Herne. Mikroskope bieten faszinierende Einblicke, sind jedoch teuer. Der Herner Jonas Otten-Weinschenker bietet eine Alternative: faltbare Mikroskope.
In den kommenden Wochen erhalten Schulkinder wieder eine Liste mit Unterrichtsmaterialien, die sie für das nächste Schuljahr besorgen müssen. Wer weiß, vielleicht findet sich in einigen Jahren auch das „Foldscope“ wie selbstverständlich auf dieser Liste. Hinter diesem Begriff verbirgt sich ein kleines und faltbares Mikroskop. Der Herner Jonas Otten-Weinschenker vertreibt es deutschlandweit.
Vor rund zwei Jahren hat sich der 32-Jährige mit diesem kleinen Instrument selbstständig gemacht. Schon als Kind sei er neugierig gewesen und habe Dinge erforschen wollen. Ursprünglich stammt er aus der Nähe von Koblenz, seine Promotion habe ihn nach dem Studium der Elektro- und Informationstechnik ins Ruhrgebiet gebracht, erzählt er im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion. Nach dem Abschluss seiner Doktorarbeit habe er nach einer Gründungsidee gesucht, weil er sein eigener Chef sein wollte. Der erste - nebenberufliche - Versuch war erfolglos. Er habe eigene Socken gestaltet und diese über einen Onlineshop verkauft, doch er habe einsehen müssen, dass es dafür keinen Markt gebe. Mit den Mikroskopen bekam er den richtigen Durchblick, die Herner Wirtschaftsförderungsgesellschaft habe ihm dabei geholfen.
Auf das handliche Instrument sei der promovierte Ingenieur durch Zufall in einem Onlinemagazin gestoßen. Erfunden worden sei das Foldscope an der renommierten Stanford-Universität in Kalifornien. Die Grundidee sei gewesen, ein ausreichend robustes Mikroskop zu bauen, dass auch Leute ohne Vorbildung damit zurecht kommen. Otten-Weinschenker nahm Kontakt auf und erfuhr, dass die Erfinder nach einem Vertriebspartner für Europa suchten. Der Herner ergriff die Gelegenheit: „Da hatte ich wohl zur richtigen Zeit das richtige Interesse“.
Auch in Europa ist Otten-Weinschenker einer der ganz wenigen Anbieter
Und so kann sich Jonas Otten-Weinschenker als Ein-Mann-Unternehmen quasi Exklusiv-Importeur für Deutschland nennen. Auch in Europa sei er einer der ganz wenigen Anbieter. So habe bereits das University College in London mehrfach eine größere Stückzahl bestellt. Auch Universitäten in Deutschland zählten zu den Kunden, weil sie sich so für ein Corona-Semester fit gemacht haben. Der Grund: Unis könnten diese kleinen Mikroskope an ihre Studenten verschenken, damit sie damit arbeiten - was mit den herkömmlich großen selbstverständlich nicht funktioniere. Vereinzelt würden auch Schulen bestellen. Auf lange Sicht habe er das feste Ziel, Schulen als Kunden zu gewinnen, weil dort das Kundenpotenzial sehr groß sei. Bislang habe er rund 8000 Exemplare verkauft.
Der Vorteil der faltbaren Mikroskope liege darin, dass es sich um einen Bausatz handele. Die Schüler würden es selbst aufbauen und hätten einen Bezug dazu. Das sei „ihr“ Mikroskop. Da es sich um ein einfaches Gerät handele, sei es einfacher, Jugendliche für Naturwissenschaften zu begeistern. In der Vergangenheit gab es immer wieder Klagen darüber, dass die sogenannten MINT-Fächer (Mathe, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) zu wenig Beachtung finden.
Erste Fortbildungen in Rheinland-Pfalz und im Saarland
Lehrer hätten auf Grund des kleinen Formats zudem andere Möglichkeiten, den Unterricht zu gestalten. So könnte eine Hausaufgabe sein, sich zu Hause etwas unter dem Mikroskop anzuschauen, außerdem könne man sie mit ins Freie nehmen.
Inzwischen bietet er nicht nur die Mikroskope zum Verkauf an, sondern auch Fortbildungen. Dabei können Lehrkräfte die Faltmikroskope ausprobieren. Mit den für Weiterbildungen verantwortlichen Stellen in Rheinland-Pfalz und dem Saarland habe er bereits Fortbildungen durchgeführt.
>>> WEITERE INFORMATIONEN
■ Die Mikroskope passen zu normalen Objektträgern, deshalb kann man alle Dinge, die man im Biologieunterricht anschaut, auch damit erkennen. Die 140-fache Vergrößerung reicht aus, um die Zellkerne in Pflanzenzellen zu erkennen.
■ In der einfachsten Version kostet ein Foldscope fünf Euro. Weitere Informationen unter jot-entdecken.de.