Herne. Der geplante Bau eines Fahrzeug-Tunnels mit Kreisverkehr am Herner Bahnhof erhält in der Politik viel Gegenwind. Es gibt aber auch Zustimmung.
Rund um den Herner Bahnhof wird es immer voller und unübersichtlicher, hat ein Gutachter festgestellt. Er schlägt deshalb auf dem Westring einen Fahrzeug-Tunnel vor. Darüber soll ein Kreisverkehr gebaut werden. SPD und Grüne reagieren skeptisch bis ablehnend, von der CDU kommen dagegen lobende Worte. Die Stadt will bis zum Sommer detaillierte Pläne vorstellen.
Vor allem durch das geplante Funkenbergquartier mit Polizeihochschule, Forschungseinrichtungen, Firmen und Wohnhäusern werde die ohnehin schon angespannte Verkehrslage vor allem auf dem Westring in den kommenden Jahren noch weiter zunehmen, hat das Büro Brilon/Bondzio/Weiser (Bochum) in einem Verkehrsgutachten festgestellt. Wie berichtet, sei dann vor allem die Kreuzung Westring/Cranger Straße/Bahnhofsplatz in den Spitzenstunden am Morgen und am Nachmittag überlastet. Sprich: Dort geht dann nur noch wenig bis gar nichts mehr.
Herne: Äußere Spur mündet in einen Kreisverkehr
Die Gutachter schlagen deshalb vor, dass der Durchgangsverkehr auf dem Westring von Norden nach Süden in eine Unterführung unter die Kreuzung Westring/Cranger Straße/Bahnhofsplatz gelegt wird. Fahrzeuge würden dazu in ihrer Richtung die innere der beiden Fahrspuren des Westrings nutzen und so unter der Kreuzung durchfahren. Die äußere Spur des Westrings soll oberirdisch in einen Kreisverkehr münden, von dem die Fahrerinnen und Fahrer auf die Cranger Straße und den Bahnhofsvorplatz oder wieder auf den Westring geleitet werden. Durch diesen Umbau der Kreuzung würde der Verkehr oberirdisch in den Spitzenstunden um rund 40 Prozent reduziert.
„Die Tunnellösung ist das letzte, was ich mir vorstellen kann“, sagte SPD-Ratsherr Ulrich Syberg nun im Umweltausschuss. So wichtig und richtig das geplante Funkenbergquartier und dort die geplante Ansiedlung der Hochschule und Polizei auf der heutigen Brache östlich des Herner Bahnhofs auch seien: Ein Fahrzeugtunnel, um Autos freie Fahrt zu verschaffen, sei kaum der richtige Weg. Auch die Kosten für den Bau und in den kommenden Jahrzehnten die Tunnelwartung bereiten ihm Bauchschmerzen. Ähnlich äußerte sich sein Fraktionskollege Roberto Gentilini. „Das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen“, sagte er mit Blick auf die Pläne. Nicht nur, weil „sehr viele Jahre ins Land gehen“, bis ein Tunnel überhaupt fertig sei. Sondern vor allem deshalb, weil dieser Tunnel ein „völlig falsches Signal“ und der „ökologisch falsche Weg“ sei, wenn versucht werde, immer mehr Autos und Lkw freie Bahn zu verschaffen. Es müsse eine Alternative her, forderte der SPD-Ratsherr.
Auch die Grünen sind bedient. Gerhard Kalus nannte die Tunnel-Pläne im Umweltausschuss ein „Horrorszenario“. Innovativ sei daran „überhaupt nichts“, kritisierte er. Sein Fazit: „So kann es nicht sein.“
Baudezernent: „Riesenbewegung“ auf der Kreuzung
Hernes Baudezernent Karlheinz Friedrichs verteidigte die Pläne. Die Kreuzung sei „stark belastet“, „wir müssen an das Thema ran“. Nicht nur für den steigenden Fahrzeugverkehr, sondern auch die vielen Schülerinnen und Schüler, die die Kreuzung immer wieder passierten, müsse eine neue Lösung her. Was die Fußgängerinnen und Fußgänger angeht: Diese „Riesenbewegung“ müsse besser koordiniert werden: „Die müssen wir sicher herüberführen.“ Als Alternative zum Fahrzeug-Tunnel käme deshalb allenfalls ein Fußgänger-Tunnel in Frage.
Der Fahrzeug-Tunnel sei aber gerade deshalb eine gute Idee, weil er oberirdisch für mehr Platz und mehr Ruhe sorge, so der Baudezernent. Er rief die Politik deshalb dazu auf, sich zunächst die detaillierten Pläne, die die Verwaltung im Sommer vorstellen werde, anzuschauen. Dann gebe es auch Angaben zu Kosten, Zeitplänen und Umleitungen während der Bauzeit. Mit Blick auf das vom Büro vorgeschlagene Mega-Projekt stellte er klar: „Wir trauen uns das durchaus zu.“
CDU reagiert wohlwollend auf die Tunnel-Pläne
Und was sagt die zweitgrößte Ratsfraktion CDU, der Koalitionspartner der SPD im Herner Rat? CDU-Fraktionschef Timon Radicke reagiert wohlwollend auf die Tunnel-Pläne. Der Verkehrsknotenpunkt Westring/Cranger Straße/Bahnhofsplatz müsse als „ungenügend“ bezeichnet werden, sagt er zur WAZ. Die CDU-Fraktion begrüße deshalb den Ansatz, an der Stelle „auch unterirdisch zu denken“, und sie sei „sehr offen für fundierte Gutachten und Ideen zu dem Thema“. Im Vordergrund stehe aber die Frage der Finanzierbarkeit. „Den Autoverkehr aber auf die Ebene -1 zu verlegen, sorgt für eine Win-Win Situation“, meint Radicke. Denn: „Der Verkehr fließt schneller, sicherer und die Lebensqualität im Quartier steigt durch Geräuschreduzierung und Verkehrseindämmung.“