zusammen Ideen entwickeln. Das nehme ich aus meiner alten Position mit.

Seit knapp 30 Jahren ist Martin Krause (l.) beim DRK, hier ein Bild aus 2009 mit Thomas Jarolin (Mitte) und Marco Diesing, dem heutigen Chef der Herner Feuerwehr.
Seit knapp 30 Jahren ist Martin Krause (l.) beim DRK, hier ein Bild aus 2009 mit Thomas Jarolin (Mitte) und Marco Diesing, dem heutigen Chef der Herner Feuerwehr. © WAZ | Wolfgang

Der DRK-Kreisverband ist deutlich kleiner als die Herner Stadtverwaltung...

… das stimmt. Das DRK hat rund 450 Mitarbeiter. Zum Fachbereich, den ich bei der Stadt leite, gehören rund 170 Personen. Aber dieser erbringt zentrale Aufgaben für die gesamte Stadtverwaltung, also für ungefähr 3000 Mitarbeitende. Damit wird meine Aufgabe deutlich vielfältiger, weil es zahlreiche Fachbereiche und zahlreiche Ansprechpartner gibt. Dazu gehören auch Themenfelder, mit denen ich bislang noch nicht so viele Berührungspunkte gehabt habe. Deshalb ist es so spannend, die Dinge bei der Stadt mitzugestalten.

Wo sehen Sie Schwerpunkte Ihrer Arbeit?

Sicher bei der Personalgewinnung und dem Binden von Mitarbeitenden. Inzwischen können wir auch nicht mehr von Fachkräftemangel, sondern müssen von Personalmangel sprechen. Wir stehen im Wettbewerb mit anderen Arbeitgebern und müssen mit den begrenzten finanziellen Mitteln der Stadt versuchen, die besten Kräfte für uns zu begeistern. Das ist eine wichtige Aufgabe. Ein Weg dahin ist eine gutes Ausbildungsangebot, und da sehe ich uns breit aufgestellt.

Sie kommen als Quereinsteiger in eine städtische Verwaltung. Wie groß ist dieser Schritt?

Quereinsteiger sind in der Arbeitswelt zunehmend normal und für eine Organisation wie eine Stadtverwaltung eine wichtige Ergänzung, weil man sich so gegenseitig Impulse geben kann. Ich habe jetzt in den ersten Wochen den Fachbereich kennengelernt, habe mich aber auch schon mit Haushaltsplanung beschäftigt, weil der Personaletat ein wesentlicher Teil des Haushalts ist. Ich glaube, ich muss ein komplettes Verwaltungsjahr absolviert haben, um richtig angekommen zu sein und fachlich vertieft zu kennen. Positiv ist dabei natürlich, dass mein Vorgänger noch im Dienst ist und mich gut einarbeitet.

>>> ZUR PERSON: Promovierter Biologe

• Martin Krause ist gebürtiger Wanne-Eickeler. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder.

• Der promovierte Biologe Krause folge auf Karl-Heinz Harbott, der in den Ruhestand gegangen ist und den Fachbereich seit 2019 geleitet hatte.