Herne. Susanne Blech ist zurück: Die Herner Band bringt ein Mini-Album heraus. Auch in einem neuen Roman spielt die Gruppe eine ganz besondere Rolle.
Ein Hauch von Abschied und Auflösung lag im September 2018 über dem Konzert von Susanne Blech in der Bochumer Rotunde. 32 Monate später gilt: Hurra, sie leben noch! Die Herner Band um Timon Karl Kaleyta und Sebastian Maier meldet sich mit neuen Songs zurück. Und: Kaleyta hat seinen ersten Roman geschrieben, in dem Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen und einer Gruppe namens Susanne Blech mehr als rein zufällig sind.
„Die innere Sicherheit“ heißt das Mini-Album, das in Sebastian Maiers Herner Studio produziert worden ist und am 28. Mai erscheinen wird. Mit „Verschweig mir Deine Not“ und „Stéphanie von Monaco“ sind zwei der vier neuen Songs bereits vorab veröffentlicht worden. Außerdem gibt es vier Remixe auf dieser von Maier und Tilman Ezra Mühlenberg produzierten EP.
Klingt nach Dreampop und Erwachsenenmusik
Und wie klingt „Die innere Sicherheit“? Schwebend, samtig, eingängig, weich, melancholisch und damit eher nicht nach der einstigen „Bock auf Disco“-Partymucke von Susanne Blech, bei der auch mal Vergleiche mit Größen wie Deichkind oder Egotronic laut wurden. Auf hartnäckiges Nachfragen lässt sich Sebastian Maier für die neuen Songs auch noch die Etiketten „Dreampop“ und „Erwachsenenmusik“ entlocken.
„Wir haben uns für die Aufnahme im vergangenen Jahr vier Tage im Studio eingeschlossen“, erzählt der Musiker, Produzent und Inhaber des Labels Z-Music. Ob das Ganze auch mal live zu sehen und zu hören sein wird, kann er nicht sagen. Geplant sei derzeit nichts, sagt Maier, aber wenn sie eine „super Idee“ für eine Performance haben sollten, sei auch eine Rückkehr auf die Bühne nicht ausgeschlossen.
Ein Mann will nach oben
Gewohnt stilsicher haben Susanne Blech zu „Stéphanie von Monaco“ ein Schmuckstück von Video produziert. Zu sehen ist ein älterer Mann, der in einer herrschaftlichen Residenz in Los Angeles lebt. Er fährt Rolls Royce, besucht Museen und gibt dem als Don Draper aus „Mad Men“ bekannten Schauspieler Jon Hamm Tennis-Unterricht. Die Szenen des Clips stammen aus einem älteren Kurzfilm des in Kalifornien lebenden deutschen Künstlers Friedrich Kunath.
Alben, Kolumnen und „Jerks“-Drehbücher
Die Elektropop-Band Susanne Blech ist 2004 gegründet worden. Mit dem neuesten Werk „Die innere Sicherheit“ hat die Gruppe bisher fünf Alben veröffentlicht.
Frontmann Timon Karl Kaleyta ist auch journalistisch aktiv: Aktuell veröffentlicht er regelmäßig Kolumnen in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, früher schrieb er u.a. für die Wochenzeitung Freitag. Der gebürtige Bochumer ist zudem seit 2019 Drehbuchautor für Christian Ulmens TV-Serie „Jerks“.
Wie schon beim Vorgänger-Album „Ragazzi di Vita“ gibt es auch diesmal Gäste bzw. einen Gast: Samira El Ouassil leiht dem Refrain von „Stéphanie von Monaco“ ihre Stimme. Die Autorin und Journalistin schreibt regelmäßig (viele sagen:: brillante) Kolumnen für „Spiegel Online“ und das Medienportal „Übermedien“, außerdem ist sie bisweilen in Polit-Talks wie „Anne Will“ zu Gast.. Gemeinsam mit Timon Karl Kaleyta und weiteren Gleichgesinnten hat sie in der Vergangenheit unter anderem das Buch „Die 100 wichtigsten Dinge“ veröffentlich und das obskure „Institut für Zeitgenossenschaft“ (IFZ) gegründet.
Susanne Blech spielt auch in Timon Karl Kaleytas im jüngst erschienenen und von Kritikern hochgelobten Debütroman „Die Geschichte eines einfachen Mannes“ eine nicht unbedeutende Rolle. Die Story im Klappentext-Stakkato: Ein junger Mann aus einfachem Haus will nach oben. Das Schicksal treibt ihn an die Universität. Er erobert die Welt der Popmusik. Er begegnet der Liebe. Er schaukelt sich höher und höher über den Abgrund.
Neues Projekt in den Flottmann-Hallen
Dass in dem namenlosen Helden viel von Kaleyta und in seinem „Sebastian“ genannten Freund einiges von Sebastian Maier stecken könnte, liegt nahe. Dass Susanne Blech das konkrete Vorbild für die Roman-Band bildet, wird spätestens dann deutlich, wenn Lyrics aus real existierenden Blech-Songs im Text auftauchen - wie zum Beispiel diese Dada-Lyrics aus „Helmut Kohl“: „Unter den Steinen explodiert das Intendantenhaus. Frauen legen ihre Hand nervös auf den gespannten Bauch ...“.
Und wie viel Sebastian Maier steckt in „Sebastian“? „Ich bin nicht der ,Sebastian’“, sagt der Herner. Es handele sich um einen fiktionalen Text. Welche realen Bezüge es darin gebe, könne ja jeder für sich selbst herauslesen. Keine Frage offen lässt Maier in Bezug auf sein nächstes Projekt: In den Flottmann-Hallen soll schon bald das Stück „trial and error“ aufgeführt werden, für das Sebastian Maier die Musik komponiert hat. Es handelt sich um ein Projekt des Theater Kohlenpott in Koproduktion mit dem Bochumer Street-Art-Ensemble Urbanatix.