Herne. Wer in Herne Essen im Restaurant bestellt, bleit oft auf einem Berg Müll sitzen. Wie es anders geht, zeigen die Gastronomen von Ollis Restaurant.

Jetzt in der Corona-Krise setzen die Gastronomen aufs Außer-Haus-Geschäft. Notgedrungen: Fast ein halbes Jahr schon sind die Restaurants wieder dicht. Wer Essen bestellt, bleibt zu Hause aber oft auf einem Berg Müll sitzen. Das muss nicht sein: Die ersten Gastronomen führen Mehrweg-Geschirr ein. So Sandra Braun und Oliver Janiszewski von Ollis Restaurant.

Das Paar betreibt das Restaurant im Gysenberg seit vier Jahren. An ein Außer-Haus-Geschäft haben die beiden nie gedacht – bis Corona kam. Nun hilft es ihnen über die Runden, mehr schlecht als recht, so wie auch den Kollegen in den anderen Restaurants. Missen wollen sie das To-Go-Geschäft aber nicht: „Wir haben was zu tun, halten den Kontakt zu Kunden und bleiben im Gespräch“, erzählt Sandra Braun. Freitags bis sonntags, von 12 bis 20.15 Uhr, bieten sie deshalb einen Liefer- und Abholdienst an. Längst haben sie das Außer-Haus-Geschäft professionalisiert, mit Online-Buchung inklusive: Acht Hauptgerichte gibt’s täglich auf der Karte, davon jeweils eins vegetarisch, vegan und für Kinder.

Auch interessant

Herne: Fast alle wiederverwertbaren Boxen sind im Umlauf

Doch wie verpackt man das Essen? So, dass es gut aussieht, warm bleibt und auch nach der Lieferung noch schmeckt? Und nicht zuletzt: so, dass das Ganze gut ist für die Umwelt? Sandra Braun und Oliver Janiszewski haben viel ausprobiert – und probieren noch immer. Die runde Pappschale mit Plastikdeckel haben sie im Programm, den Faltkarton aus Zuckerrohr und sogar den aus Styropor. Richtig zufrieden sind sie damit nicht: „Gerichte mit Soßen weichen gerade die umweltfreundlichen Verpackungen leicht auf“, sagt Janiszewski (37). Diese Wegwerf-Verpackungen kosteten pro Stück jeweils zwischen 25 und 70 Cent. „Wir haben noch keine wirklich gute gefunden“, sagt Braun (37).

Pfandgeschirr von „Recircle“ nutzen jetzt die Inhaber von Ollis Restaurant.
Pfandgeschirr von „Recircle“ nutzen jetzt die Inhaber von Ollis Restaurant. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Seit drei Monaten gibt’s bei Ollis nun auch die To-Go-Alternative. Und die brummt: 110 wiederverwendbare Boxen haben die Gastronomen angeschafft, bis auf 20 seien alle im Umlauf. „Wir waren mega überrascht“, sagt Sandra Braun. „Wir mussten sofort nachbestellen“, fügt sie an. Etwa 100 Gerichte verkauften sie an einem Wochenende, knapp die Hälfte gehe schon jetzt im Mehrweg über den Tresen.

Herne: Mehrweg-Behälter sind für die Gastronomen günstiger

Dabei nutzen die 37-Jährigen Geschirr des Start-ups „Recircle“ aus der Schweiz. Die Pfandgebühr für Restaurant-Kunden beträgt 10 Euro pro Behälter. Die Idee dahinter: Die lila Schüsseln und Boxen können in jedem teilnehmenden Betrieb zurückgeben werden. In Deutschland beteiligen sich bislang 280 Gastronomie-Betriebe an der Mehrweg-Lösung, darunter auch welche aus dem Ruhrgebiet. Und auch die Restaurantchefs profitieren: 13,5 Cent müssen sie pro Nutzung an „Recircle“ zahlen – das sei günstiger als die Einweg-Verpackungen. Und groß in eigenes Mehrweg-Geschirr investieren, ausgerechnet mitten in der Corona-Krise, das müssten sie auch nicht.

Dieses Mehrweg-System, loben die beiden Herner Gastronomen, sei sehr unkompliziert und nicht zuletzt auch umweltfreundlicher. Bei den Online-Bestellungen über die Homepage von Ollis Restaurant können Nutzer direkt anklicken, welche Verpackung sie möchten. Nutzen sie Mehrwegbehälter, dann werden 10 Euro automatisch hinzugefügt. Ein Risiko, betont Inhaber Janiszewski, gingen die Kunden nicht ein: „Wenn sie die Behälter zurückbringen, gibt’s auch das Geld zurück.“

Hernes Dehoga-Chef lobt die Kollegen

Mehrweg sei „eine gute Sache – und ganz in unserem Sinne: Hernes Dehoga-Chef und Gastronom Markus Galland.
Mehrweg sei „eine gute Sache – und ganz in unserem Sinne: Hernes Dehoga-Chef und Gastronom Markus Galland. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Markus Galland, Pächter von Haus Galland und Chef der Herner Dehoga, des Hotel- und Gaststättenverbands, lobt den Mehrweg-Vorstoß der Kollegen. Ab 2023 müssten die meisten Betriebe ohnehin eine Mehrweg-Alternative anbieten. Mit Grausen erinnert er sich an die „Styropor-Flut“ bei McDonald’s in früheren Zeiten: „Damit konnte man ganze Häuser dämmen.“ Heute passten die Gastronomen auf, dass nicht zu viel Müll produziert werde. Mehrweg aber sei „eine gute Sache – und ganz in unserem Sinne.“

WEITERE INFORMATIONEN: Aufruf „Stoppt die Plastikflut“

Das Herner Aktionsbündnis „Setzt die Segel: Stoppt die Plastikflut“ rief Herner Gastronomiebetriebe kürzlich zur Teilnahme an der Aktion „Essen in Mehrweg“ auf. Das Bündnis möchte eine Übersicht über jene Betriebe erstellen, die Essen zum Mitnehmen in Mehrweg-Verpackungen anbieten.

Das Ziel der Initiatoren: Mehr Gastronomen sollen mitmachen beim Mehrweg. Interessierte Betriebe können sich bei Silke Gerstler unter herne.umwelt@verbraucherzentrale.nrw melden.