Herne. Bei der Flut-Katastrophe ist Herne glimpflich davon gekommen. Welche Gründe das hatte und wie die Stadt auf Starkregen vorbereitet ist.
Bei der Hochwasser-Katastrophe ist Herne zum Glück glimpflich davon gekommen. Während es beispielsweise in Witten oder Bochum zu starken Überschwemmungen gekommen ist und Häuser zerstört worden sind, gab es in Herne nur wenige Einsätze für die Feuerwehr etwa wegen überfluteter Keller. Doch wieso blieb Herne verschont und wäre die Stadt auf eine solche Hochwasser-Katastrophe vorbereitet gewesen? Eine Bestandsaufnahme:
Das sagt die Stadt Herne
Die Stadt sei „erschüttert und traurig“ über die Todesopfer und die Schäden. „Das, was da geschehen ist, war mehr als ein typisches Starkregenereignis, bei dem kurzzeitig Straßen überspült werden oder Wasser bei manchen Häusern in den Keller läuft, so wie es in Herne der Fall gewesen ist“, sagt Stadtsprecher Christoph Hüsken. Herne habe Glück gehabt, trotzdem gebe es im Stadtgebiet einige Stellen, die die Stadt im Auge habe, da dort die Hochwasser-Gefahr beispielsweise durch Absenkungen erhöht sei. Diese Stellen hat die Stadt in einer Starkregenkarte verzeichnet. (https://www.herne.de/Stadt-und-Leben/Klima/Klimafolgenanpassung/Starkregenkarte/)
Im Notfall hätte die Bevölkerung vor einer möglichen Überschwemmung gewarnt werden können, so der Stadtsprecher. Auch wenn das gesamte Warnsirenen-Netz erst im Herbst fertiggestellt werden soll, seien die Sirenen an wichtigen Stellen schon einsatzbereit. Bei der Aufstellung der Sirenen sei darauf geachtet worden, wo mit Hochwasser zu rechnen sei. Als Beispiel nennt Hüsken die Künstlerzeche, den Hüllerbach oder auch den Kirmesplatz.
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Auch die Warn-App „Nina“ werde seit einigen Jahren von der Stadt bedient. Ein Hochwasserszenario mit katastrophalem Umfang sei zudem bereits Gegenstand einer mehrtägigen Übung des Krisenstabs gewesen. Aber Hüsken betont: „Katastrophen kündigen sich nicht lange vorher an, und gegen manche Katastrophen helfen sowohl behördliche als auch private Vorsorge nicht gänzlich.“
Das sagt die Emschergenossenschaft
Uli Paetzel, Vorsitzender der Emschergenossenschaft, sieht Herne durch die Initiativen der Verwaltung und der Emschergenossenschaft selbst gut gegen Starkregenereignisse gewappnet. Dazu gehört die Starkregenwarnkarte und eine Hitzekarte.
Durch den Umbau des Emschersystems schaffe man mit Blick auf Starkregen ganz andere Voraussetzungen. Früher habe man die Köttelbecken gehabt, wo das Abwasser durch die Betonschalen floss und bei Starkregen das Wasser durch das System geschossen sei. Deshalb seien die Deiche sehr hoch – in Unser Fritz sogar höher als die Dannekamp-Siedlung. Dort näherte sich der Pegel beim jüngsten Starkregen gefährlich der Deichkrone.
Die Emschergenossenschaft halte alle gesetzlichen Verpflichtungen mit Blick auf Hochwasser ein. An kleinen Läufen werde der Schutz auf ein Ereignis ausgerichtet, das alle 25 oder 50 Jahre stattfinde, an der Emscher auf ein 100-jähriges Ereignis. Durch den Umbau des Emschersystems gelinge es, die Situation insgesamt deutlich zu verbessern.
An einigen Stellen könnten Auenflächen als Hochwasserrückhalteraum geschaffen werden, die auch einen positiven Einfluss auf die Artenvielfalt haben. In Röhlinghausen stehen gerade ein Regenrückhaltebecken und ein Pumpwerk kurz vor der Fertigstellung. Das helfe bei Extremereignissen – bis zu einem bestimmten Punkt, an dem alle Vorkehrungen nicht mehr helfen. Größere Kanäle würden nicht helfen, stattdessen sollte so viel wie möglich entsiegelt werden und in Rückhaltebecken aufgenommen werden.
Das sagt das Schifffahrtsamt
Auch der Rhein-Herne-Kanal, das größte Gewässer im Stadtgebiet, ist bei dem Unwetter nicht über die Ufer getreten. Das liege daran, dass der Rhein-Herne-Kanal eine künstliche durch den Menschen errichtete Bundeswasserstraße ohne „natürlichen“ Wasserzufluss sei, erklärt Alexander Weissbecker vom Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt.
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Um einen bestimmten Wasserstand im Kanal aufrechtzuerhalten, müsse dieser bewirtschaftet werden. Dies erfolge zentral von der Fernsteuerzentrale für Wasserversorgung in Datteln. Dabei werde zur Bewirtschaftung Wasser aus der Lippe, der Ruhr und gegebenenfalls auch aus dem Rhein entnommen. „Infolge des Unwetters und einer entsprechenden Bewirtschaftung ist der Wasserstand am Rhein-Herne-Kanal nicht gestiegen“, so Weissbecker.
Ansonsten gebe es keine wesentlichen Zuläufe, die im Normalfall zu einem unkontrollierten Hochwasserereignis am Kanal führen könnten. Lediglich eine Ausnahme, ein 200-jähriges Hochwasserereignis an der Emscher, würde zu einem unkontrollierten Zustrom in den Kanal führen. „In diesem Fall würde der Emscherdeich an entsprechend vorgesehenen Stellen überströmt und das Wasser in den Kanal fließen, um eine Überlastung der Deiche zu vermeiden.“ Ob und in welchem Maße das Wasser in diesem Fall jedoch anschließend über die Ufer des Kanals treten würde, könne derzeit nicht bestimmt werden, so Weissbecker. Bisher habe es am Kanal keine Hochwasserereignisse gegeben.