Herne. Ein Pyrrhussieg für die Initiative Hallenbad Eickel: Warum dem Bad trotz der Annahme des Bürgerbegehrens durch den Herner Rat der Abriss droht.

Ein Sieg, der sich für die Bürgerinitiative „Wiederinbetriebnahme Hallenbad Eickel“ (BI) wie eine Niederlage anfühlen dürfte: Der Rat hat zwar am Dienstag im Kulturzentrum mehrheitlich dem von der BI durchgeführten Bürgerbegehren zugestimmt, doch trotzdem läuft nun alles auf einen Abriss des alten Bades hinaus. Die Verwaltung sowie (mindestens auch) die Kooperationspartner SPD und CDU wollen auf dem Grundstück von einem privaten Investor ein Wohn- und Geschäftshaus mit Lehrschwimmbecken bauen lassen. Ein Beschluss über ein entsprechendes Ausschreibungsverfahren wurde allerdings – anders als von der Stadt zunächst geplant – nach Protesten aus der Opposition noch verändert.

Was zunächst paradox klingt, ist recht einfach: Die Annahme des von knapp 10.000 Menschen unterstützten Bürgerbegehrens durch den Rat hat deshalb kaum Folgen, weil die Initiative darin aus rechtlichen Gründen nur die Forderung nach Aufhebung des Verkaufs an die Stadttochter SEG verankern konnte, nicht aber den grundsätzlichen Erhalt des Bades.

Initiative appelliert vergeblich an den Herner Rat

Gegen die Annahme des Bürgerbegehrens stimmten am Ende nur die Grünen sowie Beate Fiedler von der AfD-Abspaltung WfH. Vergeblich hatte BI-Sprecher Jürgen Köhne zuvor wohl vor allem an Rot-Schwarz appelliert: „Wenn Sie das Hallenbad nicht möchten, erwarten wir, dass Sie beim Bürgerbegehren mit Nein stimmen.“ Dann wäre es nämlich in einem Bürgerentscheid zu einer Abstimmung aller wahlberechtigten Hernerinnen und Herner gekommen.

Aufgrund der Pandemielage wich der Herner Rat am Dienstag (einmal mehr) ins Kulturzentrum aus. Dort ging es in der Diskussion zum Hallenbad Eickel zeitweise hitzig zu.
Aufgrund der Pandemielage wich der Herner Rat am Dienstag (einmal mehr) ins Kulturzentrum aus. Dort ging es in der Diskussion zum Hallenbad Eickel zeitweise hitzig zu. © FUNKE Foto Services | Alexa Kuszlik

Die gut 80-minütige politische Debatte im Kulturzentrum war zeitweise geprägt durch Vorwürfe, Empfindlichkeiten, eine Art Wutrede und das Wort „absurd“. Mit diesem Begriff brachten Grüne und Linkspartei ihre Bewertung des städtischen Umgangs mit dem Bürgerbegehren und auch der Politik auf den Punkt. Die knapp 10.000 Unterzeichner hätten deutlich gemacht, dass das Hallenbad in Besitz der Stadt bleiben solle, so Andreas Ixert (Linke). Mit der Vorlage für einen Neubau auf der Hallenbadfläche „hintergehe“ die Verwaltung den Einwohnerwillen.

Grünen-Fraktionssprecher Thomas Reinke fühlte sich an die Rubrik „Irrsinn der Woche“ im NDR-Satiremagazin „extra 3“ erinnert. Wer das Hallenbad nicht wolle, müsse gegen das Bürgerbegehren stimmen, sagte er wie zuvor die BI. „So funktioniert Demokratie.“ Stattdessen solle nun in aller Eile und ohne nachvollziehbare Begründung ein Verfahren durchgepeitscht werden, das eine reguläre Beteiligung und die Mitsprache der Gremien (Fachausschüsse) überhaupt nicht vorsehe.

