Herne. Wegen steigender Kosten müssen Herner Gastronomen die Preise auf den Speisekarten erhöhen. Auch Hamsterkäufe machen ihnen schwer zu schaffen.
Erst die Corona-Pandemie, jetzt explodierende Lebensmittel- und Energiepreise: Die Gastronomie hat zurzeit stark zu kämpfen. Auch Herner Gastronomen spüren den Druck durch die immer weiter steigenden Preise.
Die Stimmung sei deswegen momentan „beschissen“, bringt es Naseem Arif deutlich auf den Punkt. Der Gastronom betreibt seit über sechs Jahren das „Bissmarck92“ und seit einigen Monaten das „Napoleone“ in Herne-Mitte. Die Preise für seine Gerichte könne er täglich erhöhen. Im März – bevor der ganz starke Preisanstieg kam – habe er Flyer mit neuen, bereits erhöhten Preisen drucken lassen. Die seien mittlerweile schon wieder hinfällig. Neue Flyer für 1200 Euro könne er nun aber auch nicht drucken lassen. Seit drei Jahren habe er die Preise nicht erhöht. „Jetzt kostet einfach alles viel mehr.“ Vor allem das Rindfleisch für seine Burger sei teurer geworden, aber auch der Käse und sogar der Salat kosteten mehr. Deswegen habe er den Preis seines Cheeseburgers von 7,90 Euro auf 9,90 Euro erhöhen müssen.
Die Liefergebühren habe er ebenfalls anheben müssen, denn auch Sprit kostet mittlerweile deutlich mehr. „Und dann muss man sich noch von einigen Gästen blöde Sprüche anhören, weil sie nicht verstehen, dass wir die Preise erhöhen müssen“, so Arif. Manche gäben gar schlechte Bewertungen ab. „Das macht einfach keinen Spaß.“ Aber auch die Knappheit von Mehl, Pasta und Öl macht dem Gastronom schwer zu schaffen. „So etwas habe ich noch nie erlebt – und sowas wird wahrscheinlich noch keiner meiner Kollegen je erlebt haben.“
Herner Burger-Laden nimmt Pommes nicht von der Karte
„Es ist natürlich ein gewisser Druck da“, bestätigt auch Martin Mrozek, der das Ristorante Rosmarino in Herne-Mitte leitet. Teilweise seien Produkte durch den Krieg schwer oder gar nicht zu kriegen, teilweise auch nur rationiert. „Die Preiserhöhung gibt allen Gastronomen zu denken“, so Mrozek. Auch in seiner Küche werde viel Oliven- und Rapsöl gebraucht, etwa für Dressings und Pesto. Bei den hohen Preisen für Öl sei er froh, dass bei ihm keine Pommes auf der Karte stünden. Und nicht nur die Lebensmittelpreise steigen. Er beobachte auch, dass die Kosten für Dienstleistungen wie etwa die Müllentsorgung in die Höhe schießen. „Das wird natürlich irgendwann auf eine Preiserhöhung hinauslaufen“, befürchtet der Restaurantleiter.
Obwohl auch ihm die Situation Sorgen bereitet, hat Ariel Jelonek, Leiter des Lieferservices Burgerme, Fontanestraße 1, vorerst nicht vor, die Pommes von der Karte zu streichen. „Wir leben von den Pommes, deshalb werden wir sie auch nicht runternehmen“, betont der Chef. Für ihn als Franchisepartner seien die Beschaffungskosten noch „im humanen Bereich“, die Portion Pommes gebe es im Angebot immer noch für 2,49 Euro. Sollten die Einkaufspreise aber noch weiter steigen, könnte sich das ändern, sagt Jelonek.
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Herner Gastronom hat Gäste auf Preisanstieg vorbereitet
Für Hendrik van Dillen, Pächter der Guten Stube und des Parkhotels, sind in der Gastronomie Preiserhöhungen unumgänglich. Nach zwei Jahren Pause werde nun im Biergarten der Gerstensaft teurer. Die Brauerei habe selbst bereits zweimal die Preise angezogen. Die Gäste seien bereits darauf vorbereitet. Van Dillen ist sicher, dass sie es auch verstehen werden, schließlich spüre jeder die steigenden Preise in allen Bereichen.
Ganz spitz rechnen müsse er auch beim Schulcatering, was er gemeinsam mit seiner Frau seit einiger Zeit anbiete, da zum Beispiel die bei Kindern beliebten Nudeln teurer geworden sind. Allerdings gebe es noch einen weiteren erheblichen Kostenfaktor: die Löhne. Da sei einerseits der gestiegene Mindestlohn, andererseits die gestiegene Ausbildungsvergütung: Auszubildende im ersten Lehrjahr würden ab August so viel verdienen wie früher im dritten Lehrjahr, im kommenden Jahr noch einmal 100 Euro zusätzlich. Das mache bei bis zu 15 Auszubildenden im Betrieb einen vierstelligen Betrag aus, der nun pro Monat hinzukomme. Andererseits könne durch die gestiegenen Löhne vielleicht die Attraktivität der Gastroberufe gesteigert werden. Die Suche nach Mitarbeitern gestalte sich schwierig.
Im Forsthaus Gysenberg musste Inhaber Fahri Toku bereits schweren Herzens seine Bierpreise erhöhen. Ein kleines Bier liegt nun bei 3,30 Euro. „Aber was soll ich jetzt jammern“, so der Wirt. „In Bochum kostet das Bier schon 3,60 Euro.“
>>>WEITERE INFORMATIONEN: Keine Besserung
Der Wegfall der Corona-Maßnahmen scheint nicht bei allen Gastronomen das zu bewirken, was sie sich erhofft hatten. Im Gegenteil: „Einige Gäste haben jetzt mehr Angst vor einer Ansteckung, weil es keine Maskenpflicht mehr gibt“, sagt Naseem Arif, Inhaber vom Bissmarck92 und vom Napoleone. „Wir hatten so gehofft, dass es nun bald wieder im Laden brummt – aber das ist leider nicht der Fall.“
Als noch die 2G-Plus-Regelung galt, habe gar „gähnende Leere“ in den Lokalen geherrscht.