Herne. Im Bürgerrat Klima haben 160 Deutsche darüber diskutiert, wie mit der Klimakrise umgegangen werden sollte. Auch eine Hernerin war dabei.
Wie kann Deutschland die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens erreichen – unter Berücksichtigung gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und ökologischer Gesichtspunkte? Mit dieser und vielen weiteren Fragen rund um den Klimaschutz haben sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Bürgerrats Klima beschäftigt. 160 Menschen aus Deutschland wurden zufällig ausgewählt, haben in zwölf Sitzungen diskutiert und am Ende Empfehlungen für die Politik ausgearbeitet. Eine der 160 Menschen ist Sabrina Pauch aus Herne. WAZ-Redakteurin Lea Wittor hat mit ihr über ihre Erfahrungen im Bürgerrat gesprochen.
Wie kam es zu Ihrer Teilnahme am Bürgerrat Klima?
Ich wurde angerufen und ausgewählt. Da ich eher skeptisch bin, wollte ich erstmal Unterlagen haben, diese erhielt ich dann auch recht schnell. Dann ging es in die nächste Runde. Dort wurde geschaut, welchen Migrationshintergrund man hat, wie alt man ist und aus welcher Region man stammt. Da war ich dann weiterhin dabei. Aus Herne war ich die einzige Teilnehmerin.
Hatten Sie sich vorher aktiv für den Bürgerrat gemeldet?
Nein, ich wurde einfach ausgewählt. Deswegen war ich natürlich erstmal sehr perplex, damit rechnet man ja nicht. Aber ich habe mir gedacht: Das ist ein Thema, was uns alle betrifft, da sollte ich einfach mal mitsprechen.
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Insgesamt waren 160 Menschen aus ganz Deutschland im Bürgerrat Klima. Wo haben Sie sich das erste Mal mit allen getroffen?
Das lief alles online über Zoom ab. Das war teilweise schade, weil man den einen oder anderen gerne mal persönlich getroffen hätte, aber ansonsten lief das einwandfrei. Wir haben uns in den drei Monaten recht häufig getroffen: Fast jeden Mittwoch und an vier oder fünf Samstagen. Wir haben also schon viel Zeit investiert, aber es gab dafür auch eine kleine Aufwandsentschädigung.
Hatten Sie sich vor dem Bürgerrat schon mit dem Thema Klima beschäftigt?
Tatsächlich nur insofern, dass ich bewusst wahrgenommen habe, dass sich das Klima stark verändert. Aber durch den Bürgerrat ist mir das natürlich noch mal bewusster geworden.
Wie liefen die Zoom-Treffen ab?
Wir wurden durch Vorträge an das Thema herangeführt. Aus verschiedensten Bereichen haben Menschen sich vorgestellt und ihr Thema mitgebracht, damit die gesamte Gemeinschaft den gleichen Wissenstand hat. Dann ging es in einzelne Handlungsfelder – Mobilität, Energie, Gebäude/Wärme und Ernährung. Ich war im Handlungsfeld Energie, da ging es vor allem um Windkraft und Photovoltaik. Auf Grundlage der Vorträge haben wir dann Empfehlungen für die Politik erarbeitet - erst im Kleinen und dann im Plenum.
Welche Empfehlungen haben Sie in ihrem Handlungsfeld erarbeitet?
Es hat mich fasziniert, dass alle Teilnehmer sehr ähnliche Ansichten hatten. Die Menschen in Deutschland sind bereit, etwas für den Klimaschutz zu tun. Als erstes möchten wir die Bundesregierung in die Verantwortung nehmen. Wenn nicht endlich die Wege von der Regierung vorgegeben werden, dann wird es irgendwann sehr schwierig. Ein Beispiel ist die E-Mobilität. Es wird erwartet, dass die Bürger auf E-Autos umsteigen, aber der Netzausbau, die Leistung sowie die Entsorgung der Batterien ist beispielsweise noch gar nicht so weit. Der Weg muss dafür geebnet und nicht immer nur das Endziel besprochen werden. Zum anderen müssen auch große Unternehmen mehr tun. Jetzt ist es oft so, dass die Kleinen alles tragen. Unser Fazit war, dass auch große Unternehmen, die sich ja auch stark bereichern, da verpflichtend mehr tun müssen.
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Also haben Sie darauf geachtet, dass die Empfehlungen bürgernah waren?
Ja, da ist auch die Ernährung ein gutes Beispiel. Wenn sich die Menschen gesünder und nachhaltiger ernähren sollen, müssen gesunde Lebensmittel einfach günstiger werden. Sich von Obst und Gemüse zu ernähren, ist leider immer noch viel teurer. Es war zum Beispiel eine Empfehlung, dass das erschwinglicher wird. Es müssen Reize für die Bürger gesetzt werden.
Haben Sie sich der Aufgabe gewachsen gefühlt, der Politik Empfehlungen zu geben?
Auf jeden Fall. Uns wurde viel geholfen und auf jeden Einzelnen wurde eingegangen. Aufgrund des gleichen Wissenstands war das gut machbar. Alle 160 Personen hatten etwas zu sagen.
Was sagen Sie zu dem Wahlergebnis der Bundestagswahl? Hätten Sie sich mehr von den Grünen erhofft?
Nein, ich bin nicht für die Grünen. Auch wenn die wahrscheinlich am meisten für den Klimaschutz tun, aber die Grünen sind mir zu extrem. Die würden alles dafür geben, dass mal eben alles umgestellt wird. Das ist aber nicht möglich. Das ist für mich nicht der richtige Weg. Natürlich will ich, dass sich was ändert, aber ich will das nicht alleine tragen und die Großen stecken sich das Geld in die Tasche.
Inwiefern leben Sie nach dem Bürgerrat bewusster als vorher?
Ich habe ein Pferd und bin deswegen viel in der Natur und schätze diese auch sehr. Deswegen will ich natürlich nicht, dass sie zerstört wird. Aber ich fahre trotzdem weiterhin mit meinem Benziner und ich kann es mir nicht leisten, nur von Obst und Gemüse zu leben und Fleisch beim Metzger zu kaufen.
Würden Sie noch einmal bei einem Bürgerrat mitmachen?
Ja, mir hat gefallen, dass man scheinbar doch mitreden kann. Jetzt müssen wir hoffen, dass die Politik sich etwas davon annimmt und wir Druck ausüben können. Ich würde es jedem empfehlen, bei solch einem Bürgerrat mitzumachen.
>>>Weitere Infos zum Bürgerrat
Sabrina Pauch ist 33 Jahre alt und lebt in Herne. Die gebürtige Bochumerin arbeitet bei einem Eisenbahnverkehrsunternehmen.
Der Bürgerrat Klima ist erst der dritte bundesweite Bürgerrat. Aufgrund der Corona-Pandemie musste er digital stattfinden. Die 160 Bürgerinnen und Bürger wurden zufällig ausgelost und bilden ein repräsentatives Mini-Deutschland nach Alter, Geschlecht, Wohnort, Bildungsstand und Migrationshintergrund.
Das Bürgergutachten wurde an die Spitzenpolitiker aller Parteien überreicht und enthält konkrete Empfehlungen für die zukünftige Klimapolitik der Bundesrepublik Deutschland. Schirmherr des Bürgerrats war Bundespräsident a. D. Horst Köhler.