Herne. Das neue Gaskraftwerk in Herne läuft seit einem Monat im Regelbetrieb. Gas gespart wird nicht. Die Produktion läuft, wenn es sich lohnt.
Einen Monat nach der offiziellen Inbetriebnahme läuft das neue Gas- und Dampfkraftwerk (GuD) in Hernejetzt im Regelbetrieb. Betreiber Steag sieht den Betrieb des Gaskraftwerkes Baukau trotz der Krise gesichert, selbst wenn Gas knapper würde. Die Steag kann von Baukau aus 275.000 Haushalte mit Fernwärme versorgen, das Kraftwerk dient aber aktuell vor allem als Stromlieferant.
+++ Auch interessant: Was der weiße Dampf am Kraftwerk Baukau bedeutet +++
Steag: Selbst bei Gasmangellage darf Herner Gaskraftwerk weiter produzieren
„Das neue GuD ist immer dann am Netz, wenn der aktuelle Marktpreis für Strom einen wirtschaftlichen Betrieb der Anlage erlaubt“, sagt Steag-Sprecher Markus Hennes. Der Eigentümer kaufe die benötigten Gasmengen kurzfristig am Markt zu. Zu genauen Betriebsstunden äußert sich die Steag nicht.
Der Block wurde in den vergangenen Jahren neu gebaut und sollte jetzt eigentlich das alte Steinkohlekraftwerk (Block 4) nebenan ersetzen. Der neue Block Herne 6 erzeugt Strom und Wärme nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung. „Damit zählt das neue GuD zu den geschützten Erdgasbeziehern und wäre auch von einer Gasmangellage zunächst nicht betroffen“, sagt Markus Hennes.
Kraftwerk hat höheren Wirkungsgrad als andere Gas-Kraftwerke
Steag sieht einen Vorteil darin, dass das Kraftwerk einen deutlich höheren Wirkungsgrad habe als andere Kraftwerke. In der Bauphase wurden 85 Prozent genannt. Es benötige zur Erzeugung der gleichen Menge Strom deutlich weniger Erdgas „als weniger effiziente, ältere Gaskraftwerke und trägt somit zur Gasersparnis in der Energieerzeugung bei“.
Sorgen vor einem Totalausfall der Fernwärmeversorgung müsse man sich aus Steag-Sicht nicht machen, bekräftigt das Unternehmen. Für den Fall, dass das Gasangebot eingeschränkt werde, sei die Versorgung „auf Basis des krisensicheren Energieträgers Steinkohle garantiert“. Der benachbarte Block Herne 4 bleibt „bis auf Weiteres“ am Netz.
Grünen-Energieexperte: Stromsparen zum Gassparen
Warum darf die Steag ohne Blick aufs Gassparen mit Gas Strom produzieren, während der Normalbürger zu Hause sparen soll, wo es nur geht? Diese Frage lasse sich nicht so klar beantworten, sagt Grünen Energieexperte Pascal Krüger, zugleich Vorsitzender des Umweltausschusses. „Wir brauchen für die Energiesicherheit weiter Gas.“ Und gerade wenn die Stromnachfrage hoch sei, müsse man Gas zur Netzstabilität beim Strom einsetzen, weil die Kraftwerke schneller hochzufahren seien: „Man muss nicht nur Gas sparen, sondern auch Strom“, sagt Krüger, „und die erneuerbaren Energien ausbauen.“
Dass die Steag wirtschaftlich denke, ist aus Krügers Sicht nachvollziehbar. „Aus heutiger Sicht war das Gaskraftwerk nicht die beste Investitionsentscheidung.“ Denn das Gas müsse man eben auch erst einmal zu einem Preis bekommen, der den Betrieb wirtschaftlich mache.
Trotz gestiegener Preise lohnt sich die Stromerzeugung mit Gas wirtschaftlich
Das Gas- und Dampfkraftwerk hat eine elektrische Leistung von 600 Megawatt. Dazu kommt die thermische Leistung von 400 Megawatt. Der Probebetrieb läuft seit August. Offizieller Betriebsstart war am 2. September.
Nordrhein-Westfalen hat laut Umweltbundesamt den höchsten Anteil an Gaskraftwerken im Bundesgebiet. Gaskraftwerke wie das Herner liefern trotz der massiv gestiegenen Erdgas-Einkaufspreise mehr Strom als in früheren Jahren. Im Juli machten Gaskraftwerke laut Bundesnetzagentur etwa zehn Prozent der gesamten Erzeugung aus. Ein Grund für den sich auch wirtschaftlich lohnenden Betrieb ist die erhöhte Stromnachfrage in Frankreich wegen des Ausfalls mehrerer Atomkraftwerke. Die verschärfte Marktsituation führte aber zu insgesamt höheren Strompreisen.