Herne. Eine Klage gegen den Ausbau der Zentraldeponie: Die Städte Herne und Gelsenkirchen verzichten, der BUND winkt ab. Warum die BI nicht aufgibt.

Die Städte Herne und Gelsenkirchen werden nicht gegen die von der Bezirksregierung Münster genehmigte Erweiterung der Zentraldeponie Emscherbruch klagen. Und auch der Umweltverband BUND will keine rechtlichen Schritte einlegen. Die Bürgerinitiative „Uns stinkt’s“ kritisiert die Entscheidungen der Stadtverwaltungen, will aber noch nicht aufgeben.

Anwohner fühlen sich betrogen

Nach ausführlicher Prüfung durch mehrere Fachbereiche sei man zu dem Schluss gekommen, dass die Stadt durch den Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung formal „nicht in ihren Rechten“ verletzt worden sei und deshalb keine Klagebefugnis habe, berichtet Stadtsprecher Christoph Hüsken auf Anfrage. Die Gelsenkirchener Verwaltung war ebenfalls zu dieser Entscheidung gekommen und hatte sie bereits am Dienstag in einer Sondersitzung von Umweltausschuss und der zuständigen Bezirksvertretung verkündet.

Die Bürgerinitiative kann die Haltung der Städte nicht nachvollziehen. „In vielen Köpfen der beiden Stadtverwaltungen ist die 50 Jahre alte Deponie - man hat sich ja schon dran gewöhnt - so alternativlos, dass man wohl nicht die Kraft, die Lust oder den Willen hat, gegen die Bezirksregierung Münster und den Regionalverband Ruhr aufzubegehren“, erklärt BI-Sprecher Henning F. Mettge. Die Menschen rund um die Deponie fühlten sich betrogen, weil sich nichts ändere - weder durch die Politik, die Stadtverwaltungen, den RVR noch durch die Deponiebetreiberin AGR (eine RVR-Tochter). „Sie werden weiterhin belastet, obwohl sie schon so viel hingenommen haben“, so Mettge.

Heinz-Peter Jäkel sollte die Klage begleiten

Ingrid Reckmeier vom Herner BUND - hier bei einer Veranstaltung der Bürgerinitiative „Dicke Luft“ - sieht für ihren Umweltverband keine Möglichkeit, gegen die Deponie-Erweiterung zu klagen.
Ingrid Reckmeier vom Herner BUND - hier bei einer Veranstaltung der Bürgerinitiative „Dicke Luft“ - sieht für ihren Umweltverband keine Möglichkeit, gegen die Deponie-Erweiterung zu klagen. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Die Hoffnung der Initiative, dass die Herner Gruppe des BUND über ihren Landesverband gegen die Erweiterung klagt - so wie es bei der Suez-Erweiterung an der Südstraße der Fall war -, erfüllt sich nicht. „Uns fehlen die Kapazitäten“, sagt BUND-Sprecherin Ingrid Reckmeier im Gespräch mit der WAZ. Dafür bräuchte man eine Person, die die Zeit und den technischen Sachverstand hätte, die Klage eng zu begleiten. BI-Sprecher (und BUND-Mitglied) Heinz-Peter Jäkel sollte diesen Part eigentlich übernehmen, war dann aber im Juli plötzlich verstorben.

BI: Bürger haben Vertrauen verloren

Henning F. Mettge macht dem BUND wegen des Rückziehers keine Vorwürfe. Im Gegenteil: „Sie haben unsere Arbeit immer gut unterstützt“, sagt er. Das Thema Klage will die BI aber noch nicht zu den Akten legen. Sie prüften noch, ob nicht Mitglieder der Initiative den Jäkel zugedachten Part übernehmen könnten. Eine Finanzierung der Klage - kalkuliert wird mit rund 15.000 Euro - wäre über Spenden denkbar. Viel Zeit hat die Initiative nicht mehr: Die Klagefrist ende am 15. November, so Mettge.

Handlungsbedarf sieht die BI allerdings auch noch in anderer Hinsicht. Die Frage, wo der Müll nach der Aufgabe der Zentraldeponie hin soll, müsse unverzüglich beantwortet werden, erklärt Mettge. Das im aktuellen Bescheid der Bezirksregierung für die Stilllegung genannte Jahr 2031 sei wohl nicht rechtsverbindlich. Und: Die Deponie sollte bereits eher aufgegeben werden, um verloren gegangenes Vertrauen bei den betroffenen Anwohnern zurückzugewinnen.

CDU, SPD und Grüne erhöhen den Druck auf den RVR

In eine ähnliche Richtung zielt auch ein gemeinsamer Antrag von SPD, CDU und Grünen für die nächste Sitzung des Herner Umweltausschusses am 17. November. Der Rat der Stadt soll den RVR auffordern, spätestens bis zum Jahr 2025 einen alternativen Standort für die Zentraldeponie Emscherbruch zu finden und zu benennen. Damit solle sichergestellt werden, dass der Betrieb am bisherigen Standort „wie geplant“ bis 2030 eingestellt werde und es es zu keiner weiteren Verlängerung komme, heißt es in dem von Barbara Merten (CDU), Andreas Hentschel-Leroy (SPD) und Gerd Kalus (Grüne) vorgelegtem Antrag.

Außerdem soll der RVR aufgefordert werden, in den politischen Gremien der Stadt Herne regelmäßig über den aktuellen Sachstand zu berichten. Vor dem Hintergrund der seit Jahren vorgebrachten Beschwerden sowie der „nicht zweifelsfrei geklärten gesundheitlichen Folgen für Anwohnerinnen und Anwohner“ bedürfe es nun einer schnellen Problemlösung seitens der RVR-Tochter AGR sowie der beteiligten Kommunen, so CDU, SPD und Grüne.

>> Deponie als Wahlkampfthema

Unterstützung erhält die Bürgerinitiative „Uns stinkt’s“ auch vom SPD-Landtagsabgeordneten Alexander Vogt.

Der Herner Politiker kündigte in dieser Woche an, dass die Forderung nach einem verbindlichen Ausstiegsszenario für die Deponie Thema im Landtagswahlkampf sein werde.