Herne. Dem evangelischen Kirchenkreis Herne/Castrop-Rauxel fehlen 14 Millionen Euro an Rücklagen. Wie es zu dieser Lücke kam und was sie bedeutet.

Böse Überraschung beim Kirchenkreis Herne/Castrop-Rauxel: Der Kirchenkreis hat erheblich weniger Rücklagen als gedacht. Die Differenz beläuft sich auf immerhin 14 Millionen Euro. Superintendentin Claudia Reifenberger und der stellvertretende Verwaltungsleiter Marcus Horst erläuterten am Montag, wie es dazu kommen konnte und welche Auswirkungen der Betrag auf die Arbeit der Kirche hat.

Die Differenz sei durch einen Buchungsfehler entstanden, so Marcus Horst. 2010/2011 sei die Buchführung umgestellt worden - und bei dieser Umstellung habe sich ein Fehler eingeschlichen, der sich bis zum Jahr 2019 unbemerkt fortgesetzt habe. Aufgefallen sei er schließlich, weil alle Kirchenkreise der Evangelischen Kirche von Westfalen sukzessive ihr Finanzsystem umstellen. Im Zuge dieser Umstellung musste der Kirchenkreis Herne/Castrop-Rauxel eine sogenannte Eröffnungsbilanz erstellen. Dabei sei festgestellt worden, dass eine wesentlich größere Summe in den Büchern stand, als tatsächlich vorhanden war.

Superintendentin: Es gab keine kriminelle Energie

Eine eingeschaltete unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft habe die Zahlen durchleuchtet und habe den Fehler gefunden: Habe beispielsweise eine Gemeinde ein Gebäude verkauft, sei der Erlös sowohl bei der Gemeinde als auch beim Kirchenkreis selbst verbucht worden. Dies sei nicht aufgefallen, weil es kein Gesamtbild der Rücklagen der einzelnen Gemeinden und des Kreises gegeben habe.

Der Kirchenkreis verfügt somit nicht über 38 Millionen Euro an Rücklagen, sondern über 24 Millionen Euro. Der Vorgang sei peinlich und alles andere als ein Ruhmesblatt, so Reifenberger und Horst. Gleichzeitig betonen sie, dass es keinerlei kriminelle Energie gegeben habe und sich niemand bereichert habe. Sowohl die Arbeit der Gemeinden als auch speziell die Finanzierung der Kindertagesstätten sei nicht gefährdet.

Auswirkungen des Fehlers für die Zukunft sind noch nicht abzusehen

Ein kritischer Schaden sei nicht entstanden, weil der Kirchenkreis in den vergangenen Jahren immer konservativ gehandelt und nicht über seine Verhältnisse gewirtschaftet habe. So seien Überschüsse stets in die Rücklagen geflossen.

Inwieweit sich die Differenz in der Zukunft bemerkbar macht, bleibt abzuwarten. Bildung der Rücklagen ist erforderlich, um etwa Kirchensteuereinbrüche auszugleichen. Auch Personalkostendeckung und die Erhaltung von Gebäuden werden damit abgesichert. In den Jahren eines guten Wirtschaftswachstums in Deutschland profitierten auch die Kirchen, doch Corona und der Krieg bremsen die Wirtschaft - eine Entwicklung, die mit Verzögerung die Kirchen treffen wird.