Herne. Brot und Obst statt kalter Pommes zum Frühstück: Das Projekt „Brotzeit“ soll Kindern vorm Unterricht den Hunger nehmen. Wo es in Herne startet.
Kinder, die mit hungrigem Magen im Unterricht sitzen, sind an der Freiherr-vom-Stein-Grundschule keine Seltenheit. Das soll nun ein Ende haben. Ab Montag nimmt die Schule als erste in Herne an dem Projekt „Brotzeit“ teil, bei dem den Schülerinnen und Schülern vor dem Unterricht ein kostenloses Frühstück angeboten wird. Im Dezember wird auch die Max-Wiethoff-Grundschule folgen; die Claudiusschule und die Grundschule Kunterbunt sind ebenfalls im Förderprogramm aufgenommen, die genauen Starttermine stehen hier aber noch nicht fest. Auch weitere Grundschulen aus Herne haben sich bereits für das Projekt beworben.
„Kinder kommen ohne Frühstück in die Schule oder haben ein trockenes Toastbrot dabei“, erzählt Petra Schachner, kommissarische Schulleiterin an der Freiherr-vom-Stein-Grundschule, aus dem Schulalltag. „Das Schlimmste, was ich bisher gesehen habe, waren kalte Pommes vom Vortag in der Brotdose.“ Damit kein Kind mehr hungrig in den Unterricht starten muss, wird es ab diesem Montag jeden Morgen zwischen 7.15 Uhr bis zum Unterrichtsbeginn ein Frühstücksbuffet in der Mensa geben. Jedes Kind kann ohne vorherige Anmeldung vorbeikommen und kostenlos und nach Herzenslust essen. Einzige Regel: Es darf nichts mitgenommen werden.
Herne: Keine Zeit oder kein Geld fürs Frühstück
Noah sitzt mit seinen Freunden an einem der runden Tische in der Mensa und isst gerade Cornflakes mit Milch. „Davor habe ich Brot mit Obst gegessen“, sagt der Sechsjährige. Dabei strahlt er übers ganze Gesicht. Zwar habe er auch schon zu Hause gefrühstückt, aber gemeinsam mit den Freunden mache das Essen viel mehr Spaß. In der Woche vorm offiziellen Start der Brotzeit hat die Schule ein Klassenfrühstück für jede Klasse während der Schulzeit organisiert. So sollen die Kinder das neue Angebot kennenlernen. Noah hat es gefallen und er möchte künftig auch vorm Unterricht vorbeischauen.
„Wir sind eine Schule mit einem hohen Sozialindex“, sagt Petra Schachner. „Die Kinder haben es dringend nötig.“ Manche würden sonst den ganzen Vormittag überhaupt nichts essen. Claudia Stappert, Regionalleitung Nord bei der Brotzeit, betont aber auch, dass nicht nur bedürftige Kinder oft mit hungrigem Magen zur Schule gingen. „Es kann auch sein, dass beide Eltern berufstätig sind und deshalb wenig Zeit fürs Frühstück bleibt.“ Außerdem zeige die Erfahrung von anderen Schulen: „Man merkt immer einen Unterschied zwischen Anfang und Ende des Monats. Am Ende steigen die Zahlen der Kinder, die zu uns kommen, erfahrungsgemäß“, so Stappert.
Land NRW fördert das Projekt derzeit
Derzeit wird das Projekt über Fördergelder des Landes NRW finanziert. Aber sollte die Landesförderung nicht fortgesetzt werden, würde es über das „normale“ Brotzeit-Programm weiterlaufen, betont Claudia Stappert von Brotzeit. „Unser Fokus ist, dass das Angebot verlässlich und beständig ist“. Es gebe Schulen, die seit 13 Jahren das Frühstück anbieten.
Mit an Bord sind dabei in Wanne-Eickel auch insgesamt sieben Frühstückshelferinnen, die sich auf eine Anzeige hin beworben haben. Sie kommen abwechselnd von 7 bis 9 Uhr und bereiten das Essen vor und sind für die Kinder da. Eine von ihnen ist Sybille Strohwald. „Ich finde das Projekt sehr gut“, sagt die ehemalige Tagesmutter. „Wenn Eltern zum Beispiel früh arbeiten müssen, können die Kinder schon hierhin kommen“, sagt die 61. Für sie sei dies eine schöne neue Aufgabe.
Schulen in Herne – Lesen Sie auch:
- Herne: Sorge um Projekt „Extra-Zeit“ fürs Lernen
- Herne: Acht Grundschulen mit mehr Anmeldungen als Plätzen
- An welcher Herner Grundschule es wie viele OGS-Plätze gibt
Und auch die Wanne-Eickelerin Andrea Emrich ist eine der Brotzeit-Helferinnen. Sie arbeitet auch in der OGS an der Kolibrischule und hat dort häufig beobachtet: „So viele Kinder haben bis mittags nichts gegessen und sind sehr hungrig. Da bekommt man Gänsehaut.“ Für die 52-Jährige gehe es bei „Brotzeit“ nicht allein darum, den Kindern mit gefüllten Mägen bessere Lernvoraussetzungen zu schaffen. „Der Tag soll für die Kinder einfach schön anfangen – mit einem gemeinsamen Frühstück mit anderen Kindern.“
>>>WEITERE INFORMATIONEN: Weitere Frühstückshelfer gesucht
- Um auch weiteren Schulen in Herne und Wanne-Eickel eine Teilnahme an der Brotzeit zu ermöglichen, werden Frühstückshelfer gesucht. Angesprochen sind vor allem Senioren ab etwa 55 Jahren, die Zeit haben, eine hohe Sozialkompetenz und ein offenes Ohr. Sie wären an einzelnen Vormittagen zwischen 7 und 9 Uhr im Einsatz. Die Frühstücksausgabe ist eine ehrenamtliche Tätigkeit, für die es jedoch eine Aufwandsentschädigung gibt.
- Bei „Brotzeit“ geht es darum, Kindern Brot und Zeit vor Schulbeginn zu geben. Der Verein wurde 2009 auf Initiative von Schauspielerin Uschi Glas gegründet. Neben privaten und öffentlichen finanziellen Unterstützern, spendet Lidl die Lebensmittel für die Schulen.
- Kontakt: Anne-Christine Gordes, Telefon: 0176/57828058, Email: gordes@brotzeit.schule. Weitere Informationen: www.brotzeitfuerkinder.com