Herne. Der Queen’s Pub Herne ist eine Institution. Die Eckkneipe trotzt allen Krisen. Wirt Michael Dressler (58) hatte schon die echte Queen am Tresen.

  • Der Queen’s Pub Herne ist eine Institution.
  • Die Eckkneipe trotzt allen Krisen.
  • Nach dem Tod der Queen wird der Pub nun nicht zum King’s Pub.

Ein Frischgezapftes nach dem anderen wandert über den Tresen. Der Zapfhahn im Queen’s Pub will nicht versiegen. An der Bebelstraße 4 in Herne ist das Vereinigte Königreich noch heile Welt. Die Eckkneipe hat in den vergangenen 40 Jahren schon viele Krisen überstanden. Auch der Tod der Namensgeberin jüngst konnte hier keinen Gast schocken. Wird aus dem Queen’s jetzt der King’s Pub – ganz nach britischem Vorbild? Wenn’s nach Wirt Michael Dressler geht: Nie im Leben!

Herner Queen’s Pub: Michael Dressler ist seit zehn Jahren Wirt

Wirt Michael Dressler (58) führt die Eckkneipe seit zehn Jahren. Sein Pachtvertrag läuft noch bis 2027.
Wirt Michael Dressler (58) führt die Eckkneipe seit zehn Jahren. Sein Pachtvertrag läuft noch bis 2027. © WAZ | Arne Poll

Es ist kurz vor 13 Uhr an einem ganz normalen Wochentag. Der 58-jährige Wirt macht auf dem Deckel eines Gastes gerade den 16. Strich. Über mangelnde Nachfrage kann sich Michael Dressler nicht beklagen. „Ja, das ist eine Institution in Herne“, sagt er. Der erfahrene Wirt übernahm den Pub vor gut zehn Jahren. Wenn man ehrlich ist, allerdings nicht wegen des Namens. „Ich habe eine Anzeige gesehen. Das passte. Und dann habe ich den Pachtvertrag unterschrieben.“

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Dabei hat Michael Dressler die echte Queen tatsächlich mal vor sich am Tresen stehen gehabt. Anfang, vielleicht Mitte der 1980er Jahre sei das gewesen. „Ich habe damals eine Ausbildung zum Restaurantfachmann im Ratskeller in Paderborn gemacht.“ Bei einem Truppenbesuch, das ist belegt, habe die Königin dann wohl einen gewissen Durst verspürt. Das Vergnügen sei eher kurz gewesen, die Aufregung umso größer: „Es war alles rundherum abgesperrt.“

Fotos von der Queen und Kate und William neben der Theke

Wer sich an der Bebelstraße zwischen den Rauchern hindurchgequetscht hat, sieht im Eingang zuerst den roten Doppeldecker. Direkt neben der Theke hängen gerahmte Fotos der Königin. Elisabeth II. hat immer alles im Blick. Auch William und Kate grüßen in die Menge. Dressler hat sich vorgenommen, den Queen’s Pub noch bis 2027 zu führen. Bis dahin läuft der aktuelle Pachtvertrag. „Ob ich dann noch zwei Jahre bis zur Rente dranhänge, weiß ich noch nicht.“ Well done, Mister Dressler!

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Das kleine Pils kostet aktuell 1,60 Euro. „Noch“, sagt Michael Dressler. Bald wird er 1,80 Euro nehmen müssen. Später noch mehr. Die Zeiten sind unsicher. „Wir spüren die Preissteigerungen überall“, sagt er. „Wir haben Lieferengpässe.“ Mineralwasser sei gar nicht zu bestellen gewesen. Die Gäste haben’s verschmerzt. Bei den Preisen sehe das anders aus: „Die Leute haben weniger Geld“, sagt Dressler.

Am Wochenende manchmal bis zu 16 Stunden am Tag Betrieb

Im Queen’s Pub gehen morgens um 11 Uhr die Türen auf. Unter der Woche sei zwischen 20 Uhr und 21.30 Uhr Schluss, am Wochenende auch mal erst morgens um 3 Uhr. Michael Dressler schlägt sich selbst mit zwei Aushilfen durch den langen Tag. „Auch durch den Mindestlohn wird’s teurer.“

Die Runde nickt einvernehmlich. „Alles wird teurer“, sagt einer, den sie „den Anführer“ nennen. Wirt Michael Dressler muss jetzt die Corona-Hilfen zurückzahlen. „Ich habe mich mit Außer-Haus-Essen über Wasser gehalten.“ Das räche sich nun.

Iris (74) ist Stammgast und hat hier ihren Mann kennengelernt

Iris (74) will ihren Nachnamen nicht verraten. Sie lernte ihren Mann Ulrich im Pub kennen. Ulrich starb, sie kommt weiter, weil man sich nicht verstecken darf.
Iris (74) will ihren Nachnamen nicht verraten. Sie lernte ihren Mann Ulrich im Pub kennen. Ulrich starb, sie kommt weiter, weil man sich nicht verstecken darf. © WAZ | Arne Poll

Iris betritt den Raum. Die 74-Jährige ist (wie eigentlich alle hier) Stammgast. Sie fällt auf, weil sie als einzige Wasser bestellt. „Ich habe hier 1985 meinen Mann kennengelernt“, sagt sie. Ulrich starb vor vier Jahren. Und Iris, die ihren Nachnamen für sich behalten will, kommt weiter. „Soll ich mich zu Hause einschließen?“

Der Pub sei früher eine Legende gewesen, sagt Iris. „In den 80er Jahren war das hier als Treff zum Kennenlernen bekannt.“ Heute ist der Pub eine der letzten Eckkneipen überhaupt in Herne. Im Umfeld an der Bebelstraße, das lässt sich nicht verhehlen, da treffen Kulturen aufeinander. Bei den Nachbarn dominieren arabische Schriftzeichen im Schaufenster. Hier sind viele Läden, ein Frisör, gegenüber die Apotheke.

Freude über gelöste Probleme in der Problemecke in der Passage

Der Queen's Pub in Herne: Das Umfeld ist schwierig, die Menschen sind ehrlich.
Der Queen's Pub in Herne: Das Umfeld ist schwierig, die Menschen sind ehrlich. © WAZ | Arne Poll

Michael Dressler zeigt sich froh, dass das Zusammenleben friedlich funktioniere. Auch die Problemecke in der Passage sei behoben worden. „Das war eine kriminelle Ecke. Hier wurde gedealt und sonst alles gemacht“, sagt er. Durch den gemeinsamen Einsatz von Ordnungsamt und Polizei sei es besser geworden. Das sei auch wichtig für die Menschen im Haus über dem Pub.

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Michael Dressler hat jetzt Bridge-Turniere eingeführt. Auch die alte braune Holzverkleidung im Innern hat er ausgetauscht. „Das war vorher ein Gefühl wie Probeliegen auf dem Friedhof.“ Zum Ableben der Queen hat Michael Dressler übrigens eine Lokalrunde gegeben. Zu sentimental habe man ja dann auch nicht werden wollen. Das sei eher Sache seiner „Ollen“, sagt einer der Gäste. Er sei in den Pub gekommen, weil hier „nicht zu viel Tam-Tam gemacht“ werde. Lang lebe die Königin.