Herne. Eine weitere Demo von Impfgegnern in Herne war nicht angemeldet. Deshalb gibt es Kritik an der Polizei, die nicht eingriff. Was die Polizei sagt.

In Herne gibt es nun zwei Demonstrationen von Impfgegnern und -kritikern. Seit einigen Wochen findet samstags ein so genannter Spaziergang unter dem Motto „Für glänzende Kinderaugen – gegen die 2G-Regelungen auf Weihnachtsmärkten“ statt, nun hat sich offenbar auch montags eine Kundgebung etabliert. Im Gegensatz zu den Demos am Samstag war die Veranstaltung am Montag aber nicht angemeldet. Die Polizei griff nicht ein. Das sorgt für Kritik beim Bündnis Herne.

In einem öffentlichen Telegram-Kanal war die letzte Kundgebung für Montag um 18 Uhr vor dem Herner Rathaus angekündigt worden. Der Schlagersänger Michael Wendler,der schon zwei Mal auf Crange auftrat, hatte den Demo-Termin mit weiteren anderen Terminen ebenfalls auf Telegram veröffentlicht; der Impfgegner und Verschwörungstheoretiker hat knapp 140.000 Abonnenten. Nach Auskunft des überparteilichen Bündnis Herne, das eine Mahnwache veranstaltete, kamen am Montag rund 50 „Maßnahmen-Gegner“ auf dem Friedrich-Ebert-Platz zusammen, um anschließend gemeinsam „spazieren“ zu gehen.

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Herne: Polizei bestand nicht auf Anmeldung einer Versammlung

Polizeikräfte seien nicht vor Ort gewesen, sagt ein Sprecher des Bündnis Herne zur WAZ. Erst auf die Bitte des Bündnisses in der benachbarten Wache seien vier Beamte zur Kundgebung hinzugestoßen. Die Zusicherung von Teilnehmerinnen und Teilnehmern, sie seien lediglich zum Spazieren gehen unterwegs, habe den Beamten genügt. Auf eine Anmeldung einer Versammlung hätten die Polizisten nicht bestanden. Das ruft beim Bündnis Kritik hervor. „Die Taktik, durch den Anschein eines Spaziergangs die Auflagen im Sinne des Versammlungsrechts und die Corona-Schutzverordnung zu umgehen, sollte inzwischen allen Interessierten hinlänglich bekannt sein“, so der Sprecher. Die so genanten Spaziergängerinnen und Spaziergänger nutzten diese „halb-subversive Aktionsform“, um sich in eine historische Linie zur DDR-Bürgerrechtsbewegung zu setzen. Sie zeige sich damit als widerständig gegen eine komplex gewordene Welt, inszeniere sich im schlimmsten Fall als neue Opfergruppe einer neuen Diktatur.

Auch samstags ziehen Gegner einer Impflicht und weiterer Corona-Maßnahmen durch Herne, hier am 11. Dezember auf der Bahnhofstraße.
Auch samstags ziehen Gegner einer Impflicht und weiterer Corona-Maßnahmen durch Herne, hier am 11. Dezember auf der Bahnhofstraße. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der beiden Impfgegner-Gruppen gebe es „große Überschneidungen“, so der Sprecher des Bündnisses. Auch wenn es sich bei den Herner „Spaziergängern“ bisher nur vereinzelt um Menschen aus dem rechtsradikalen Spektrum handele, so habe man doch jüngst in Bochum beobachten können, dass dabei eine „Wohlfühlatmosphäre“ für organisierte Rechtsextremistinnen und Rechtsextremisten geschaffen werde. Wenn man die „Spaziergänger“ gewähren lasse, akzeptiere man sie, mehr noch: eine Radikalisierung sei die Folge. „Dieser Entwicklung muss Einhalt geboten werden“, fordert der Sprecher.

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Wie man konsequent agiere, das habe zuletzt die Polizei in Dortmund gezeigt: Dort sei eine ebenfalls angekündigte und ebenfalls unangemeldete Versammlung der Szene aufgelöst worden. Dabei seien die Personalien von 23 Teilnehmerinnen und Teilnehmern festgestellt worden, zudem seien Anzeigen wegen des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz erstattet worden, so das Bündnis.

Polizei: Bei nicht angemeldeten Versammlungen wird geprüft, ob Verstoß vorliegt

Laut Polizeisprecher Frank Lemanis war die Polizei informiert, vor Ort präsent und sie hatte während der gesamten Zeit die Situation aufmerksam im Blick. „Wir sind dort auf eine Ansammlung von rund 40 Menschen gestoßen, die aber nicht unmittelbar zusammen standen“, teilt er auf Anfrage der WAZ mit. Sie hätten keine Transparente, Fackeln, Lichterketten oder ähnliches mitgeführt und seien als Gruppe beziehungsweise geschlossene Gruppe von außen nicht wahrnehmbar gewesen.

Sprecher der Polizei: Frank Lemanis.
Sprecher der Polizei: Frank Lemanis. © Polizei

Lemanis bestätigt, dass für Montag keine Anmeldung für eine Versammlung vorlag. Bei nicht angemeldeten An- beziehungsweise Versammlungen prüfe die Polizei, ob ein versammlungsrechtlicher Verstoß vorliegt. Wenn ja, dann werde dieser geahndet. Zum Montag: „Es gab nach meinem Kenntnisstand keine Verstöße, die polizeiliche Maßnahmen nach sich zogen.“

Der Polizeisprecher appelliert an Bürgerinnen und Bürger, die Absicht zur Durchführung einer Versammlung anzumelden. Dann könne die Polizei mit den Verantwortlichen kooperieren und die Versammlung – gegebenenfalls unter Auflagen – schützen. „Diese Art von ,Montagsspaziergängen’ sind nach unserer Auffassung Versammlungen im Sinne des Artikel 8 des Grundgesetzes und unterliegen damit den Bestimmungen des Versammlungsgesetzes“, betont er.

>> WEITERE INFORMATIONEN: Bündnis Herne will Flagge zeigen

Das Bündnis Herne will auch bei künftigen „Spaziergängen“ montags oder samstags Flagge zeigen. Dabei sollen unter anderem Mahnwachen unter dem Motto „Für eine lebendige Erinnerungskultur“ durchgeführt werden. „Wir behalten uns vor, weitere eigene Inhalte zu setzen“, so der Sprecher.

Aktuell liegen der Polizei nach Angaben ihres Sprechers Frank Lemanis aber vorerst keine weiteren Anmeldungen für Versammlungen in Herne vor, die sich thematisch gegen Corona-Maßnahmen richten.