Herne. Die Energiekosten steigen immer weiter, der Ruf nach einem Aussetzen von Strom- und Gassperren wird laut. Das sagen die Stadtwerke Herne dazu.
- Aussetzen von Strom- und Gassperren könnte zu Geldproblemen bei Versorgern führen.
- Stadtwerke Herne appellieren: rechtzeitig das Gespräch suchen.
- Sozialausschuss weist Kritik des Sozialforums zurück
Das Herner Sozialforum appelliert angesichts explodierender Energiekosten an die Stadtwerke, Strom- und Gassperren bei säumigen Kundinnen und Kunden bis auf Weiteres auszusetzen. Die Stadttochter weist dies aus mehreren Gründen zurück.
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„Individuelle Angebote wie das Aussetzen von Stromsperren ohne staatliche Absicherung könnten – wie das Beispiel Uniper eindringlich zeigt – in der aktuellen Situation auch aufseiten der Energieversorger schnell zu Liquiditätsengpässen führen“, erklärt Stadtwerke-Sprecherin Angelika Kurzawa auf Anfrage der WAZ. Es bräuchte vielmehr eine sozialpolitische Lösung. Und: Ein Aussetzen von Sanktionen mindere möglicherweise den Anreiz, effizient mit Energie umzugehen.
Stadtwerke: Schon früh mit allen Beteiligten gesprochen
Die Stadtwerke Herne weisen darauf hin, dass sie schon vor Jahren „mit allen in der Stadt relevanten Institutionen“ gemeinsam den Weg eingeschlagen hätten, mögliche Betroffene zu informieren und aktiv Unterstützung anzubieten. „In der aktuellen Situation mit rasant steigenden Energiepreisen und zusätzlichen staatlichen Umlagen war uns schon sehr früh bewusst, dass die Bezahlbarkeit von Energie für immer mehr Menschen schwierig werden wird“, so Kurzawa. Darum hätten sie schon sehr früh alle wieder an einen Tisch geholt, um über geeignete Maßnahmen zu sprechen.
Dazu gehörten unter anderem die Unterstützung beim Energiesparen durch die Kampagne „Herne spart Energie“, eine freiwillige Verlängerung der Sperrankündigung von den gesetzlichen acht auf 14 Tage, die Anschreibe-Aktion zur Erhöhung der Abschläge und ein individueller, auf das Herner Angebot zugeschnittener Flyer mit Hilfsangeboten. Kurzawa: „Nach wie vor bleibt der wichtigste gemeinsame Appell: Suchen Sie rechtzeitig das Gespräch mit uns oder einer der genannten Einrichtungen und warten Sie nicht, bis es zur Sperre kommt.“
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Sozialausschuss-Vorsitzender schließt sich Kritik nicht an
In der Sitzung des Sozialforums wurde in der vergangenen Woche jedoch in Frage gestellt, ob die Stadtwerke Herne immer die notwendige Sensibilität bei diesem Thema aufbringen. „Ich höre nur, dass bei den Stadtwerken immer alles Friede, Freude, Butterkuchen ist. Es gibt angeblich kaum Probleme, weil stets verträgliche Ratenzahlungen vereinbart würden“, sagte Gregor Kleibömer, Mitglied des Sprecherkreises des Forums und Rechtsanwalt. Das widerspreche jedoch seinen persönlichen Erfahrungen mit seiner Mandantschaft.
Sozialausschuss-Vorsitzender Patrick Steinbach kann sich dieser Kritik nicht anschließen. „Mir liegen keine entsprechenden Hinweise vor. So ist uns das bisher nicht gespiegelt worden“, sagt der SPD-Stadtverordnete zur WAZ. Und: In der jüngsten Sitzung des einst vom Sozialausschuss ins Leben gerufenen „Arbeitskreis Stromsperren“ sei über weitere Maßnahmepakete gesprochen worden. Grundsätzlich gelte aus seiner Sicht, dass die Stadtwerke in Herne bisher nicht so „eng“ mit Stromsperren umgingen, wie sie es nach dem gesetzlichen Rahmen eigentlich könnten.
Mit der Entwicklung und der Forderung nach Aussetzung von Strom- und Gassperren müsse man sich dann bei der nächsten Sitzung des Arbeitskreises im November auseinandersetzen. Dann vielleicht auch im direkten Austausch mit Gregor Kleibömer: Der Anwalt räumte beim Sozialforum ein, dass er die jüngste Sitzung dieses Gremiums „verpennt“ habe.
>>> Strom- und Gassperren 2021 bei den Stadtwerken Herne
Nach Angaben der Stadtwerke Herne ist es 2021 bei ihren Kundinnen und Kunden zu 1898 Stromsperren gekommen. Zum Vergleich: 2020 seien übers gesamte Jahr 1923 Zähler gesperrt worden.
In 37 Prozent aller Fälle habe die Sperrzeit im vergangenen Jahr länger als einen Tag betragen; in weiteren 32 Prozent zwei bis fünf Tage. In 17 Prozent aller Fälle blieb der Strom länger als zehn Tage abgeklemmt.
Zu Gassperren sei es bei den Stadtwerken im vergangenen Jahr in Herne 81 Mal gekommen, so Sprecherin Angelika Kurzawa.