Hernes OB lässt sich zu einer Wutrede hinreißen

Und die „Wutrede“? Zu der ließ sich ein spürbar verärgerter Oberbürgermeister hinreißen, als er Grüne, Linkspartei und die BI angriff und ihnen u.a. „taktisches Geschacher“ vorwarf. Während alle politischen Redner der BI für ihr Engagement Dank und Respekt zollten, verstieg sich Frank Dudda zu der Andeutung, dass es der BI möglicherweise nicht um „das Wohl der Kinder“ gehe. Daran orientiere sich dagegen die Stadt mit ihrem Konzept für ein Ausschreibungsverfahren zur Bebauung des Hallenbadareals Am Solbad u.a. mit einem Lehrschwimmbecken. Das Votum des Bürgerbegehrens sei dabei insofern berücksichtigt worden, so der OB, als dass an diesem Standort in Wanne-Süd nun auch eine Schwimmfläche entstehen solle.

Vor der Ratssitzung war Hernes Oberbürgermeister Frank Dudda noch guter Dinge. In der Debatte über das Bürgerbegehren zum Hallenbad platzte ihm dann irgendwann der Kragen.
Vor der Ratssitzung war Hernes Oberbürgermeister Frank Dudda noch guter Dinge. In der Debatte über das Bürgerbegehren zum Hallenbad platzte ihm dann irgendwann der Kragen. © FUNKE Foto Services | Alexa Kuszlik

Assistiert wurde Dudda von einem zeitweise fast ebenso dünnhäutigen SPD-Fraktionschef Udo Sobieski, der Reinke „böswillige Unterstellungen“ vorwarf. Die SPD und er handelten seit Jahrzehnten verantwortlich, indem sie stets auf die Finanzierbarkeit achteten. „20 Millionen für die Sanierung eines Hallenbads: Das kann doch nicht ihr Ernst sein“, so der Sozialdemokrat in Richtung BI. CDU-Fraktions-Chef Timon Radicke teilte Sobieskis Einschätzung bezüglich der Finanzierbarkeit, empfahl einigen Ratsmitgliedern jedoch „eine verbale Abrüstung“. Im Übrigen entdeckte er „in vielen Punkten Einigkeit“, insbesondere bei der Forderung nach dem Bau von neuen Lehrschwimmbecken in Herne.

Linkspartei: Vom städtischen Konzept profitiert nur der Investor

Auch in einem weiteren Punkt herrschte am Ende tatsächlich (fast) so etwas wie Einigkeit und vor allem Einsicht: Der OB räumte ein, dass die Stadt mit der Beschlussvorlage für eine Ausschreibung einen Fehler gemacht habe. Deshalb soll diese nun vor einem Ratsbeschluss zusätzlich in den Fachausschüssen beraten und bei Bedarf verändert werden – so wie es üblich ist und so, wie es die Grünen auch (zunächst erfolglos) gefordert hatten. Der Rat stimmte der so geänderten Vorlage mit überwältigender Mehrheit zu.

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An einer sicheren Mehrheit für den Abriss des Hallenbads und dem Neubau eines Wohn- und Geschäftshauses mit Lehrschwimmbecken dürfte dies allerdings wenig ändern. In der Ratsdebatte sprach sich nur die Linkspartei ausdrücklich gegen ein solches Verfahren aus. Von diesem profitiere vor allem der private Investor durch die Vermietung des Lehrschwimmbeckens an die Stadt, so Linken-Ratsherr Ixert. Auf Nachfrage erklärte Kämmerer Hans Werner Klee, dass er mit jährlichen Mietzahlungen von rund 500.000 Euro rechne.

Die Sprecher der Bürgerinitiative – (v.li.) Jürgen Köhne, Horst Schröder und Susanne Adami – warben im Herner Rat noch einmal für den Erhalt des Hallenbads Eickel. Dieser sei auch durchaus finanzierbar, betonten sie.
Die Sprecher der Bürgerinitiative – (v.li.) Jürgen Köhne, Horst Schröder und Susanne Adami – warben im Herner Rat noch einmal für den Erhalt des Hallenbads Eickel. Dieser sei auch durchaus finanzierbar, betonten sie. © FUNKE Foto Services | Alexa Kuszlik

Die Initiative um Horst Schröder, Jürgen Köhne und Susanne Adami macht sich derweil bereits ernsthaft Gedanken über ein weiteres Bürgerbegehren, um das Hallenbad am Ende doch noch zu retten.