Herne. Ist Kinderarmut in Herne ein großes Problem? Ja, sagt die Politik. Wie man Missstände politisch bekämpfen sollte, darüber gibt es jedoch Streit.
„Resolutionitis“, vorgezogener Bundestagswahlkampf oder ein richtiger Vorstoß? An einer Initiative der SPD zur Bekämpfung von Kinderarmut scheiden sich die Geister, wie sich bei einer Kontroverse im Schulausschuss zeigte.
Zankapfel ist ein von der SPD vorgelegter Resolutionstext: Der Herner Rat soll die Regierungen in Land und Bund dazu auffordern, sich für eine deutschlandweite Kindergrundsicherung einzusetzen und „diese schnellstmöglich einzuführen“. „Wir haben in Herne einen großen Anteil an Kindern, die von Armut betroffen sind“, begründete Theres Boneberger (SPD) den Antrag. Corona habe das Problem noch verschärft.
Für die CDU handelt es sich um ein Bundesthema
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Das wollte im Ausschuss niemand bestreiten. Einen Hauptkritikpunkt brachte Fabian May (Grüne) auf den Punkt: „Der Bundestagswahlkampf ist in Herne angekommen.“ Inhaltlich sei der Antrag richtig, doch es gebe in Herne eine Diskrepanz zwischen Fordern und Handeln, so der Ratsherr. Er zielte damit auf einen Vorstoß der Linken, deren (symbolischer) Antrag auf Gewährung eines „pandemischen Mehrbedarfs“ für Hartz-IV-Empfänger im Sozialausschuss unter anderem mit den Stimmen der SPD abgelehnt worden sei. Die Grünen würden sich deshalb enthalten, so May.
„Wir wollen, dass es Kindern in Herne besser geht“, sagte Markus Mähler (CDU). Doch auch wenn sie das Ziel teilten, so teilten sie doch nicht den Weg. Es handele sich um ein rein bundespolitisches, kein kommunalpolitisches Thema. Und: Auf Bundesebene seien unter Schwarz-Rot mehrere Beschlüsse zur konkreten Unterstützung für arme Menschen gefasst worden. Kinderarmut könne besser bekämpft werden durch eine Verbesserung von Bildungschancen.
Eine Stimme der Linkspartei gibt den Ausschlag
„Für uns ist es kein Wahlkampfthema. Wir haben die dramatische Lage in Herne schon länger im Blick“, entgegnete SPD-Ratsfrau Boneberger. Ihr Parteifreund Thomas Spengler wies darauf hin, dass das Instrument der Resolution kein stumpfes Schwert sei. Er erinnerte daran, dass die Herner Politik in der Diskussion um die Sicherung von Schulsozialarbeit über viele Jahre Resolutionen beschlossen habe und damit in NRW wohl einen wichtigen Beitrag zur dauerhaften Finanzierung der Stellen durch das Land beigetragen habe.
Veronika Buszewski (Linke) beklagte, dass in Herne zuletzt eine gewisse „Resolutionitis“ zu beobachten sei. Sie stellte sich aber aus inhaltlichen Gründen hinter den SPD-Antrag und sorgte damit letztlich für eine hauchdünne Mehrheit für die Resolution. Das letzte Wort hat der Rat, der am 29. Juni über diese Empfehlung des Schulausschusses abstimmen muss.