Herne. Eine Herner Ratssitzung mit hohem Unterhaltungswert: von grottenschlechten Aufführungen, Käpt’n Dudda und einem sinkenden SPD-Schiff.
Politgeflüster goes Cinema: Was der schlechteste Regisseur der Welt mit der Ratssitzung am Dienstag zu tun hat, warum das Boot der SPD fast Schiffbruch erlitt und warum eine Bauministerin es nicht mit Marlon Brando hält.
Ed Wood lässt grüßen
Filme wie „Plan 9 aus dem Weltall“ oder „Die Rache des Würgers“ haben einst den Ruf Ed Woods als schlechtesten Regisseur aller Zeiten begründet. Man kann sich des Verdachts nicht erwehren, dass im Herner Rathaus und in einigen Fraktionen Anhänger des 1978 verstorbenen US-Regisseurs sitzen müssen. Denn eine so miserable Aufführung, wie sie die Verwaltung und die politische Mehrheit am Dienstag im Rat hingelegt haben, hat Herne wohl lange nicht gesehen.
Der Plot: 10.000 Menschen unterzeichnen ein Bürgerbegehren für die Rückabwicklung des Verkaufs des Hallenbads Eickel an eine Stadttochter, setzen damit aber unausgesprochen ein deutliches Signal für den Erhalt des Gebäudes. Der Rat stimmt dem Inhalt des Begehrens mit großer Mehrheit zu, obwohl die meisten Mitglieder (aus durchaus nachvollziehbaren Gründen) für den Abriss sind. Das Sahnehäubchen setzt dann die Stadt obendrauf: Trotz Warnungen aus der Politik beharrt sie darauf, gleich im nächsten Tagesordnungspunkt die Ausschreibung für eine Wohnbebauung mit Lehrschwimmbecken auf der Hallenbadfläche durch einen privaten Investor zu votieren. Ein Schlag ins Gesicht für alle Unterzeichner des Bürgerbegehrens. Keine Pointe. Der Titel dieses Films? Vielleicht: „Plan 0 aus dem Rathaus“.
Das Boot
Nein, für die SPD war es keine gute Woche – erlitt sie doch beim Versuch, sich gegen die eigene Überzeugung aus taktischen Gründen hinter das Bürgerbegehren fürs Hallenbad zu stellen, um nach außen so etwas wie Bürgernähe zu demonstrieren, einen klassischen Schiffbruch. Das Boot noch schneller zum Sinken brachte Käpt’n Frank Dudda, der im Rat mit seiner Wutrede gegen Opposition und Hallenbad-Befürworter auch der SPD einen Bärendienst erwies.
Man könnte alles aber auch positiv wenden und sagen: Der SPD ist im Rat der Super-GAU erspart geblieben. Denn: Die Fraktion wollte sich zunächst dem Grünen-Vorstoß verweigern, mit allen Parteien (außer AfD und WfH) einen gemeinsamen Antrag über die Verurteilung des Angriffs auf die Ukraine und das Ruhen der Partnerschaft mit dem russischen Belgorod in die Ratssitzung einzubringen, so ist zu hören. Grund: Die SPD wollte offenbar dem OB diesen Schritt „überlassen“. Dabei spielte aber selbst SPD-Partnerin CDU nicht mit, so dass der SPD wohl nichts anderes übrig blieb, als den Antrag mitzutragen, um „Titanic“-Dimensionen (Rat setzt ohne SPD ein Zeichen gegen Russland) zu verhindern.
Bergman statt Brando
NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach hat vor zwei Wochen in Herne bei einem „Wohngipfel“ Wahlkampf für die CDU und den Herner Landtagskandidaten Markus Mähler gemacht. Aufgrund eines Anschlusstermins und des großen Mitteilungsbedürfnisses einiger Männer konnte die Christdemokratin am Ende der Veranstaltung aus zeitlichen Gründen nur noch zart andeuten, dass sie mit dem Herner Kurs bei der Bekämpfung des Schrottimmobilien-Problems nicht d’accord geht, ohne dies näher auszuführen.
Weil die WAZ ein großes Herz für vom Terminplan gepeinigte Ministerinnen hat, offerierte die Redaktion ihr kurz darauf schriftlich, ihren Standpunkt doch in aller Ausführlichkeit im Herner Lokalteil zu präsentieren. In „Der Pate“ nannte Marlon Brando so etwas „ein Angebot, das man nicht ablehnen kann“. Ina Scharrenbach hielt es dagegen eher mit Ingmar Bergmans Filmklassiker „Das Schweigen“: Eine Antwort steht bis heute aus.