Herne. In einem Herner Wohnheim soll Gewalt gegen Menschen mit Behinderung ausgeübt worden sein. Der Träger hat fünf Mitarbeiter angezeigt.
Fünf Angestellte eines Herner Wewole-Wohnheims für Menschen mit Behinderung sollen strukturelle und in einem Fall auch körperliche Gewalt gegen Bewohner ausgeübt haben. Die Wewole-Stiftung hat die beschuldigten Mitarbeiter von ihren Aufgaben entbunden, ihnen Hausverbot erteilt und Strafanzeige gestellt.
„Das ist ein entsetzlicher Vorgang, der durch nichts zu entschuldigen ist“, sagt Geschäftsführer Rochus Wellenbrock am Dienstag in einer von der Stiftung einberufenen Pressekonferenz. Sie hätten sich größtmöglicher Transparenz und Offenheit verschrieben. Dazu zähle auch, die Öffentlichkeit über die Vorfälle im Wanne-Eickeler Wohnheim „Kaisereiche“ am Marschkampweg zu informieren.
Mit Klebeband an einem Stuhl fixiert
Bekannt geworden seien die Vorfälle durch zwei Angestellte, die Mitte Februar die Geschäftsführung unterrichtet hätten. Demnach soll in der Einrichtung für 24 Menschen mit psychischen Erkrankungen eine Bewohnerin mit Klebeband an einem Stuhl fixiert worden sein. Außerdem soll mehrfach der Zugang zu einem eigenen Zimmer verwehrt worden und kein Abendessen ausgegeben worden sein, so Wellenbrock. Der erste ihnen bekannte Vorfall soll im November 2021 stattgefunden haben.
Unter Einschaltung eines externen Mediators und eines Rechtsanwalts seien die Beschuldigten einzeln befragt worden. „Die Vorwürfe haben sich für uns als wahr erwiesen“, so Rochus Wellenbrock. Daraufhin hätten sie die fünf Angestellten umgehend ihrer Aufgaben entbunden und am vergangenen Freitag Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Bochum gestellt. „Wir werden uns von allen fünf trennen. Wir wollen diese Menschen nicht mehr bei uns beschäftigen.“ Einer der Beschuldigten habe bereits einer Auflösung des Arbeitsvertrages zugestimmt.
„Ich hätte nie gedacht, einmal in eine solche Situation zu kommen“, sagt der Wewole-Geschäftsführer. In ihren Einrichtungen gebe es regelmäßige Schutz- und Präventionsmaßnahmen, um solche Entwicklungen zu verhindern. Dazu zählten unter anderem Schulungen, Weiterbildungen, Supervisionen und Anti-Gewalt-Konzepte. „All das hat nicht verhindert, dass so etwas passiert ist. Aber es hat dazu geführt, dass wir es erfahren haben“, so Wellenbrock. Ein absoluter Schutz sei nicht möglich; „Überwachungsszenarien“ mit Kameras etc. lehnten sie ab.
13 Wohnheime für 300 Menschen mit Behinderungen
Nach der Freistellung von fünf der insgesamt 17 Angestellten des Eickeler Wohnheims hat die Stiftung die Versorgung und Betreuung zum Teil mit externer Unterstützung sichergestellt. Die Betreuerinnen und Betreuer und Eltern der erwachsenen Bewohnerinnen und Bewohner seien in einem ausführlichen Gespräch über die Vorfälle und die getroffenen Maßnahmen informiert worden, berichtet Rochus Wellenbrock. In Kenntnis gesetzt worden seien auch den Kostenträger LWL und die städtische Heimaufsicht sowie Kuratorium und Beirat der Wewole-Stiftung.
Wewole – früher: Werkstätten für Behinderte (WfB) – unterhält in Herne und Castrop-Rauxel insgesamt 13 Wohneinrichtungen für rund 300 Menschen mit Behinderungen.