Herne. Nach dem Angriff auf die transsexuelle Jess gab es viele Hilfsangebote in Herne. Die Islamische Gemeinde Röhlinghausen besuchte sie nun zu Hause.
Der Fall der transsexuellen Jugendlichen Jess, die Ende März auf dem Friedhof in Herne-Holsterhausen ins Koma geprügelt worden ist, hat für viel Aufsehen gesorgt. Nach unserer Berichterstattung meldeten sich Menschen, Vereine und Institutionen mit Hilfsangeboten für Jess und ihre Familie – darunter auch die Islamische Gemeinde Röhlinghausen.
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„Wir haben die Berichterstattung über die Attacke auf Jess gelesen. Die Bilder, die wir gesehen haben, haben uns sehr mitgenommen“, erklärt Havle Nazik. Die 18-Jährige ist Teil der Mädchengruppe der Gemeinde, engagiert sich unter anderem in der Arbeit mit Geflüchteten. „Wir haben überlegt, was wir tun können, außer unsere Solidarität zu bekunden“, so die Abiturientin. Den Wunsch der Familie, Jess mit einem kleinen Ostsee-Urlaub auf andere Gedanken zu bringen – „das war aus unserer Sicht eine schöne Idee“. Dank der Spendenbereitschaft der Gemeindemitglieder habe die Reise an die Ostsee finanziert werden können.
Gemeinsam mit Gemeindevorstand Tuncay Nazik und der 17-jährigen Alanur Davulcu übergab Havle Nazik die Spende sowie kleine Präsente an Jess. „Wir sind dafür nach Dülmen gefahren. Es war sehr schön, Jess persönlich zu treffen“, schildert Havle Nazik. „Jess ist eine bemerkenswerte Persönlichkeit, wir waren erstaunt über ihre Stärke.“ Im Gespräch sollen sich die drei jungen Frauen über die Attacke und Jess’ aktuellen Gesundheitszustand ausgetauscht haben.
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Jess selbst erklärt im Telefongespräch mit der WAZ Herne, dass sie sich sehr über die große Hilfsbereitschaft der Hernerinnen und Herner gefreut habe: „Es ist ein schönes Gefühl, so viel Unterstützung zu bekommen.“ Und auch Mutter Nicole Kalz zeigt sich angesichts der Geste dankbar: „Das war wirklich eine riesige Überraschung für uns, damit haben wir überhaupt nicht gerechnet.“ Mitte Juli geht es für Jess, ihre kleine Schwester und Mutter für eine Woche an die Ostsee. „Ich freue mich schon sehr darauf“, sagt Jess. „Die Islamische Gemeinde ist sehr aufmerksam. Sie haben gesagt, ich könnte mich immer melden, wenn ich etwas brauche.“
Körperlich gehe es der 16-Jährigen stetig besser, bei längeren Strecken sei sie aber noch weiterhin auf den Rollator angewiesen. „Aber ich hoffe, dass es bald auch ohne geht.“